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Beitrag vom 16.07.2023
Frauenfußball-Weltmeisterinnenschaft in Australien und Neuseeland vom 20. Juli bis 20. August 2023
Sylvia Rochow
Titelverteidigerin USA geht erneut als Favoritin in die WM. Auch Olympiasiegerin Kanada, Europameisterin England, Brasilien, Deutschland, Japan, Schweden und Spanien werden gute Chancen eingeräumt. Viele Stars verpassen das Turnier in "Down Under" verletzungsbedingt. Öffentlich-Rechtliche übertragen alle 64 Spiele live. Umfassende Infos zu den Teams und den Spielerinnen hier auf AVIVA-Berlin
Vom 20. Juli bis 20. August 2023 findet in Australien und Neuseeland die neunte Frauenfußball-Weltmeisterinnenschaft statt. Beide Länder fungieren zum ersten Mal als (Co-)Gastgeberinnen einer WM. Spielorte sind Adelaide, Brisbane, Melbourne, Perth und Sydney (Australien) sowie Auckland, Dunedin, Hamilton City und Wellington (Neuseeland). Das mit einem Hybridrasen ausgestattete Dunedin Stadium gilt als das bisher einzige vollüberdachte Rasenstadion der Welt. Das Endspiel wird im 83.500 Zuschauer*innen fassenden Stadium Australia ausgetragen.
Nach einer bis Mitte Juni andauernden Hängepartie um die Übertragungsrechte mit dem Weltfußballverband FIFA werden die Weltmeisterinnenschaften in Deutschland nun doch bei den Öffentlich-Rechtlichen zu sehen sein. Eine Einigung war lange an unterschiedlichen finanziellen Vorstellungen gescheitert. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg zeigte sich erleichtert: "Ich danke allen Beteiligten, dass im Sinne der Entwicklung des Frauenfußballs, der Sichtbarkeit, der Millionen Fans und der sportlichen Wertigkeit des Turniers nun eine Einigung gefunden wurde." ARD und ZDF übertragen alle 64 WM-Spiele live, jedoch nur einen Teil davon (unter anderem alle Spiele des deutschen Teams) in ihren jeweiligen Hauptprogrammen. Die weiteren Begegnungen können im sportstudio.de- bzw. sportschau.de-Livestream verfolgt werden. Zur Eröffnung treffen am Donnerstag, 20. Juli 2023, um 9 Uhr MESZ Neuseeland und Norwegen aufeinander (ARD). Das Finale am Sonntag, 20. August 2023 läuft um 12 Uhr MESZ im ZDF.
Zum ersten Mal kämpfen 32 Teams um den Titel. Für das Achtelfinale qualifizieren sich die Erst- und Zweitplatzierten der acht Vorrunden-Gruppen. Titelverteidigerinnen und Rekordsiegerinnen bei den seit 1991 ausgetragenen Weltmeisterinnenschaften sind die US-Amerikanerinnen, die zudem 1991, 1999 und 2015 triumphieren konnten. Deutschland siegte bisher zweimal (2003, 2007), Norwegen (1995) und Japan (2011) je einmal.
AVIVA stellt hier die acht Vorrundengruppen vor.
Gruppe A:
Gastgeberin Neuseeland bekommt es mit Norwegen, den Philippinen und der Schweiz zu tun. Die "Football Ferns" hatten sich bereits für die WM-Premiere 1991 qualifiziert, fehlten dann jedoch 1995, 1999 und 2003. Sieben Spielerinnen im Kader sind zurzeit vereinslos, zehn stehen in Europa unter Vertrag. Rekordnationalspielerin Ria Percival spielt bei Tottenham Hotspur in der englischen Women´s Super League (WSL). Kapitänin Ali Riley (Angel City FC) und Gabi Rennie (Arizona State Sun Devils) sind in den USA aktiv. Neuseeland gewann bereits sechsmal die Ozeanienmeisterinnenschaften, kam jedoch noch nie über die Vorrunde einer WM hinaus.
