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Beitrag vom 12.12.2002
Die Universität der Künste ist Vorreiterin: Mentoring in Kunst und Kultur
Anja Kesting
Der erste Mentor war ein Mann, Freund und Förderer von Odysseus. Er wachte über sein Haus und Hof als Odysseus auf Reisen ging. Damals gab es also auch schon das old-boys-network...
... und heute schachert sich das "starke Geschlecht" immer noch gegenseitig die Jobs zu. "Bei dieser Stelle haben wir dich nicht durchgebracht, aber die nächste ist deine, oder wir schreiben die Stelle so aus, dass sie auf dich zugeschnitten ist", sagt Adrienne Goehler, Kuratorin des Hauptstadtkulturfonds, das undurchschaubare Geflecht der Herren, die sich untereinander alle mal einen "Gefallen" schulden. Frauen bleiben draußen, kommen bei diesem Geschachere nicht vor.
Gibt es eigentlich funktionierende Netzwerke zwischen Frauen oder ist ihr Arbeitsleben durch Stutenbissigkeit geprägt?
Eine rhetorische Frage? Bei weitem nicht. Damit dieser Zustand nicht so bleibt, hat die Universität der Künste Berlin (UdK) als erste Hochschule bundesweit ein Mentoring-Programm ins Leben gerufen. So sollen erstmalig Künstlerinnen und Wissenschaftlerinnen mit dem Berufsziel "Professorin an einer Kunsthochschule" gezielt in Netzwerke eingeführt und bei der Karriereplanung von ihren MentorInnen, ProfessorInnen der UdK, systematisch beraten werden. Ganz nach dem Vorbild von Athene, Schutzgöttin der Kunst und Wissenschaft, die in Gestalt eines Mannes Telemachos, dem Sohn von Odysseus, als erste weibliche Mentorin zur Seite stand.
Das Besondere bei diesem Konzept sind die Teilnehmenden: Künstlerinnen aller Sparten und Wissenschaftlerinnen mit fachlicher Nähe zur Bildenden Kunst, Gestaltung, Darstellenden Kunst, Theater oder Musik treffen auf ProfessorInnen aus der Hochschullandschaft. Daraus ergibt sich eine Symbiose: Die einen geben Erfahrungen und Insiderwissen weiter und profitieren aber auch von den jüngeren Mentees, die sich bereits in der zeitgenössischen Kunst-, Kultur- und Wissenschaftsszene positioniert haben, aber noch nicht an der Kunsthochschule etabliert sind.
Initiatorin des Mentoring-Programms, Dr. Sigrid Haase, Frauenbeauftragte der UdK, zeigte sich überrascht über die große Resonanz der Ausschreibung. Über hundert Künstlerinnen und Wissenschaftlerinnen, nicht nur aus Berlin, sondern bundesweit, bewarben sich als Mentee für die zehn freien Stellen. "Die Begeisterung ist groß. In Ihren Bewerbungsschreiben schlagen die Mentees ungewöhnliche Maßnahmen vor, die im Mentoring-Programm an einer Kunsthochschule entwickelt werden können", freut sich Dr. Sigrid. Haase bei der Präsentation des Programms am 5. Dezember 2002 in der UdK. Frau darf auf die Ergebnisse gespannt sein, die in einem Jahr von MentorIn und Mentee präsentiert werden.
Dass sich nicht nur in den oberen Führungsetagen, sondern auch in den Köpfen der Frauen, etwas ändern muss, zeigt das Ergebnis einer internen Studie unter Studentinnen: 96 Prozent von ihnen geben als Berufziel "Professor an einer Kunsthochschule" an. Erschreckend! Deshalb sollte das Mentoring-Programm der Universität der Künste Schule machen, so dass in den nächsten Jahren bundesweit an Hochschulen Künstlerinnen und Wissenschaftlerinnen in diesem Sinne gefördert werden.
Weitere Informationen sind unter www.mentoring.udk-berlin.de erhältlich.