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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 05.06.2008


Interview mit Catrin Hinkel zur Accenture-Studie One Step Ahead of 2011. A New Horizon for Working Women
Sharon Adler

Geschäftsführerin bei Accenture im Bereich Communications und High Tech und verantwortlich für Personalentwicklung und Gleichstellungsfragen AVIVA traf Catrin Hinkel auf der WorldWomenWork 2008.




Die aktuelle Accenture-Studie "One Step Ahead of 2011: A New Horizon for Working Women" ist Teil der internationalen Aktivitäten von Accenture zum Weltfrauentag. Die Online-Befragung wurde zwischen Dezember 2007 und Januar 2008 in 17 Ländern weltweit durchgeführt. Die Studie bewertet anhand von sechs Indikatoren, darunter "Beweglichkeit", "Bereitschaft zur Nutzung neuer Technologien" und "Soziale Verantwortung", in wieweit Führungskräfte auf die mit der Globalisierung verbundenen Anforderungen vorbereitet sind und leitet daraus einen "Skills Readiness Index" ab. Es überrascht nicht, dass sowohl Frauen und Männer, als auch befragte Managerinnen in Industrie- und in den aufstrebenden Schwellenländern eklatant unterschiedliche Ergebnisse liefern. Insgesamt schätzen Frauen ihre Karrierechancen in einer globalisierten Arbeitswelt schlechter ein als Männer.

Interviewfragen an Catrin Hinkel, Geschäftsführerin bei Accenture im Bereich Communications und High Tech und darüber hinaus im Unternehmen verantwortlich für Personalentwicklung und Gleichstellungsfragen.

AVIVA-Berlin: Accenture hat 4.100 EntscheidungsträgerInnen in mittleren und großen Unternehmen in Europa, Australien, Asien, Südafrika sowie Nord- und Südamerika zum Thema "Herausforderungen der Globalisierung" befragt - davon über 300 in Deutschland. Das Ergebnis: Nur knapp ein Drittel (32 Prozent) der in Deutschland befragten weiblichen Führungskräfte fühlt sich gerüstet, bei den Männern sind es dagegen immerhin fast die Hälfte (49 Prozent). Was, denken Sie, sind die größten Hemmnisse für Frauen hinsichtlich der Anforderungen der globalen Arbeitswelt?
Catrin Hinkel: Die globalisierte Arbeitswelt bietet zahlreiche Chancen für Frauen. Denn das Thema Diversity spielt darin eine immer größere Rolle, die Unternehmen können auf keine fähige Arbeitskraft verzichten. Egal ob Mann oder Frau. Außerdem setzt sich der Trend fort, dass Karrierefaktoren wie Kommunikationsfähigkeit oder ein offener und positiver Umgang mit verschiedenen Kulturen wichtiger werden. Solche Eigenschaften werden traditionell als besondere Stärken von Frauen gesehen. Wir Frauen können also selbstbewusster über unsere Fähigkeiten urteilen, als es die Mehrheit in unserer Studie tat. Die vernetzte Welt der Zukunft hält mehr Chancen als Hemmnisse für uns bereit.

AVIVA-Berlin: Zu den in der Studie identifizierten Handlungsfeldern hinsichtlich des Arbeitsumfeldes zählen unter anderem zunehmende Flexibilität, stärkere Verflechtung der Weltwirtschaft und die Nutzung neuer Technologien .
Die Studienergebnisse zeigen hier eklatante Unterschiede, denn Männer und Frauen setzen diesbezüglich unterschiedliche Prioritäten. 72 Prozent der Männer, aber nur 60 Prozent der Frauen sind dazu bereit, neue Technologien zu erlernen und anzuwenden. Warum, denken Sie, nehmen die Frauen die Chancen, die sich ihnen bieten, nicht ausreichend wahr?