Norwegen ist zweifache Europameisterin (1987 und 1993), Vize-Europameisterin von 2005 und 2013 sowie Weltmeisterin von 1995. Hege Riise, selbst mit 188 Einsätzen Rekordnationalspielerin, wurde 2022 Cheftrainerin der "Gresshoppene". Mit Tuva Hansen (FC Bayern München) steht eine Bundesligaspielerin im Kader. Kapitänin Maren Mjelde spielt beim FC Chelsea, die beiden ehemaligen Wolfsburgerinnen Caroline Graham Hansen und Ingrid Syrstad Engen sind inzwischen Teamkolleginnen beim FC Barcelona. Stürmerin Ada Hegerberg (Olympique Lyon), die 2018 als erste Frau mit dem Ballon d´Or ausgezeichnet wurde, verzichtete aufgrund ihrer Kritik am norwegischen Verband wegen fehlender Chancengleichheit für Fußballerinnen seit 2017 auf Einsätze im Nationalteam und wurde erst im März 2022 wieder berufen.
Die Philippinen sind eine von sechs WM-Debütantinnen und werden von dem ehemaligen australischen Profi Alen Stajcic trainiert. Die "Filipinas" qualifizierten sich als Halbfinalistin der Asienmeisterinnenschaft 2022. Im gleichen Jahr gewann das Team zum ersten Mal die Südostasienmeisterinnenschaft der ASEAN Football Federation (AFF). Abwehrspielerin Sofia Harrison steht beim SV Werder Bremen unter Vertrag, die offen lesbisch lebende Kapitänin Tahnai Annis (Þór/KA) in Island. Vier Spielerinnen sind in Australien aktiv.
Der Schweizerische Fußballverband begleitete die Kaderbekanntgabe mit der Veröffentlichung eines Videos auf YouTube, das Frauenfußball-Skeptiker*innen mit einem Augenzwinkern begegnet. Cheftrainerin der "Nati" ist seit Anfang 2023 die 96-fache deutsche Nationalspielerin Inka Grings, die im Laufe ihrer Karriere 64 Tore für die DFB-Elf erzielte. In ihr Aufgebot für die zweite WM-Teilnahme der Eidgenössinnen nach 2015 hat Grings 14 Legionärinnen berufen, darunter Kapitänin Lia Wälti (FC Arsenal), Rekordspielerin und -torschützin Ana Maria Crnogorčević (FC Barcelona) sowie Gaëlle Thalmann (Betis Sevilla). Die 37-jährige Stammtorhüterin spielte von 2008 bis 2015 in der Bundesliga und hat angekündigt, nach der WM ihre Karriere zu beenden. Fehlen wird die erst 16-jährige Iman Beney (BSC Young Boys), die sich nur einen Tag nach ihrer Nominierung das Kreuzband riss.
Gruppe B:
In der zweiten Vorrundengruppe treffen die gastgebenden Australierinnen auf Irland, Nigeria und Kanada. Die "Matildas" nahmen außer bei der Premiere 1991 bisher an allen Weltmeisterinnenschaften teil. Neben Kapitänin und Rekordtorschützin Sam Kerr (FC Chelsea) stehen zehn weitere Akteurinnen in England unter Vertrag. Rekordspielerin ist Clare Polkinghorne vom schwedischen Vittsjö GIK.
Erstmals für eine WM (und überhaupt ein großes Fußballturnier) qualifiziert ist Irland. "The Girls in Green" (Irisch: "Na cailíní i nglas") konnten sich im Qualifikations-Playoff knapp mit 1:0 gegen Schottland durchsetzen. Trainerin Vera Pauw war von 2004 bis 2010 bereits für das niederländische Frauenteam verantwortlich und selbst 89-fache Nationalspielerin. Sie nominierte zahlreiche Spielerinnen aus der englischen WSL, wo auch Kapitänin Katie McCabe (FC Arsenal) unter Vertrag steht. Stürmerin Amber Barrett, Schützin des goldenen Playoff-Tors, stieg gerade mit Turbine Potsdam aus der Bundesliga ab.
Nigeria nahm als einziges afrikanisches Team bisher an jeder WM teil. Die Kapitänin der "Super Falcons", Onome Ebi (Abia Angels), läuft bereits zum sechsten Mal bei einer Weltmeisterinnenschaft auf und ist mit 40 Jahren und 2 Monaten die zu Turnierbeginn älteste nominierte Spielerin. Stürmerin Asisat Oshoala gewann 2021 und 2023 mit dem FC Barcelona die Champions League, sie wurde zudem bereits fünfmal als Afrikas Fußballerin des Jahres geehrt.
