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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 28.01.2005


Sensationelles Konzert der Dresden Dolls im Knaack - Fortsetzung II
Marie-Louise Leinhos

Am Freitag, den 24.09.2004 spielte das Bostoner Duo im restlos ausverkauften Club. So dicht gedrängt hatte man das Knaack noch nie erlebt. Amanda, die Sängerin gab kurz vor dem Konzert ein Interview.




AVIVA-Berlin: Lass uns über die Texte und die Philosophie dahinter sprechen. Ihr beschreibt euch selbst als „Brechtian Cabaret for Beginners“. Was ist damit gemeint?
Amanda:
Brecht darin zu erwähnen, ist einfach nur ein Trick. Unsere Shows haben eher einen ästhetischen als politischen Anspruch. Wir haben die Kurt Weill-Idee, Elemente des Theaters mit Musik zu vermischen, aufgenommen und benutzen sie als Fundament unserer eigenen Shows. Als ich seine Songs zum ersten Mal hörte, war es, als ob ich etwas nach dem ich schon lange gesucht habe, endlich gefunden hätte. Es hörte sich genauso an, wie die Melodien, die ich ständig im Ohr hatte, ohne sie jemals gehört zu haben. Immer wenn ich meine Songs schrieb, wusste ich ganz genau, dass es so etwas auch außerhalb meines Kopfes geben müsste, doch ich wusste nicht, wo ich danach suchen sollte.

AVIVA-Berlin: Ich war wirklich überrascht, dass ein Sound ohne Gitarren so ausdrucksvoll sein kann. Wie kann man ohne Gitarren eine solche Punk-Attitüde verkörpern?
Amanda:
Ursprünglich war Punk keine Musikrichtung, sondern eine Lebenseinstellung. Bei uns überträgt sich dies auch auf die Art, wie wir unsere Instrumente spielen. Aber dafür brauchen wir keine Gitarren. Unser Sound ist auch ohne deren Einsatz sehr brachial und leidenschaftlich.

AVIVA-Berlin: Wärst Du gerne in einer anderen Zeitepoche geboren?
Amanda:
Nein, das glaube ich nicht. Ehrlich gesagt, ich glaube es wäre mir nicht möglich, in einer anderen Zeit als dieser zu funktionieren. Aber ich glaube, viele Leute sind von der Vergangenheit fasziniert, weil alles irgendwie zurück kommt. Aber man sollte dabei stets beachten, dass man die Vergangenheit niemals zurück holen kann und dass das, was wir davon sehen, niemals das Lebensgefühl zu dieser Zeit repräsentieren kann. Dies sollte man immer beachten, wenn man geschehene Dinge oder die Vergangenheit im Allgemeinen beurteilt.

AVIVA-Berlin: Wenn Du auf der Bühne stehst, fühlst Du dich eher als Musikerin oder Schauspielerin?
Amanda:
Das ist eine gute Frage und je mehr ich darüber nachdenke, halte ich es für unmöglich, mich zu entscheiden. Ich fühle mich irgendwo zu dazwischen. Aber ich kann eines sagen. Ich spiele mich immer selbst, nicht die Vorstellung eines anderen. Ich schlüpfe somit nicht in eine Rolle im herkömmlichen Sinne, sondern es hat immer etwas mit mir zu tun. Ich fühle mich als Sängerin der Dresden Dolls und nehme keine andere Identität an, wenn ich die Bühne betrete.

AVIVA-Berlin: Wenn Du das amerikanische Publikum mit dem Deutschen vergleichst, gibt es da Unterschiede?
Amanda:
Komischerweise gibt es da nicht wirklich nennenswerte Unterschiede. Sie scheinen alle sehr begeistert. Aber in London z.B. waren die Leute sehr ruhig. In Hamburg schienen sie eher überrascht, fingen an zu schreien. Es ist auch sehr lustig zu sehen, dass unterschiedlichste Leute zu unseren Konzerten kommen. Sie sind sowohl jung als alt, Du siehst Punker, Gothics als auch normalgekleidete Menschen. Alle völlig unterschiedlich.

AVIVA-Berlin: Kannst Du Dich noch an eine völlig überraschende Reaktion des Publikums erinnern?
Amanda:
Vor einigen Wochen haben wir in einem Club in Los Angeles gespielt. Es war eine großartige Show. Die Leute sind total durchgedreht. Nachdem wir „Coin Operated Boy“ gespielt haben, kam ein Mädchen zu uns auf die Bühne. Sie war ziemlich verrückt angezogen und hatte dieses Teil in der Hand. Keine Ahnung, was das genau war. Sie kam auf die Bühne gerannt, schüttelte es und kleine bohnenartige Teile wurden in die Luft geschleudert. Sie verletzte niemanden, aber irgendwie schienen alle ziemlich verdutzt. Die Sicherheitsleute dachten, sie sei Teil unserer Show. Deswegen reagierten sie auch nicht sofort. Später trugen sie das Mädchen dann von der Bühne, aber mein Klavier war voll mit dem Zeugs. Ich versuchte es herauszuschütteln. Mehr oder minder erfolgreich. Das war eine echte Überraschung.

Weitere Informatinen zu den Dresden Dolls: www.dresdendolls.com
Lesen Sie hierzu auch die Rezension des aktuellen Albums der Dresden Dolls.


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Beitrag vom 28.01.2005

AVIVA-Redaktion