Catrin Hinkel: In unserer Gesellschaft findet nur langsam ein Umdenken statt. Sich von alten Rollenbildern zu verabschieden, fällt nicht allen leicht. Allerdings geht es eindeutig in die richtige Richtung. Das kann man gut am Beispiel Technologie sehen: Frauen sind nicht per se schlechter vorbereitet, mit neuen Technologien umzugehen. Ganz im Gegenteil, sie zeigen sich immer interessierter: Die Zahl der Frauen, die ein technisches Studium und dann entsprechende Berufe wählen, steigt. Die Optionen, was Karriere und Lebensplanung betrifftt, nehmen zu. Heute sitzen Frauen nicht mehr von vorneherein in einer bestimmten Schublade. Und so soll es auch sein: jeder und jede soll die Chance haben, zu entscheiden, was man oder frau mit dem Leben anfangen möchte.

AVIVA-Berlin: Um internationale Mobilität zu gewährleisten und um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können, expandieren Unternehmen zunehmend ins Ausland. Inwieweit müssen Unternehmen und UnternehmensführerInnen ihre MitarbeiterInnen mit entsprechenden Kompetenzen ausstatten, wenn sie ihr Geschäftsmodell in andere Regionen exportieren?
Catrin Hinkel: In der globalisierten Arbeitswelt sind neue Kompetenzen wichtig. Unternehmen sind hier in der Verantwortung, ihre Mitarbeiter auf die neuen Anforderungen vorzubereiten. Nehmen wir das Beispiel Diversity. Generell gehen wir davon aus, dass gemischte Teams bessere Arbeitsergebnisse erzielen. Und tatsächlich ist das Potenzial zu mehr Erfolg da. Studien zeigen aber: Ohne Schulung im Umgang mit kulturellen Unterschieden sind gemischte Teams kulturell homogen zusammengesetzten sogar unterlegen. Es gibt keinen Automatismus. Die Teammitglieder müssen wissen, wie sie mit den Unterschieden konstruktiv umgehen. Klar ist aber auch: nicht jedes Geschäftsmodell funktioniert in jeder Region. Unabhängig davon, wie gut die Mitarbeiter geschult sind.

AVIVA-Berlin: Die Ergebnisse aus anderen Ländern zeigen, dass sich insbesondere die Managerinnen in aufstrebenden Schwellenländern besser auf die Arbeitsanforderungen im Jahr 2011 vorbereitet fühlen als ihre Kolleginnen in Industrieländern. Wo muss in den wirtschaftlich stärkeren Industrienationen ein Umdenken stattfinden – warum sind die Europäerinnen so wenig flexibel?
Catrin Hinkel: Ich denke, das hat weniger mit fehlender Flexibilität als mit der Einstellung vieler Frauen zu tun. Frauen gehen an ihre Karrieren oft mit dem Gedanken heran, dass sie zwar weiterkommen möchten – aber dann eben einfach schauen, wie weit sie es schaffen. Nur wenige setzen sich Karriereziele und kommunizieren diese ihren Vorgesetzten. Männer gehen von vorneherein viel eher davon aus, dass sie einen bestimmten Karriereschritt schaffen – und sind mit dieser Haltung möglicherweise im Schnitt tatsächlich erfolgreicher. Hier können Frauen in Deutschland definitiv mehr Selbstbewusstsein entwickeln. Und auch ihrem Chef mal sagen, was sie sich zutrauen.

AVIVA-Berlin: "One Step Ahead of 2011: A New Horizon for Working Women"
Die Herausforderungen einer dynamischen und multipolaren Welt, der multi-polar world, nehmen rasant zu – warum, glauben Sie, fühlen sich die Managerinnen in aufstrebenden Schwellenländern besser auf die Arbeitsanforderungen im Jahr 2011 vorbereitet? (Die befragten Führungskräfte in Indien gaben zu 68 Prozent an, gut ausgerüstet zu sein, in Südafrika waren es 63 Prozent, in China 61 Prozent, während nur 25 Prozent in Frankreich und 26 Prozent in Großbritannien dies so sahen).