Die amtierende Olympiasiegerin Kanada wird von Kapitänin Christine Sinclair (Portland Thorns FC) angeführt. Mit bisher 323 internationalen Einsätzen und 190 Toren ist die 40-Jährige Rekordnationalspielerin und -torschützin der "Big Red". Die drei Jahre jüngere englische Trainerin Bev Priestman berief zehn weitere Akteurinnen in ihren Kader, die in den USA spielen, die zwölf anderen stehen in Europa unter Vertrag.
Gruppe C:
Für Spanien ist es die dritte WM-Teilnahme nach 2015 und 2019. "La Roja" kam noch nicht über das Achtelfinale hinaus, gilt jedoch aufgrund der stetigen Entwicklung der heimischen Liga dennoch als Mitfavoritin. In der Vorrunde treffen "Las Soñadoras" auf Costa Rica, Sambia und Japan. Außer Rekordtorschützin Jennifer Hermoso, die in Mexiko bei CF Pachuca spielt, stehen alle Akteurinnen in der Primera División unter Vertrag. Real Madrid ist mit neun Nominierungen genauso stark vertreten wie Champions League-Siegerin FC Barcelona um Rekordnationalspielerin Alexia Putellas.
Costa Rica hat sich zum zweiten Mal nach 2015 für eine Weltmeisterinnenschaft qualifiziert. "Las Ticas" sicherten sich die Teilnahme durch ihren Halbfinaleinzug bei den Mittel- und Nordamerika-Meisterinnenschaften CONCACAF W Championship. Rekordtorschützin Raquel Rodríguez läuft in der US-amerikanischen National Women´s Soccer League (NWSL) für Portland Thorns FC auf. Mit Melissa Herrera (Paris St. Germain) und Priscila Chinchilla (Glasgow City FC) stehen zwei Akteurinnen in Europa unter Vertrag.
Die Sambierinnen fiebern ihrer WM-Premiere entgegen. Bei den 2021 in Tokio ausgetragenen Olympischen Spielen hatten sich "She-polopolo" erstmals für ein großes interkontinentales Turnier qualifiziert. Mit den Stürmerinnen Grace Chanda, Rachael Kundananji (beide Madrid CFF) und Hellen Mubanga (Saragossa CFF) spielen drei der "Copper Queens" in Spanien. Kapitänin Barbra Banda bestritt zwischen 2015 und 2017 fünf Profi-Boxkämpfe und ist seit 2020 in der chinesischen Liga bei Shanghai Shengli FC aktiv. 2021 gründete sie die Barbra Banda Foundation, die es sich zum Ziel gemacht hat, Armut zu lindern und die Gleichberechtigung durch Sport zu fördern.
Mitfavoritin Japan siegte 2011 bei der WM in Deutschland und nahm als einziges asiatisches Team an allen bisherigen Weltmeisterinnenschaften teil. Angeführt wird die "Nadeshiko" von Kapitänin Saki Kumagai, die zur neuen Saison von der Deutschen Meisterin Bayern München nach Italien zu AS Rom wechselt und damit künftig auch im Verein an der Seite von Abwehrkollegin Moeka Minami spielen wird. Fünf weitere Legionärinnen im Team von Cheftrainer Futoshi Ikeda stehen in europäischen Ligen unter Vertrag, Jun Endō (Angel City FC) und Hina Sugita (Portland Thorns FC) in der NWSL.
Gruppe D:
Europameisterin England nimmt zum sechsten Mal an einer Weltmeisterinnenschaft teil, wurde 2015 WM-Dritte und zählt trotzt mehrerer verletzungsbedingter Ausfälle zu den Mitfavoritinnen. Die "Lionesses" bekommen es in der Vorrunde mit Haiti, Dänemark und China zu tun. Trainerin Sarina Wiegman ist ehemalige niederländische Nationalspielerin und führte nicht nur 2017 ihr Heimatland zum EM-Titel, sondern wiederholte diesen Erfolg 2022 mit den Engländerinnen. Fast sämtliche Spielerinnen sind in der heimischen Liga aktiv, lediglich Lucy Bronze, Keira Walsh (beide FC Barcelona) sowie Georgia Stanway (Bayern München) stehen auf dem Festland unter Vertrag. Die Stürmerinnen Fran Kirby und Beth Mead sowie die etatmäßige Kapitänin Leah Williamson konnten aufgrund von schwerwiegenden Knieverletzungen allesamt nicht für das Turnier nominiert werden.
