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Beitrag vom 28.09.2007
Zum Tod von Ella Barowsky
Annegret Oehme
Am 25. September 2007 verstarb die bedeutende Berliner Politikerin Dr. Ella Barowsky 95jährig. In den Nachkriegsjahren hatte sie sich aktiv für die Schaffung einer liberalen Demokratie eingesetzt.
"Politik muss man machen, damit auch Raum bleibt für alle anderen menschlichen Dinge."
Mit dieser Philosophie widmete Ella Barowsky ihr Leben der Politik und ihrer Partei, der FDP, und wirkte aktiv an der Errichtung einer Demokratie in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg mit.
Politisch aktiv bis ins hohe Alter säumten den Weg der Politikerin zahlreiche bedeutende Auszeichnung auf regionaler und überregionaler Ebene, die ihr für berufliche und ehrenamtliche Tätigkeiten verliehen wurden. Um nur einige zu nennen: Bundesverdienstkreuz, Stadtälteste von Berlin, Bürgermedaille des Bezirksamtes Wilmersdorf.
Am 11. Januar 1912 wurde Ella Barowsky in Charlottenburg geboren. In den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts studierte sie National-Ökonomie an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin. Während der anschließenden Arbeit bei einer Wohnungsbaufirma promovierte sie 1943.
Mit dem Kriegsende begann auch ihre politische Karriere. 1945 war sie eine der MilbegründerInnen der LDP Berlin, aus der sich später im Westteil der Republik die FDP entwickelte.
Als "Trümmerfrau" bemühte sie sich nicht nur am Schreibtisch, sondern wirkte auch körperlich aktiv am Wiederaufbau Berlins nach dem Krieg mit. Dabei erkrankte sie schwer an Typhus und erholte sich nur langsam.
Ella Barowsky war von 1946 bis 1948 Mitglied der Stadtverordnetenversammlung Berlins und gehörte anschließend dem Abgeordnetenhaus an, wo sie zeitweise stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion war. Von 1951 bis 1955 lenkte sie als Bezirksbürgermeisterin die Geschicke Schönebergs und später als Finanzstadträtin von Wilmersdorf. Als solche war sie maßgebliche an der Umsetzung der Währungsreform und der Einführung der Westmark in den Westsektoren beteiligt.
Außerhalb ihrer politischen Tätigkeit leitete sie als Direktorin den Lette-Verein bis zu ihrer Pensionierung.
Die Liste ihrer ehrenamtlichen Tätigkeiten ist ebenso lang, wie die ihrer politischen Ämter. In der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und des Vereins der Freunde der Hebräischen Universität Jerusalem engagierte sie sich früh für eine notwendige Aufarbeitung der Geschichte und für Aussöhnung.
Dass sie mit der Rente noch lange nicht ans Aufhören dachte, stellte sie 2001 unter Beweis. Im Zuge des Berliner Bankenskandals kämpfte sie für das Volksbegehren zur Neuwahl.
Von vielen WeggefährtInnen wurde die "Berliner Institutuion" als unkonventionell, streitbar und lebhaft bezeichnet. Walter Momper nannte sie gar "Juwel unserer Stadt". Beeindruckt durch diese Persönlichkeit widmeten die Filmemacherinnen Tille Ganz und Christel Wankel ihr 2002 eine Dokumentation unter dem Titel "Dr. Ella Barowsky - Porträt einer liberalen Demokratin".
Ihr Engagement für die Gleichberechtigung der Frau trieb Ella Barowsky als Vorsitzende des Deutschen Akademikerinnen-Bundes Berlin entscheiden voran, wofür sie 2003 mit der Louise-Schroeder-Medaille geehrt wurde.
Mit dem Tod Ella Barowskys geht die Ära der PolitikerInnen, die aktiv am Wiederaufbau Berlins und Deutschlands beteiligt waren, zu Ende.