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Beitrag vom 28.02.2006
Liv Kristine im Interview
Tatjana Zilg
Die norwegische Sängerin, als Gothic Queen der 90er bekannt, erzählt über ihr neues Soloalbum, persönliche Vorlieben, die skandinavische Heimat, Konzertpläne für den Sommer und Mutter-Sein
Die elfenhaft wirkende Liv Kristine war die ideale Besetzung für eine Leitpersönlichkeit des Gothic Revivals. An der Front der langhaarigen Metaljungs "Theatre Of Tragedy" begeisterte sie schnell nicht nur die schwarze Szene. Parallel zum großen Erfolg mit der Gruppe, mit der sie sich schon in Norwegen zusammenschloss, wandelte sie auf Solopfaden. Nach der abrupten Trennung vor vier Jahren gelang es ihr, sich von der Stringenz der Gothic Szene zu lösen und mit einer sanfteren, aber sehr intensiven Musiklinie ihre Solopräsenz zu erweitern.
Anfang März 2006 erscheint ihr neues Album "Enter My Religion", das langjährige Fans und neue HörerInnen mit kristallklarem Gesang und Soundstrukturen aus einprägsamen Popklängen, temperamentvollen Rockakkorden und klassischen Pianotönen verführt.
AVIVA-Berlin: Deine neue CD wird als "Dark Pop" bezeichnet. Wie würdest Du Deinen Stil selbst beschreiben?
Liv Kristine: "Enter My Religion" ist sehr vielseitig angelegt, daher ist es nicht so einfach, das Album in eine bestimmte Kategorie einzuordnen. Für mich liegt es grundsätzlich im Bereich von Pop und Rock mit Elementen aus Klassik und Folk, dazu kommen exotische Anklänge. "Enter My Religion" ist sehr persönlich und gefühlsbetont.
AVIVA-Berlin: Worum geht es in Deinen Liedern? Worüber schreibst Du am liebsten?
Liv Kristine: In meinen Songs schreibe ich am liebsten über das Wichtigste in der Welt: die Liebe. Es gibt so viel zu sagen zu diesem Thema. Ein anderes Lieblingsthema von mir ist die Natur. Vielleicht liegt mir dieses Thema deswegen so am Herzen, weil ich in der herrlichen Natur Norwegens aufgewachsen bin.
AVIVA-Berlin: Welche Atmosphäre bevorzugst Du, um Deine Songtexte zu schreiben?
Liv Kristine: Im Grunde ist es egal, wo ich meine Songtexte schreibe, es gibt nur eine Bedingung: Ruhe. Oft habe ich auch Ideen für neue Texte oder Melodien, wenn ich im Auto unterwegs bin oder unter der Dusche stehe.
AVIVA-Berlin: Du hast sehr schöne Fotos von Dir in femininen Stylings auf Deiner Website. Entwirfst Du Deine Outfits selbst?
Liv Kristine: Ja, hauptsächlich entwerfe ich sie selbst. Manchmal stammen die Entwürfe auch von meiner Stylistin bzw. Schneiderin. Alle Outfits basieren aber auf meinen Ideen.
AVIVA-Berlin: Warum bist Du von Norwegen nach Deutschland gezogen? Hast Du manchmal Sehnsucht nach Norwegen? Was vermisst Du hier in Deutschland besonders?
Liv Kristine: Der Liebe wegen - wie im Märchen. Ich bin sehr glücklich hier. Trotzdem vermisse ich natürlich auch meine Heimat. So oft es geht versuche ich, zumindest ein paar Tage in Norwegen zu verbringen. Mein Sohn Leon soll seine Wurzeln kennen lernen. Was mir in Deutschland wirklich fehlt, ist das Meer. Vielleicht noch ein anständiger norwegischer Winter im Austausch gegen einen für meinen Geschmack viel zu heißen deutschen Sommer!
AVIVA-Berlin: An welchem Platz der Welt würdest Du am liebsten leben?
Liv Kristine: Ich habe zwar schon viele Orte gesehen, aber noch nicht wirklich erlebt. Von meinem jetzigen Kenntnisstand aus natürlich Stavanger in Norwegen, gerne auch das nördliche Norwegen. Ansonsten Irland, Island und Neuseeland. Man sieht, ich bin ein echter Winterfan!
AVIVA-Berlin: Zwei Deiner Songs wurden in der "Tatort"-Serie verwendet. Schaust Du privat gerne Krimis?
Liv Kristine: Nein, gar nicht. Ich sehe lieber Filme, die Geschichte oder Natur zum Thema haben. Zu meinen Lieblingsfilmen gehören "Die wunderbare Welt der Amelie", "Chocolat" und "Frida" mit Selma Hayek in der Hauptrolle. Ein sehr realistischer Film.