WM-Neuling Haiti setzte sich in den interkontinentalen Playoffs im Februar 2023 gegen den Senegal und Chile durch. Kapitänin Nérilia Mondésir (HSC Montpellier) spielt wie 13 weitere Akteurinnen in Frankreich. Sieben Legionärinnen von "Les Grenadières" stehen in den USA unter Vertrag, Stürmerin Shwendesky Joseph bei ZFK Zenit Saint Petersburg in Russland und Abwehrspielerin Claire Constant beim portugiesischen SCU Torreense. Einzig Esthericove Joseph (Exafoot FC) spielt in Haiti.
Mit Pernille Harder, von 2017 bis 2020 beim VfL Wolfsburg unter Vertrag und ab der nächsten Saison im Trikot von Bayern München, führt eine Stürmerin das dänische Aufgebot als Kapitänin und Rekordtorschützin (70 Treffer) an. Lediglich die Ersatztorhüterinnen Kathrine Larsen (Brøndby IF) und Maja Bay Østergaard (FC Thy-Thisted Q) sind in der dänischen Liga Gjensidige Kvindeligaen aktiv, der restliche Kader besteht aus Legionärinnen. Für die Nordeuropäerinnen ist es die fünfte WM-Teilnahme, zuletzt konnten "De Rød-Hvide" sich 2007 qualifizieren.
China nimmt zum achten Mal an einer WM teil. Größte Erfolge der "Stahlrosen" waren die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 1996 sowie die Vize-Weltmeisterinnenschaft 1999. Mit neun Titeln (zuletzt 2022) sind sie zudem Rekord-Asienmeisterinnen. Trainerin Shui Qingxia, selbst ehemalige Nationalspielerin, hat sechs Legionärinnen in ihren Kader berufen. Li Mengwen (Paris St. Germain), Shen Mengyu (Celtic FC), Yang Lina (FC Levante Las Planas) und Zhang Linyan (GC Zürich) spielen in Europa, Wang Shuang (Racing Louisville FC) in der WNSL sowie Wu Chengshu in Australien bei Canberra United FC.
Gruppe E:
Titelverteidigerin und Rekordsiegerin USA konnte sich außer für die Premiere 1991 für alle bisherigen Weltmeisterinnenschaften qualifizieren und trifft in der Vorrunde auf Vietnam, die Niederlande und Portugal. Das Team qualifizierte sich als ungefährdete Siegerin der CONCACAF W Championship 2022 ohne Gegentor für die WM. Zu den bekanntesten Spielerinnen im Aufgebot von Coach Vlatko Andonovski zählen die einzige Legionärin und Co-Kapitänin Lindsey Horan (Olympique Lyon), Defensivroutinierin Kelley O´Hara (NJ/NY Gotham FC) sowie Stürmerin und Co-Kapitänin Alex Morgan (San Diego Wave FC). Torhüterin Alyssa Naeher (Chicago Red Stars) wurde 2012 mit Turbine Potsdam Deutsche Meisterin. Die 38-jährige Megan Rapinoe (OL Reign), bei der WM 2019 als beste Spielerin und Torschützenkönigin ausgezeichnet, wird nach dem Turnier ihre außergewöhnliche Karriere beenden. Rapinoe hatte sich 2012 im "Out"-Magazine als lesbisch geoutet und gehört zu den 28 US-Nationalspielerinnen, die im März 2019 Klage gegen die United States Soccer Federation (USSF) einreichten, der sie Geschlechterdiskriminierung vorwarfen und die gleiche Bezahlung wie das männliche Nationalteam forderten sowie schließlich erwirkten.
