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Beitrag vom 26.05.2023
Interview vom Porsche Tennis Grand Prix 2023 mit Tatjana Maria
Sylvia Rochow
In Wimbledon erreichte die 35-Jährige zum ersten Mal in ihrer Karriere 2022 das Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers und wurde von der WTA-Tour zur Comeback-Spielerin des Jahres gekürt. Zuvor hatte die …
… am 8. August 1987 in Saulgau (Baden-Württemberg) als Tatjana Malek geborene Tochter einer Österreicherin und eines Polen einige Aufs und Abs im Verlauf ihrer Karriere zu meistern.
2008 erlitt sie beim Turnier in Indian Wells eine Lungenembolie aufgrund einer nicht erkannten Thrombose und war gezwungen, eine mehrmonatige Zwangspause einzulegen. Als Teil der "Goldenen Generation" um Angelique Kerber, Andrea Petković, Julia Görges und Anna-Lena Grönefeld musste Tatjana Maria bis 2018 warten, als sie im Alter von 30 Jahren schließlich ihren ersten Turniersieg auf der WTA-Tour feiern konnte. Im Finale der Mallorca Open bezwang sie Anastasija Sevastova aus Lettland mit 6:4, 7:5.
Zwischen diesen beiden Extremen lagen weitere einschneidende Erlebnisse. 2012 lernte Tatjana (damals noch Malek) den ehemaligen französischen Tennisprofi Charles-Édouard Maria kennen. Im April 2013 heirateten sie, Tochter Charlotte wurde im Dezember 2013 geboren. Seither lebt die Familie in Palm Beach (Florida). Beim WTA-Turnier in Bogotá kehrte Tatjana Maria im April 2014 wieder auf die Tennistour zurück, stets begleitet von Mann und Kind. Im August, Oktober und Dezember 2014 gelangen ihr drei Titelgewinne im ITF Women´s Circuit (weniger hoch angesiedelte Kategorie als die WTA-Tour).
Fast genau ein Jahr nach der Geburt der zweiten Tochter, Cecilia, sicherte sich Maria Anfang April 2022 in Bogotá den zweiten WTA-Titel ihrer Karriere. Wenige Monate später folgte mit dem Erreichen des Halbfinals von Wimbledon das nächste Highlight. Dort unterlag die Rechtshänderin Ons Jabeur aus Tunesien, damalige Weltranglisten-Zweite und gerngesehener Barbecue-Gast im heimischen Garten der Marias.
Beim Porsche Tennis Grand Prix im April 2023 in Stuttgart gewährte Tatjana Maria auch AVIVA-Berlin ebenso humorvoll wie klar Einblicke in ihre Erfahrungen mit der Rolle als Profisportlerin und Mutter auf und abseits des Tenniscourts. Nach dem hartumkämpften, knapp drei Stunden dauernden Erstrunden-Sieg gegen die schweizerische Qualifikantin Ylena In-Albon stand sie in der anschließenden Pressekonferenz geduldig Rede und Antwort.
AVIVA-Berlin: Du hast beim On-Court-Interview gesagt, Charlotte kommt jetzt um die Hausaufgaben für heute rum. Welche wären es gewesen?
Tatjana Maria: Heute wären Social Studies dran gewesen. (lacht)
AVIVA-Berlin: Wie organisiert Ihr überhaupt den Schulalltag, wenn die Familie die ganze Zeit rund um die Welt reist?
Tatjana Maria: Das ist das Gute an ihrer Schule (Anm. d. Red.: Florida Virtual School), wir können das flexibel machen. Wir haben jeweils die ganze Woche Zeit. Wir müssen es natürlich in dieser Woche machen, aber wie gesagt, wir können jetzt morgen Früh mehr machen, dadurch dass ich morgen kein Match habe. Wenn mein Match nicht so lange gedauert hätte, dann hätte ich es vielleicht heute Abend noch gemacht, aber mit der Massage und Essen, das wird dann relativ spät, und ich glaube, sie ist auch müde. (lacht)
Abseits des Tennis´ fungiert Tatjana Maria sozusagen als Hausaufgaben-Coach für ihre Tochter – auf dem Court nimmt sie selbst gerne die Unterstützung ihres in der Player´s Box mitfiebernden Trainers in Anspruch. Nach der Entscheidung, das Coaching während der Matches in bestimmten Formen zu "legalisieren", hat die Spielerinnen-Organisation WTA in den vergangen Jahren immer wieder an der konkreten Ausgestaltung der Regelungen gefeilt. "Sobald ich auf der gleichen Seite bin, darf mein Mann mit mir reden und mich coachen. Ich darf nur nicht mit ihm – also, ich dürfte nicht zurücksprechen sozusagen. Er kann mir alles sagen, ich kann zuhören, aber ich sollte da nicht irgendeinen Satz sagen oder irgendwie so was. Aber wenn sie (Anm. d. Red.: die Gegnerin) natürlich den Physio holt, dann ist es erlaubt, dass ich zu ihm hingehen und mit ihm normal sprechen kann. Oder als sie auf der Toilette war vor dem dritten Satz, da konnte ich auch hingehen und dann können wir uns normal unterhalten. Persönlich finde ich das super. Ich vertraue meinem Mann zu 100 Prozent und mir hilft das auf alle Fälle sehr, dass er mich coachen kann," erläuterte die 35-Jährige den Status quo.
Charakteristisch für das variable Spiel der Rechtshänderin, die sich selbst als Rasenspezialistin bezeichnet, sind neben ihrer Willensstärke seit jeher tiefe Slice-Schläge mit viel Schnitt, die die Gegnerinnen ein ums andere Mal verzweifeln lassen. Charles-Édouard brachte eine weitere Komponente in das fortan noch variablere Repertoire Marias: "Er war derjenige, der damals meine beidhändige Rückhand auf die einhändige Rückhand umgestellt hat."
Beim Porsche Tennis Grand Prix stand die Bad Saulgauerin 2023 zum ersten Mal nach elf Jahren wieder im Hauptfeld: "Ich bin super happy, wieder hier zu sein. Es ist lange her, seitdem ich hier gespielt habe. Das war 2012. Das war vor meinen Schwangerschaften. Es ist also wirklich etwas Besonderes, dass ich jetzt mit meiner Familie hier sein kann. Es ist mein Heimturnier, weil ich von hier bin. Ich habe mich am meisten darauf gefreut, dass Charlotte das auch alles sieht. Ich meine, sie ist mittlerweile in dem Alter, wo sie wirklich alles realisiert und mitnimmt." Möglich machte dies eine Wildcard der Veranstalter*innen – eine willkommene Unterstützung für die aktuelle Weltranglisten-64. "Ich muss ja wirklich sagen, am Anfang war es ja so, dass ich kaum Hilfe bekommen habe – auch nicht vom Deutschen Tennis Bund – nach meinen zwei Schwangerschaften, bezüglich Wild Cards. Ich habe mir das wirklich alles mit meiner Familie wieder erarbeitet und darauf bin ich extrem stolz," erinnert sie sich nachdenklich daran, dass es auch ganz andere Zeiten gab.
AVIVA-Berlin: Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg für die nächsten Matches!
Weitere Infos zu Tatjana Maria unter: twitter.com/Maria_Tatjana und facebook.com/tatjanamaria1987
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Copyright Text und Foto: Sylvia Rochow