Catrin Hinkel: Das hängt natürlich auch mit der Psyche der Bevölkerung in den Schwellenländern zusammen. In vielen herrscht insgesamt eine Art Aufbruchstimmung. Die Menschen merken, es geht aufwärts und sie sehen der Zukunft eher positiv entgegen. Diese Grundstimmung spiegelt sich auch in den Ergebnissen unserer Studie. In der aktuellen multi-polaren Welt sind ganze Kulturen, ganze Länder in Bewegung, und reißen Männer wie Frauen gewissermaßen mit. Berufstätige Frauen in den Schwellenländern setzen sich stärker als viele Menschen bei uns mit den Themen der Globalisierung auseinander – und sind deshalb im Moment auch besser vorbereitet.

AVIVA-Berlin: Warum wurde die Studie nicht auch in Israel durchgeführt? Immerhin findet sich dort einer der rasant wachsendsten IT-Märkte weltweit.
Catrin Hinkel: Das ist richtig. Wir haben in unserer Studie Schwerpunkte gesetzt, um generelle Trends zu erfassen und haben dazu die Staaten erfasst, die aktuell eine für uns besondere Rolle haben. Das bedeutet aber nicht, dass sich in anderen Ländern nichts tut. In künftigen Studien könnten sicherlich weitere Länder eine Rolle spielen.

AVIVA-Berlin: Sie sind Geschäftsführerin bei Accenture im Bereich Communications und High Tech und darüber hinaus im Unternehmen verantwortlich für Personalentwicklung und Gleichstellungsfragen. Wie viele Sprachen beherrschen Sie und was war Ihre größte berufliche Herausforderung?
Catrin Hinkel: Neben fließendem Deutsch und Englisch habe ich gute Kenntnisse in Französisch und Spanisch. Im Laufe meiner Karriere habe ich insbesondere drei Dinge gelernt. Die wichtigste Lektion ist: manchmal geht etwas schief. In so einem Fall muss man schnell wieder auf die Beine kommen und seinen Weg weiter gehen. Die zweite ist das Thema "Netzwerke" – die kann und sollte man zielgerichtet aufbauen. Und die dritte Sache ist die Erkenntnis, dass man bereit sein muss, Risiken einzugehen. Wenn man etwas für richtig hält, muss man auch den Mut haben, den Schritt zu machen. Meistens eröffnen sich dadurch auch Chancen.

AVIVA-Berlin: Wie wichtig sind Ihnen sowohl berufliche als auch private Netzwerke?
Catrin Hinkel: Private Netzwerke machen für mich das Leben aus. Der Austausch und die Unterstützung, die man dort findet, sind immens wertvoll. Berufliche Netzwerke betrachte ich karriere-orientiert. D.h. ich schaue mir an, wer mir auf Kundenseite oder innerhalb der Firma weiterhelfen kann. Und ich versuche diese Kontakte zu pflegen.

AVIVA-Berlin: Zu wie viel Teilen Bauch- und Kopfgefühl treffen Sie Entscheidungen?
Catrin Hinkel: Ich würde sagen, etwa 50:50. Besonders bedeutende Entscheidungen müssen bei mir immer gut durchdacht sein. Man muss sich aber auch mit der Entscheidung wohl fühlen.

AVIVA-Berlin: Vielen Dank für das Interview!


Ãœber Accenture

Accenture ist ein weltweit agierender Managementberatungs-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleister. Mit dem Ziel, Innovationen umzusetzen, hilft das Unternehmen seinen Kunden durch die gemeinsame Arbeit, leistungsfähiger zu werden. Umfangreiches Branchenwissen, Geschäftsprozess-Know-how, internationale Teams und hohe Umsetzungskompetenz versetzen Accenture in die Lage, die richtigen Mitarbeiter, Fähigkeiten und Technologien bereit zu stellen, um so die Leistung seiner Kunden zu verbessern. Mit rund 178.000 Mitarbeitern in 49 Ländern erwirtschaftete das Unternehmen im vergangenen Fiskaljahr (zum 31. August 2007) einen Nettoumsatz von 19,7 Milliarden US-Dollar.
Weitere Informationen unter: www.accenture.de


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Beitrag vom 05.06.2008

Sharon Adler