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Beitrag vom 14.03.2009
Heidi Happy - Flowers, Birds And Home
Tatjana Zilg
Die Schweizerin liefert mit ihrem Künstlerinnennamen eine Mini-Parodie auf gängige Klischeebilder ihrer Heimat und auch ihre musikalische Welt ist vom Humor geprägt, zugleich sehr feinsinnig …
... durchdacht, detailreich und wundersam schön.
Ein Huhn wählte sie als Maskottchen für ihren Zweitling "Flowers, Birds And Home" und lässt unter seiner Obhut ihre Songs geschmeidiger und leichter werden als vom Debut "Back Together" (2008) gewohnt. Nicht mehr ganz so bizarr, sondern eher harmonisch ineinander fließend kommen ihre neue Kreationen daher. Dabei verwendet sie wieder eine Vielzahl an Instrumenten, deren Potential sie geschickt erkundet und organisch in die Songstrukturen einbindet.
Die ersten Takte des Intros "Hush" kündigen an: Paukenschlag und Posaune werden konträr zum Titel, der übersetzt "die Stille", "das Schweigen" bedeutet, im Verlauf des Album eine wichtige Position einnehmen. Still ist dieser Einstand gewiss nicht, doch eine plaudernde Gesellschaft könnte er tatsächlich zum Schweigen bringen. Diese würde sich darüber nicht lange ärgern: Die Songs wissen, wie sie Aufmerksamkeit einfordern, sind dabei jedoch angenehm zu hören und verwöhnen mit jazzigem, gehaltvollem Gesang. Heidi Happy heißt mit bürgerlichen Namen Priska Zemp und hat an ihrer Stimme weiter fleißig gefeilt, wodurch sie sich nun mit Songwriterinnen wie Norah Jones und ihrer experimentelleren Kollegin Hanne Hukkelberg bestens messen kann.
Das beweist sie auch gerne live, mal mit einem Aufgebot einer siebenköpfigen Band, mal nur in Begleitung eines einzigen Keyboarders, wie im März 2009 im Studio der Schaubühne Berlin. Etwas scheu war sie zu Beginn, aber dann machte sie sich schnell mit der Umgebung und dem zahlreich erschienenen Publikum vertraut, bewies ihren intelligenten Humor und ihre Kunstfertigkeit an den Instrumenten, immer zur Hand die Gitarre, oft verziert mit anderen Raffinessen. Charmant gelang es ihr so, die anwesenden BerlinerInnen in ihr musikalisches Reich zu locken.
Im kleinen Studio mit der dichten Publikumsnähe entstand so schnell eine wohltuende Wohnzimmeratmosphäre, was ihren Songs aber auch gelingt, wenn sie in den Albumversionen aus den Lautsprechern dringen. Die auditive Wundertüte enthält luftig leichte Pop-Melodien, geerdet von jazzigen Posaunen, veredelt mit melodramatischen Klassik-Streicher-Einlagen, durchdrungen von Folk - Dunkelromantik. "Flowers, Birds And Home" kommt insgesamt auf eine stolze Anzahl von 18 Songs.
Die Singleauskoppelung "I Think I´m In Love" zeigt vor allem die weichen Seiten ihrer Songwriting-Kunst: Zu Beginn wird der Song getragen von einer sensiblen Piano-Melodie, zu der sich alsbald Streicher gesellen, um in der Mitte dann doch der Pauke zu begegnen, und darüber weht ein balladesker, die Sinne betörender Gesang. Flott und schnell stürmt dagegen "I Understand" in die Ohren, obwohl hier ganz auf die Pauke verzichtet wird. Das Tempo wird zunächst nur mit Klatsch-Rhythmus und gezupfter Gitarre vorgegeben, mühelos steppt Heidi Happy mit ihrer Stimme hinzu und Kontrabass und Posaune verstärken das feurige Temperament des Songs, welches im genau richtigen Moment wieder von Streicher-Klängen ergänzt wird. Ebenso temporeich ist "Fulltime Running", das Heidis Gesang und eine fröhliche Posaune miteinander tänzeln lässt.
Weiterhören: Sophie Hunger und Hanne Hukkelberg .
Heidi Happy im Netz: www.heidihappy.ch und auf Myspace.
AVIVA-Tipp: Die Schweiz lockt nun endgültig nicht mehr nur mit imposanten Bergen und Arbeitsmöglichkeiten für Wirtschaftskrisen-Flüchtlinge. Mit Jungtalenten wie Sophie Hunger und Heidi Happy beweist sie ihre kulturelle Vielseitigkeit und regt an zum Songwriterinnen-Austausch.
Heidi Happy
Flowers, Birds And Home
Label: Littlejig, VÖ März 2009