Erstmals für eine WM qualifiziert ist Vietnam, das sich in den asiatischen Playoffs gegen Thailand und Taiwan behaupten konnte. Außer Kapitänin und Rekordtorschützin (67 Treffer) Huỳnh Như, die seit 2022 für Länk FC Vilaverdense in Portugal aufläuft, stehen sämtliche Spielerinnen in ihrem Heimatland unter Vertrag. Rekordnationalspielerin ist mit 119 Einsätzen Nguyễn Thị Tuyết Dung (Phong Phú Hà Nam FC). Der Mittelfeldspielerin gelang es 2015 in einem Länderspiel gegen Malaysia, zwei Eckbälle direkt ins Tor zu schießen.
Die Niederlande sind amtierende Vize-Weltmeisterin sowie Europameisterin 2017 und haben sich zum dritten Mal für eine WM qualifiziert. Die "Oranje Leeuwinnen" müssen "Down Under" ohne ihre Rekordtorschützin Vivianne Miedema (95 Treffer) vom FC Arsenal auskommen. Die 27-Jährige erlitt im Dezember 2022 einen Kreuzbandriss, weshalb sie erst kürzlich wieder ins Training einsteigen konnte. Kapitänin und Rekordnationalspielerin Sherida Spitse (Ajax Amsterdam) trug das Trikot von "Oranje" bereits 215 Mal und führt ihr Team erneut an. Mit 17 Jahren ist Wieke Kaptein vom FC Twente Enschede die Jüngste im Kader. Dominique Janssen, Lynn Wilms (beide VfL Wolfsburg) sowie Jill Baijings (Bayern München) spielen in der Bundesliga.
Portugal konnte sich im Finale der interkontinentalen Playoffs mit 2:1 gegen Kamerun durchsetzen und feiert nun WM-Premiere. Die "Seleção das Quinas" nahm 2017 und 2022 bereits an den Europameisterinnenschaften teil. Kapitänin Dolores Silva (SC Braga) steht nach mehrjährigen Bundesliga-Stationen in Duisburg und Jena mittlerweile wieder in der Primeira Divisão unter Vertrag, ebenso Rekordnationalspielerin Ana Borges (Sporting CP), die bisher in 159 Länderspielen für ihr Team auflief.
Gruppe F:
Frankreich führt die Gruppe F an und bekommt es dort mit Jamaika, Brasilien sowie Panama zu tun. Im Februar 2023 erklärten mehrere Stammspielerinnen der "Équipe Tricolore" ihren sofortigen Rücktritt aus dem Nationalteam, was zugleich einen Verzicht auf die WM "Down Under" bedeutet hätte. Die Stürmerinnen Kadidiatou Diani und Marie-Antoinette Katoto (beide Paris Saint-Germain) folgten dem Beispiel von Kapitänin Wendie Renard (Olympique Lyon). Die 32-Jährige begründete ihre Entscheidung damit, das derzeitige System um Nationaltrainerin Corinne Diacre nicht länger unterstützen zu können, weil es "von den Anforderungen auf höchstem Niveau weit entfernt" sei. Anfang März 2023 reagierte die Fédération Française de Football (FFF). Das Exekutivkomitee des französischen Fußballverbands beschloss auf Empfehlung einer Arbeitsgruppe um die ehemalige Nationalspielerin Laura Georges, sich mit sofortiger Wirkung von Diacre zu trennen. Ende März 2023 wurde Hervé Renard (nicht verwandt und nicht verschwägert mit Wendie) zu ihrem Nachfolger berufen. Die zurückgetretenen Spielerinnen stehen "Les Bleues" fortan wieder zur Verfügung. Katoto verpasst das Turnier nun jedoch verletzungsbedingt ebenso wie Delphine Cascarino (Olympique Lyon) und Amandine Henry (Angel City FC).
Jamaika konnte sich zum zweiten Mal in Folge für eine WM qualifizieren. Das gesamte Team spielt im Ausland, unter anderem in England, Frankreich und den USA. Kapitänin Khadija Shaw (Manchester City) ist mit bislang 54 Treffern Rekordtorschützin der "Reggae Girlz", Stürmerin Tiffany Cameron war bereits für die TSG 1899 Hoffenheim, Borussia Mönchengladbach sowie den FF USV Jena in der Bundesliga aktiv.
