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Beitrag vom 20.10.2017
Das Bündnis Pro Quote Bühne fordert Parität und Reformen und eine Frauenquote von 50 Prozent in allen künstlerischen Theater-Ressorts
Yvonne de Andrés
Das Theater als "moralische Anstalt" benennt gerne Missstände und hält der Gesellschaft den Spiegel vor. Doch bei Geschlechtergerechtigkeit in den eigenen Häusern liegt vieles noch im Argen. Zeit für eine neue Spielzeit, fordert der Verein "Pro Quote Bühne"und präsentiert ein Manifest.
Stereotyper Stillstand! Das stellen die sechs Gründerinnen France Elena Damian, Angelika Zacek, OnimarÂme, Amina Gusner, Eva Jankowski und Amina Gusner des Vereins "Pro Quote Bühne" auf ihrer Pressekonferenz am 17. Oktober 2017 im Deutschen Theater fest. 78 Prozent der Theater in Deutschland werden von Direktoren und Intendanten geleitet. 1994 lag der Anteil der Intendantinnen bei 19 Prozent, im Jahr 2014 bei 22 Prozent. In den letzten zwanzig Jahren hat sich also kaum etwas verändert.
Das Instrument der Selbstverpflichtung hat nicht funktioniert. Nur über die Quote, das ist den Frauen klar, kann sich hier strukturell etwas verändern. "Die seit Jahrzenten herrschenden Geschlechterverhältnisse sind ein Trauerspiel", konstatiert Angelika Zacek, die derzeit am Staatstheater Cottbus inszeniert.
Zwei aktuelle Studien, die von Kulturstaatsministerin Monika Grütters in Auftrag gegeben wurden - "Frauen in Kultur und Medien. Ein Überblick über aktuelle Tendenzen, Entwicklungen und Lösungsvorschläge" (erschienen im Juni 2016) und die Studie "Arbeitsmarkt Kultur" - zeigen die eklatante Schieflage bei Beschäftigung und Bezahlung von Frauen im Theaterbetrieb. 78 Prozent der Theater werden von Direktoren und Intendanten geleitet. Mit über 70 Prozent aller Inszenierungen dominierten Regisseure die großen Bühnen. Nur im Niedriglohnbereich des Soufflierens dominieren Frauen mit 80 Prozent. In den meisten der über 300 deutschen Theaterhäuser herrscht stereotype Starre - öffentlich finanziert! "Die Zahlen offenbaren das Drama hinter den Kulissen in Gänze", erklärt Regisseurin Eva Jankowski.
Dagegen besteht das Publikum, betrachtet man die Abonnements, "zu zwei Dritteln aus Frauen", sagt Amina Gusner von "Pro Quote Bühne". Sie arbeitet seit 1990 als Schauspielerin, Regisseurin und Autorin und hat bereits das Schauspiel in Gera und Altenburg geleitet.
Frauen inszenieren auf Nebenbühnen
"Pro Quote Bühne" ist ein neues und wachsendes Bündnis von Theater-Regisseurinnen und weiblichen wie männlichen Theaterschaffenden, die Parität und Reformen an Deutschen Theatern fordern. Es geht darum, die Machtstrukturen nicht weiter zu akzeptieren und sich auf Nebenschauplätze abschieben zu lassen. Bereits in den Forderungskatalog des Runden Tisches bei Kulturstaatsministerin Monika Grütters war aufgenommen worden, dass die geschlechtergerechte Besetzung von Gremien und Jurys zur Vergabe von Preisen und Auszeichnungen ein vorrangiges Ziel sei.
"Pro Quote Bühne" konkretisiert diese Ziele in seinem Manifest, das als PDF zum Download verfügbar ist. Eine 50 prozentige Frauenquote in allen künstlerischen Theater-Ressorts, konsequente paritätische Besetzung der Kommissionen, in deren Verantwortung die Besetzung der Intendanz fällt, Transparenz bei der Verwendung öffentlicher Mittel, Regiehonoraren und Etats und außerdem deren gleichmäßige Verteilung auf Männer und Frauen, so lauten die zentralen Forderungen.
Gleiche Chancen und Männergagen für alle
Der "Gender Pay Gap" liegt in Deutschland bei einem Mittelwert von 21 Prozent. Die Situation am Theater ist eklatant schlechter. Bei Regie-Gagen liegt die Differenz um die 36 Prozent niedriger. Freie Schauspielerinnen verdienen sogar 46 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die tatsächliche Gleichberechtigung sind weitere Forderungen des Manifests.
Damit die Umsetzung gelingt, sollte überall dort, wo öffentliche Gelder eingesetzt werden, ein Gendermonitoring stattfinden. Nur so kann überprüft werden, ob es eine Veränderung gibt oder die Situation stagniert. Damit Verbesserungen stattfinden können, werden Change- und Genderseminare für EntscheiderInnen in den Theatern benötigt. Auf und hinter der Bühne können sie stereotype Wahrnehmungskriterien bei der Beurteilung von Projekten und Personen sichtbar machen. Auf der Bühne helfen sie dabei, die Reproduktion von Geschlechterstereotypen sichtbar zu machen und zu vermeiden. Ziel ist es, dass mehr Lebenswirklichkeit in ihrer ganzen Vielfalt und Diversität abgebildet wird.
Flankiert wird das Manifest mit der Unterstützung der "Berliner Erklärung", die im Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaft dabei helfen könnte, dieses Ziel zügiger zu erreichen.
Die Roadmap
Ein erster Schritt ist es, an Staats-, Stadt- und Landestheatern für die Umsetzung des Manifestes zu werben, UnterstützerInnen zu gewinnen und Transparenz darüber herzustellen, wie viele Regisseurinnen und weibliche Theaterschaffende es überhaupt gibt. Konkrete Unterstützung und Austausch finden mit anderen Netzwerken statt, so zum Beispiel mit dem Ensemble Netzwerk, der Theater.Frauen-Gruppe sowie mit Pro Quote Regie oder auch den anderen Frauen Vereinen und Verbänden, die die "Berliner Erklärung" unterstützen.
Mehr Infos unter:
Pro Quote Bühne: www.proquote-buehne.de
Pro Quote Regie: www.proquote-regie.de und www.facebook.com/proquoteregie
www.berlinererklaerung.de
Mehr zum Thema:
Die Studie "Audiovisuelle Diversität? Geschlechterdarstellungen in Film und Fernsehen in Deutschland" von Prof. Dr. Elizabeth Prommer, Dr. Christine Linke der Universität Rostock ist als Kurzbericht online unter: www.imf.uni-rostock.de
GENDER UND FILM - Rahmenbedingungen und Ursachen der Geschlechterverteilung von Filmschaffenden in Schlüsselpositionen in Deutschland der FFA Filmförderungsanstalt: www.ffa.de
Gender und Fernsehfilm www.ard.de
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