AVIVA-Berlin: "Gothic" ist mittlerweile wieder eine sehr beliebte Musikrichtung. Dennoch werden Gothics manchmal als depressiv oder destruktiv bezeichnet. Wie stehst Du zu solchen Vorurteilen gegenüber der Szene?
Liv Kristine: Zu mir persönlich passt das überhaupt nicht. Ich bin ein durch und durch positiver und glücklicher Mensch.
AVIVA-Berlin: Du bist seit Deiner Jugend aktiv in der Musikszene und warst schnell sehr erfolgreich, hast viele Platten aufgenommen, Konzerte gegeben, auf Festivals gespielt und Projekte mit anderen Bands gemacht, wie z. B. mit Cradle of Filth. Auf welche Ereignisse schaust Du besonders gerne zurück?
Liv Kristine: Auf jeden Fall das Zillo Festival mit einem Publikum von 30.000 Leuten. Das war einfach gigantisch. Ich spiele aber auch gerne in kleinen Clubs mit vielleicht 150 Leuten. Der Kontakt zum Publikum ist viel enger, das schafft eine ganz andere, aber auch sehr schöne Atmosphäre. Auf diese Art kann ich die unterschiedlichsten Menschen treffen und ich genieße das sehr. Ich möchte ihnen allen durch meine Texte und meine Musik etwas Positives schenken.
AVIVA-Berlin: Theatre of Tragedy haben sich 2002 nach zehnjähriger Zusammenarbeit getrennt. Was waren die Gründe?
Liv Kristine: Die Band steckte in einer Krise, wovon ich allerdings nichts wusste. Sie haben mir nichts gesagt, mich nicht vorgewarnt, es gab nur eine Nachricht auf ihrer Homepage. Ich habe zu THEATER OF TRAGEDY keinen Kontakt mehr, dieses Kapitel in meinem Leben ist abgeschlossen.
AVIVA-Berlin: Bereits im Alter von zehn Jahren hast Du mit einer Freundin Deine erste Band "Twice" gegründet. Welche Musikrichtung habt Ihr damals gespielt? Wer waren Euren musikalischen Vorbilder?
Liv Kristine: Ganz klar Madonna! Meine Freundin hat Klavier gespielt, ich habe dazu gesungen. Wir hatten nie einen Auftritt zusammen, nur ich habe solo gesungen. Als Konsequenz wurde "Twice" nach zwei Monaten wieder aufgelöst.
AVIVA-Berlin: Was fasziniert Dich persönlich am meisten an der Gothic Szene? Und worüber ärgerst Du Dich?
Liv Kristine: Mich faszinieren die Kontraste in dieser Art von Musik, das begeistert mich immer wieder. Was mich wirklich ärgert, ist die Botschaft, die die Szene vermittelt: Warum sollten wir depressiv sein? Es gibt so viele wundervolle Dinge in der Welt!
AVIVA-Berlin: Welche CD hörst Du zur Zeit privat am liebsten?
Liv Kristine: Momentan viel Klassik von Y. Thiersen und Edvard Grieg. Außerdem Madonna, Black Sabbath bzw. Ozzy. Und dann natürlich jede Menge Kinderlieder mit meinem Sohn Leon.
AVIVA-Berlin: Du bist seit zwei Jahren Mutter eines kleinen Sohnes. Hast Du das Gefühl, dass sich Deine Musik dadurch verändert hat?
Liv Kristine: Vor allem denke ich, dass meine Texte jetzt persönlicher sind. Sie spiegeln neue, wundervolle Erfahrungen wider. Durch neue Gesangsmethoden konnte ich außerdem meinen Gesang noch verbessern. Ich möchte einfach etwas von all dem Positiven und Wundervollen, das ich erleben darf, an meine Fans weitergeben. Das liegt mir sehr am Herzen.
AVIVA-Berlin: Wirst Du in diesem Jahr wieder auf einem der Festivals zu sehen sein, WGT oder M´Era Luna?
Liv Kristine: Das hoffe ich sehr, wir sind momentan noch in der Planungsphase. Am WGT werde ich aber auf jeden Fall teilnehmen! Alles Weitere findet ihr auf unserer Website!
AVIVA-Berlin: Was wünschst Du Dir und Deiner Familie für die Zukunft?
Liv Kristine: Mit einem Wort? Zeit. Es wäre herrlich, wenn ich noch mehr Zeit mit meiner Familie und meiner besten Freundin verbringen könnte.
Lesen Sie auch die CD-Rezension zu "Enter My Religion".
Die Website von Liv Kristine: www.livkristine.de