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Beitrag vom 06.03.2006
Jenny Elvers-Elbertzhagen im Interview
Tatjana Zilg
Durch den spektakulären Auftritt in Detlev Bucks "Männerpension" wurde sie über Nacht berühmt. Jahre mit Glamour-Schlagzeilen und kleineren Rollen folgten. Erfolgreiches Kinocomeback mit "Knallhart"
Detlev Buck überrascht nach fünfjähriger Regieabstinenz durch die Wahl eines ernsten Problemthemas für seinen neuen Film: Mit einigen humorvollen Augenzwinkern, in denen die Handschrift des Allround-Könners der Deutschen Komödie sehr deutlich ist, aber mit einem viel schärferen Fokus auf soziale Brennpunktthemen.
Auch von Jenny Elvers-Ebertzhagen wäre es nicht unbedingt zu erwarten gewesen, ausgerechnet mit dieser Rolle auf die Kinoleinwand zurückzukehren. Sie spielt die junge Mutter des fünfzehnjährigen Michael Polischka. Der Lebenspartner wirft sie über Nacht aus der Zehlendorfer Villa. Der gemeinsame Umzug nach Neukölln konfrontiert ihren Sohn mit völlig anderen Lebensverhältnissen. Er wird von Mitschülern auf brutale Weise erpresst und rutscht selbst in die Kriminalität ab.
AVIVA-Berlin: "Knallhart" kam bei Publikum und KritikerInnen der 56. Berlinale sehr gut an. Ist diese Anerkennung auch eine Art Genugtuung gegenüber den Medien?
Jenny Elvers-Elbertzhagen: Ich habe lange Zeit gar keine großen Kinorollen angeboten bekommen. In den ganzen Jahren habe ich vor allem Theater gespielt. Fernsehrollen habe ich sehr viele angeboten bekommen, aber nur solche, wo es wichtig war, gut auszusehen, hübsch zu sein, in Richtung "Blondchen". Das war teils ja auch ganz spannend, aber nun bin ich 33 Jahre alt, ich habe eine Familie, einen Sohn. Wenn ich jetzt arbeite und mir Zeit dafür nehme, dann möchte ich auch etwas "Schönes" spielen. Ich habe das Drehbuch bekommen und es berührte mich sofort sehr. Natürlich sah ich auch eine große Chance für mich darin. Aber eine Genugtuung ist es nicht. Ich werde das oft gefragt, aber das ist es nicht. Ich wollte eine gute Arbeit, eine gute Leistung zeigen und wenn das jetzt so gut angenommen wird, macht mich das glücklich.
AVIVA-Berlin: Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet? Kannten Sie Neukölln schon zuvor?
Jenny Elvers-Elbertzhagen: Wir haben Recherchen gemacht, ich habe mich zum Beispiel öfter mit den Jungs von der Gang und ihren Freunden getroffen. Sie erzählten teils sehr heftige Geschichten. Neukölln ist ein ganz spannender Stadtteil. Wir zeigen zwar nur einen Ausschnitt, es ist dort sicherlich nicht überall so. Uns ging es sehr darum, zu zeigen, was unter den Jugendlichen passiert. Welche Gewalt dort herrscht, woher das kommt. Ich habe eine Zeitlang in Berlin gewohnt, in Charlottenburg, aber das ist schon noch eine andere Welt. In dem Zusammenprall der Kulturen liegt eine Menge Spannung. In den Klassenräumen der Schulen konzentriert sich diese Anspannung dann noch mal ganz besonders.
AVIVA-Berlin: Wie würden Sie Ihren eigenen Sohn vor Gewalt durch Mitschüler beschützen?
Jenny Elvers-Elbertzhagen: Ich glaube nicht, dass man ein Kind deswegen zu sehr kontrollieren sollte, eine absolute Kontrolle kann es da auch gar nicht geben. Natürlich versuche ich mein Kind bestmöglich zu beschützen, aber es soll ja lernen, auf eigenen Füssen zu stehen. Ich glaube auch nicht, dass solche Problematiken nur davon beeinflusst werden, ob man in einer guten Gegend aufwächst. Ich würde meinen Sohn nicht in eine Privatschule schicken. Ich werde versuchen, mein Bestmögliches zu tun, ihn vor Gewalt und Übergriffen zu bewahren, aber das kann man vielleicht nicht immer.
AVIVA-Berlin: Wie würden Sie die Mutterfigur im Film beschreiben?
Jenny Elvers-Elbertzhagen: Miriam hat ihre eigenen Probleme. Ihr Sohn merkt das und versucht deshalb nicht, sich mit seinen Schwierigkeiten an die Mutter zu wenden. Sie liebt ihren Sohn, aber sie hat sich sehr früh für ein Kind entschieden. Sie wurde mit 15 Jahren schwanger. Da war ihre eigene Kindheit abrupt vorbei. Sie ist den Problemen eher hilflos gegenüber. Ihr Versuch, einfach schnell wieder einen Mann kennenzulernen, der ihnen aus der Situation heraushilft, ist natürlich der falsche Weg.
AVIVA-Berlin: Ich fand, die Rolle der Miriam bekam in der Gesamthandlung etwas wenig Raum. Ich hätte im Film gerne noch mehr über sie erfahren. Über ihren Hintergrund wird wenig erzählt, warum sie ausgerechnet nach Neukölln zieht, wie ihr eigener familiärer Hintergrund ist.
Jenny Elvers-Elbertzhagen: Der Film soll die Geschichte des Jungen erzählen. Die Mutter ist dazu eine Art roter Faden. Im Roman wird das ausführlicher und länger erzählt, aber ich finde es gut, dass es im Film auf den Jungen zentriert bleibt. Miriam ist ganz wichtig, parallel wird auch viel über sie erzählt, aber der Schwerpunkt ist die Thematisierung von Jugendgewalt.
AVIVA-Berlin: Es wurde sehr intensiv gecastet für "Knallhart". Mussten Sie sich auch in einem Casting behaupten oder stand von vorneherein fest, dass Sie die Miriam spielen werden?
Jenny Elvers-Elbertzhagen: Ja, es wurde über ein Jahr gecastet. Ich fand viele der Laienschauspieler sehr gut besetzt und authentisch. Das prägt den Film auch sehr. Ich wurde von einer Frau vorgeschlagen, die mich im Fernsehen gesehen hatte. Detlev Buck und ich fanden es eher hinderlich, dass wir uns schon kannten. Natürlich hatten wir uns über die Jahre hin und wieder getroffen. Für Hauptrollen wird man aber immer gecastet. Man muss ja erst schauen, wie das Zusammenspiel ist. Ich habe dann auch fünfzehn bis zwanzig Jungs mitgecastet, darunter David Kross. Wir haben ihn an zwei Tagen angeschaut, aber hatten bald das Gefühl, dass er der Richtige ist für die Rolle des Sohnes.
Ich musste selbst ganz klassisch vorsprechen, vorspielen, das Ãœbliche.
AVIVA-Berlin: Vielen Dank für das Interview!
Lesen Sie auch die Filmrezension zu "Knallhart".