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Beitrag vom 01.08.2002
Tuscheln und Tratschen oder böswilliges Mobbing?
Meike Bölts
Soziale Kompetenz, Teamfähigkeit und Konfliktbereitschaft stehen am Arbeitsmarkt hoch im Kurs. Im Gerangel um Jobs wird aber zunehmend über Mobbing geklagt...
Mobbing leitet sich ab von "to mob" und meint: jemanden anpöbeln oder bedrängen. Der genaue Inhalt des Begriffes ist häufig nur individuell und subjektiv zu ermessen, generell lässt sich sagen: Gemobbt wird, wer über einen längeren Zeitraum hinweg systematisch erniedrigt, gedemütigt, schikaniert und damit ausgegrenzt wird. MobberInnen können einzeln oder auch in einer Gruppe auftreten. Der durch Mobbing verursachte volkswirtschaftliche Schaden wird pro Jahr auf bis zu 50 Milliarden Euro geschätzt.
Mobbing-Opfer beschreiben unterschiedlichste Folgen des Psychoterrors: Physische Leiden wie zum Beispiel Magengeschwüre, Schlaf- und Sehstörungen stehen neben psychischen Leiden. Bis hin zu schweren Depressionen reicht hier das Spektrum der Mobbing-Folgen. Diese Leiden werden häufig von Alkohol- und Medikamentenmissbrauch begleitet.
Bereits im Juni 2002 präsentierte Ulrike Rascher, Staatssekretärin, die von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Auftrag gegebene Studie Der Mobbing-Report - Eine Repräsentativstudie für Deutschland. Sie erbrachte unter anderem folgende Ergebnisse:
- 2,7 % aller Erwerbstätigen geben an, gemobbt zu werden: Das sind ca. 800.000 Menschen, die aktuell mit Mobbing konfrontiert sind! Deutschland liegt damit im Mittelfeld der europäischen Staaten.
- Ein besonders hohes Mobbingrisiko ist bei Beschäftigten in sozialen Berufen - zum Beispiel bei SozialarbeiterInnen, ErzieherInnen oder AltenpflegerInnen - zu verzeichnen.
- In etwas mehr als der Hälfte der Fälle mobben ausschließlich Vorgesetzte oder sind zumindest daran beteiligt.
- Frauen haben im Vergleich zu Männern ein um 75 % höheres Mobbingrisiko.
- Die am stärksten betroffene Altersgruppe sind die unter 25-Jährigen, gefolgt von den 55-Jährigen und älteren Mitarbeitern.
Genau genommen, besteht bei Mobbing kein direkter Straftatbestand. Über den Umweg der Nötigung oder des Rufmordes kann jedoch gerichtlich gegen MobberInnen vorgegangen werden. Schwer kann es dann allerdings werden den Straftatbestand zu beweisen. BeraterInnen empfehlen daher eine Art Mobbing-Tagebuch zu führen um später auf genaue Daten zurückgreifen zu können. Bevor es tatsächlich zu einer Anzeige kommt, kann es sinnvoll sein, zunächst das direkte Gespräch zu suchen. Auch die Vorgesetzten können eingeweiht werden.
Hier gibt es seit Anfang August durch eine Gesetzesänderung ein weiteres Druckmittel, das Mobbing-Opfer zur Auflösung ihrer Situation einsetzen können. Durch die Ergänzung im Zivilrecht (Paragraph 253 BGB) ist es nun möglich, nicht nur bei MobberInnen Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld geltend zu machen aufgrund der körperlichen Beeinträchtigung durch das Mobbing. Nun haften auch die ArbeitgeberInnen für solche Ansprüche. Dadurch werden diese stärker in Zugzwang gebracht zu handelt, wenn ihnen Mobbing-Vorwürfe zu Ohren kommen. Bisher musste in solchen Fällen sich die ArbeitgeberIn selbst ein Fehlverhalten zuschulden kommen lassen, zum Beispiel bei der Auswahl der MitarbeiterInnen, was so gut wie nie durchgriff. Nach der neuen Regelung gibt es quasi eine Art Unternehmenshaftung. Die ArbeitgeberIn genügt den auferlegten Schutzpflichten gegenüber den ArbeitnehmerInnen nur, wenn sie tätig wird, sobald entsprechende Vorwürfe bekannt werden. Als verletzte Güter kommen nach der neuen Regelung neben der Gesundheit auch die sexuelle Selbstbestimmung in Frage. Diese Neuerungen können aber nur für Schadensereignisse in Anspruch genommen werden, die sich nach dem 31.07.2002 zugetragen haben.
Generell gilt: Bevor das Selbstwertgefühl am Boden liegt, aktiv werden. Eine Kündigung sollte nicht unbedingt zu weit herausgeschoben werden, da häufig unterschätzt wird, wie weit Mobbing in die Persönlichkeit eingreifen kann.
Weitere Informationen zu dem Thema:
www.dgb.de: in der Rubrik "Themen"
www.igmetall.de, in der Rubrik "Recht + Rat"
www.wirkstoff.org: Beratung für Frauen in Berlin
www.mobbing-abwehr.de: bundesweite Mobbing-Beratung durch KLIMA e.V. (Hamburg).Rechtliche Hinweise Rechtsanwältin Gudrun E. Alexandra Hölzer hoelzer@domain-law.de