Als Südamerikameisterin gelang Brasilien die WM-Qualifikation. Superstar der "Seleção" ist auch mit 37 Jahren noch Kapitänin und Rekordtorschützin Marta (Orlando Pride), Abwehrspielerin Letícia Santos steht in der Bundesliga beim SC Sand unter Vertrag. Formiga (Paris St. Germain) ist mit 41 Jahren die älteste nominierte Spielerin aller Kader. Das Team von Trainerinnen-Legende Pia Sundhage konnte sich als einziges südamerikanisches Land für alle bisherigen Weltmeisterinnenschaften qualifizieren, schied bei den beiden letzten Titelkämpfen jedoch bereits im Achtelfinale aus. "As Canarinhas" holten bei den Olympischen Spielen 2004 und 2008 Silber. Bei der Anreise nach Australien demonstrierten sie ihre Solidarität mit der Protestbewegung gegen das iranische Regime. Auf dem Flugzeug prangten beidseitig drei Botschaften: "No woman should be forced to cover her head", "No woman should be killed for not covering her head" sowie "No man should be hanged for saying this". Zudem zierten die Konterfeis der in Polizeigewahrsam ermordeten 22-jährigen Jina Mahsa Amini und des zu 26 Jahren Haft verurteilten Fußballprofis Amir Reza Nasr Azadani das Leitwerk des Jets, der dem italienisch-argentinische Milliardär und Ex-Piloten Enrique Piñeyro gehört. Seine Stiftung Solidaire übernimmt mit der Boeing 787 weltweit humanitäre Flüge, kann aber auch gemietet werden.
Kapitänin des WM-Neulings Panama ist Natalia Mills (LD Alajuelense). Ein Großteil des "Las Canaleras"-Aufgebots spielt wie sie in mittel- oder südamerikanischen Vereinen. Carina Baltrip-Reyes (Marítimo Funchal), Rosario Vargas (Rayo Vallecano) und Aldrith Quintero (Alhama CF) stehen in Europa unter Vertrag, Hilary Jaén (Jones County Junior College) sowie Riley Tanner (Washington Spirit) in den USA.
Gruppe G:
Olympia-Silbermedaillengewinnerin 2016 und 2021 Schweden nahm bisher an allen Europa- und Weltmeisterinnenschaften sowie Olympischen Spielen teil. "Blågult" bekommen es mit Südafrika, Italien und Argentinien zu tun. Unter anderem leben Rekordnationalspielerin und Kapitänin Carolin Seger (FC Rosengård), Stürmerin Lina Hurtig (FC Arsenal) sowie Abwehrspielerin Magdalena Eriksson, die zur neuen Saison gemeinsam mit ihrer Freundin Pernille Harder zum FC Bayern München wechselt, offen lesbisch. Ebenfalls in der Bundesliga steht Rebecka Blomqvist (VfL Wolfsburg) unter Vertrag.
Trainerin Südafrikas, das sich nach 2019 zum zweiten Mal für eine WM qualifizieren konnte, ist seit 2016 die ehemalige Nationalspielerin Desiree Ellis. In ihr Aufgebot hat sie sechs Legionärinnen berufen, die in Italien, Mexiko, Schottland Schweden, Spanien, Südkorea und den USA spielen. 2012 und 2016 nahm die "Banyana Banyana" an den Olympischen Spielen teil. Die etatmäßige Kapitänin und Rekordnationalspielerin Janine van Wyk, die ihr Land 2022 zur ersten Afrikameisterinnenschaft geführt hatte, fällt verletzungsbedingt aus.
Italien darf nach 1991, 1999 und 2019 zum vierten Mal bei einer WM antreten. Zweimal (1993, 1997) wurde die "Squadra Azzurra" Vize-Europameisterin. Torhüterin Laura Giuliani (AC Mailand) spielte bereits in der Bundesliga für den FSV Gütersloh 2009, den 1. FC Köln sowie den SC Freiburg. Zur Zeit ist die erst 16-jährige Mittelfeldspielerin Giulia Dragoni (FC Barcelona) einzige Legionärin. Milena Bertolini übernahm 2017 das Amt der Nationaltrainerin und verzichtet bei der WM auf die langjährige Kapitänin Sara Gama von Juventus Turin.
