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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 01.08.2005


Björk - Drawing Restraint 9
Karin Effing

Die eigenwillige Isländerin hat zum experimentellen Filmprojekt Matthew Barneys den Soundtrack komponiert. Stimmen, Geräusche und eine Tee-Zeremonie machen die Musik. Kunstvolles Tönen




Nie wieder wolle sie einen Film machen, verkündete Björk nach dem Dreh von "Dancer in the Dark" unter der Regie von Lars von Trier. Nun hat sie doch wieder vor der Kamera gestanden und auch den Soundtrack des Films zusammengestellt.
Das ist aber auch schon die einzige Gemeinsamkeit zwischen den Selmasongs und ihrer nun erschienen CD "Drawing Restraint 9".
Sie spiele ihre Rolle in dem gleichnamigen Film nicht, sondern sei einfach da, teilte sie in einem Interview der Süddeutschen Zeitung mit. Und damit wird schon deutlich, dass es sich hier nicht um einen gewöhnlichen Spielfilm handelt.

Das hochabstrakte Werk des Film- und Videokünstlers Matthew Barney kommt fast ohne Dialoge aus. Gedreht wurde es in der Nagasaki Bucht auf dem japanischen Walfischschiff "Nisshin Maru". Eine riesige Skulptur, bestehend aus flüssiger Vaseline, "The Field" genannt, wird auf dem Deck des Schiffes von einem Zustand in den anderen transformiert und symbolisiert so das Thema des Filmes: Verwandlung, Beschränkung und Widergeburt.
Die einzig westlichen Gäste auf dem Schiff, Björk und ihr Lebensgefährte Matthew Barney werden gepflegt, gewaschen und in Fellkostüme gekleidet, die an traditionelle japanische Shinto Heiratskleidung erinnert. Danach nehmen sie an einer Teezeremonie teil. Der einzige gesprochene Dialog des Films informiert über die Bedeutung und Geschichte der Teeschale. Während eines Sturms werden die Tatamimatten mit Flüssigkeit getränkt, anscheinend "The Field", das sich aufgelöst hat. Die beiden Personen schneiden sich mit Messern Hände und Füße ab, was bleibt, sind verstümmelte Körper, die wie junge Wale aussehen.
Das sei nicht schrecklich, betont Björk, denn es gehe nicht um die realen Körper, sondern um die Bedeutung der Bilder, um die Ähnlichkeit zu Walen und damit um Widergeburt.
Die Fotos Matthew Barneys im Beiheft geben einen Eindruck in diese Bilderwelt, die schön und verstörend zugleich ist.
Das wenig ansprechende Cover, an blutrünstige Heavy Metall Booklets gemahnend, entpuppt sich auf den zweiten Blick als Teil des filmischen Szenario.

Immer für eine Überraschung gut und auf der Suche nach neuen Tönen, konfrontiert Björk die/den HörerIn mit einem Werk, das auch diejenigen, die Björks Wanderung zwischen den Stilen und Experimenten kennen, überraschen wird.
Im Opener begegnet uns die Stimme Will Oldhams, die von einem hellklingenden Kinderchor untermalt wird.
Danach verlassen wir das, was man im weitesten Sinn Unterhaltung nennen kann.
Denn was nun folgt, ist Gemurmel, Geräusch und Verwirrung. Stimmen keuchen und hecheln, rhythmisch begleitet von elektronischen Klängen. Der monotone japanische Sprechgesang, der die Teezeremonie begleitet, verspricht da schon fast wieder Orientierung. Zwischendurch klimpert eine Harfe klar und zart. Und auch die isländische Sängerin persönlich ist in zwei Tracks zu hören.
Das Musikwerk ist durchdrungen von Björks sanfter und immer leicht schräger Kreativität. Björk-LiebhaberInnen werden daran ihre Freude haben.
Informationen zum Gesamtprojekt hätten dem Album jedoch gut getan, denn erst im Zusammenhang mit dem Film erschließt sich der erlebnisreiche Klangteppich.

AVIVA-Tipp: Der Soundtrack zum experimentellen Film "Drawing Restraint 9" ist keine leichte Kost. Wer sich jedoch darauf einlässt, wird das skurrile und intelligente Spiel mit der Welt der Töne genießen.

Mehr zu Björk auf: www.bjoerk-germany.de
Mehr zum Projekt "Drawing Restraint 9": unit.bjork.com/specials/dr9


Björk
Drawing Restraint 9

Label: Polydor (Universal).
VÖ: 26.07.2005
19,99 Euro
ISBN/EAN: 602498728529005114645908"




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Beitrag vom 01.08.2005

AVIVA-Redaktion