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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 10.09.2018


Das FAZ-Ökonomen-Ranking - Blind Spot Ökonominnen
Elke Holst

Die "F.A.Z.-Rangliste der Ökonomen: Deutschlands einflussreichste Ökonomen 2018" fragt: "Wer hat Gewicht in Medien, Forschung und Politik?" Untersucht wurde, welche Ökonom*innen von August 2017 bis Juli 2018 zu welchen Themen mit fachlichen Einschätzungen in den Medien genannt wurden. In ihrem Kommentar fragt PD Dr. Elke Holst, Forschungsdirektorin und Leiterin der Forschungsgruppe Gender Studies am DIW Berlin: Wo sind die Frauen?




Auch 2018 ist es wieder da: Das "Ökonomenranking" der FAZ – gerade erschienen. Die Medien berichten über die "wichtigsten", "einflussreichsten", "an der Spitze" stehenden "Ökonomen", die die Debatte prägen. Das ist ja eigentlich sehr interessant. Denn wir wollen natürlich wissen, "wer hat Gewicht in Medien, Forschung und Politik?" – wie es die FAZ benennt. Ein Blick auf die ersten Positionen zeigt dann: Hier tummeln sich im Wesentlichen Ökonomen aus den DACH-Ländern, die schon aus den 100-Rankings der Vorjahre altbekannt sind. Gut, denken wir, die haben sich im Wettbewerb durchgesetzt, immer weiter verbessert. Ihre Meinung hat Gewicht.

Das Auge gleitet die Namen herunter und spätestens bei Rang zehn oder 20 fragt man sich: Wo sind die Frauen? Ein Blick ganz unten lehrt: 101 Personen wurden aufgenommen. Da müssen doch auch Frauen dabei sein. Andererseits, es heißt ja auch Ökonomen-Ranking. Vielleicht sind ja auch nur Männer gemeint? Dann gleitet das Auge nochmal nach oben und siehe da: Auf Platz 21 taucht die erste Frau auf. Insgesamt sind es acht, die Wackeren Acht. Acht von 101 (zwei davon aus dem DIW Berlin!). Auch wenn ich die Ehre (oder das Glück?) habe, dazu zu gehören, die Zahl stimmt mich nachdenklich und nach dringender Veränderung rufend.

Es erscheint so, als wäre die männliche Prägung des Begriff Ökonomen-Ranking bei diesem Übergewicht berechtigt (wenngleich sich nicht zwangsläufig studierte Ökonomen dahinter verbergen müssen). Dennoch: In der heutigen modernen Welt ist der stark männliche Blick mehr als überraschend. Es darf von Spitzenmedien erwartet werden, dass sie blinde Flecken in der Berichterstattung erkennen und ihnen nicht erliegen. Wird über das Ungleichgewicht der Geschlechter im Ranking kritisch berichtet? Nur im Ausnahmefall. Es zeigt sich vielmehr, dass die Berichterstattung vor allem an den vorderen Rängen interessiert ist. Die ohnehin prominenten Männer, die man hier findet, erfahren diese unterstützende Publizität bis in die Überschriften großer Zeitungen und legen damit schon mal die Grundlage, auch im nächsten Jahr wieder an der "Spitze der Ökonomie" ihren Platz zu finden.

Wir alle – in der Wissenschaft, in den Medien, in der Öffentlichkeit - sollten nochmal über Methoden und Effekten solcher Rankings nachdenken und darüber, wie sie mehr als Instrumente der Selbstbestätigung sein können. Eine Bewertung von außen auf unsere Arbeit und ein Vergleich zwischen uns, warum nicht auch mit einer Rangordnung versehen, sind völlig legitime Anliegen. Aber die Konzepte für solche Rankings können verbessert werden – als erstes im Hinblick auf faire Möglichkeiten der Repräsentation von Frauen in der ökonomischen Diskussion. Mittlerweile finden sich unter den VWL-Studierenden mehr als ein Drittel Frauen, in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften machen Frauen sogar über die Hälfte der AbsolventInnen aus – also weitaus mehr als die mageren acht Prozent, die im Ranking erscheinen.

Nicht nur die Methodik der Listen, sondern vor allem auch die Berichterstattung spielt eine wesentliche Rolle für die Wahrnehmung von Frauen. Eine Selbstbestätigung von ohnehin prominenten Männern im Mainstream festigt den sogenannten Malestream und damit lediglich bestehende Strukturen. Diese bedürften aber eines kräftigen frischen Windes unter den Flügeln.

Ein solcher Aufbruch könnte plastisch sichtbar werden im dann neu aufgelegten "Ökonom*innen-Ranking 2018" – meinetwegen auch ohne Sternchen.

Mehr Infos:

F.A.Z.-Ökonomenranking www.faz.net

So ist die Rangliste der Ökonomen entstanden: www.faz.net

Der Kommentar wurde AVIVA-Berlin von Elke Holst zur Verfügung gestellt.
PD Dr. Elke Holst ist Forschungsdirektorin und Leiterin der Forschungsgruppe Gender Studies am DIW Berlin
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)
Das DIW Berlin (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) ist seit 1925 eines der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland. Es erforscht wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Zusammenhänge in gesellschaftlich relevanten Themenfeldern und berät auf dieser Grundlage Politik und Gesellschaft. Das Institut ist national und international vernetzt, stellt weltweit genutzte Forschungsinfrastruktur bereit und fördert den wissenschaftlichen Nachwuchs. Das DIW Berlin ist unabhängig und wird als Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert.

Mehr Infos zum Forschungsbereich "Gender Studies" des DIW Berlin: www.diw.de

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Beitrag vom 10.09.2018

AVIVA-Redaktion