Für Argentinien ist es nach 2003, 2007 und 2019 ebenfalls die vierte WM-Teilnahme, bisher kam das Team jedoch nie über die Vorrunde hinaus. 2006 wurden "Las Chicas" Südamerikameisterinnen. Zehn Spielerinnen sind in der heimischen Liga aktiv, je vier Legionärinnen in Brasilien und Spanien. Rekordspielerin und -torschützin Mariana Larroquette wechselt zur neuen Saison in die USA zu Orlando Pride.
Gruppe H:
In der letzten Vorrundengruppe trifft die Olympiasiegerin von 2016 und Vize-Europameisterin Deutschland auf Marokko, Kolumbien und Südkorea. Das Team von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg gilt nach dem Erreichen des EM-Finals im vergangenen Sommer auch 2023 als Mitfavoritin auf den WM-Sieg. Elf der 23 Spielerinnen waren jedoch noch nie für eine Weltmeisterinnenschaft nominiert. Neben Stammtorhüterin Merle Frohms, Mittelfeldabräumerin Lena Oberdorf sowie Kapitänin Alexandra Popp stehen sieben weitere Spielerinnen des VfL Wolfsburg im Kader. Carolin Simon (Bayern München) hatte ihre Nominierung eigentlich sicher, erlitt jedoch im letzten Vorbereitungsspiel gegen Sambia einen Kreuzbandriss. Ihre erst vor kurzem von der gleichen Verletzung genesene Teamkollegin Giulia Gwinn wird die WM-Übertragungen als ZDF-Expertin begleiten.
Die Marokkanerinnen stehen vor ihrer WM-Premiere und sind das erste nordafrikanische Team überhaupt, das sich für eine WM-Endrunde qualifizieren konnte. Ein Großteil des Kaders der "Lionnes de l´Atlas" steht bei europäischen Vereinen unter Vertrag. Kapitänin und Rekordtorschützin Ghizlane Chebbak spielt bei FAR Rabat, ihre 25-jährige Vereinskollegin Nouhaila Benzina wird voraussichtlich die einzige Hidschāb-tragende Spielerin unter den 736 teilnehmenden WM-Akteurinnen sein. Coach Reynald Pedros, ehemaliger französischer Nationalspieler, konnte mit den Frauen von Olympique Lyon bereits zahlreiche Erfolge feiern und ist seit November 2020 im Amt.
Kolumbien gelang zum dritten Mal nach 2011 und 2015 die WM-Qualifikation. Rekordnationalspielerin Catalina Usme (América de Cali) steht wie zehn weitere Akteurinnen in der heimischen Liga unter Vertrag. Daniela Montoya Quiroz (Atlético Nacional) erzielte 2015 das erste WM-Tor überhaupt für "Las cafeteras". Sieben Spielerinnen laufen für spanische, vier für brasilianische Vereine auf.
Südkorea qualifizierte sich als Vize-Asienmeisterin 2022 zum vierten Mal nach 2003, 2015 und 2019 für eine WM. Die "Taeguk Ladies" werden seit Oktober 2019 von Colin Bell, langjähriger Bundesliga-Coach des SC 07 Bad Neuenahr, 1. FFC Frankfurt sowie SC Sand, trainiert. Zu den fünf Legionärinnen im Kader zählt Kapitänin Cho Soh-yun, die bei Tottenham Hotspur spielt. Ebenso wie sie kommt Rekordtorschützin Ji So-yun (Suwon UDC WFC) auf die Höchstzahl von bisher 145 Einsätzen im Nationalteam. Sturmtalent Casey Phair, Tochter einer Südkoreanerin und eines US-Amerikaners, feierte erst Ende Juni 2023 ihren 16. Geburtstag und ist damit die jüngste für die WM nominierte Spielerin aller Teams. Sie trainiert an der Players Development Academy (PDA) in New Jersey.
Weitere Infos unter: fifa.com/womensworldcup auf den Seiten der SPORTSCHAU: www.sportschau.de und des ZDF: www.zdf.de
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Copyright Text und Foto: Sylvia Rochow