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Beitrag vom 14.01.2009
Jolie Holland - The Living And The Dead
Tatjana Zilg
Die amerikanische Songwriterin kombiniert die Hitze Texas mit dem freien Geist San Franciscos und fügt dem gehaltvollen Cocktail die dunkelromantische Schönheit neuseeländischer Wälder hinzu.
Nicht nur Nu Country Fans versetzt sie mit diesem Rezept in einen imaginativen Road Movie, der Elemente der Spannung, der Melodramatik und des schwarzen Humors ineinander blendet.
Schon das vierte Mal schickt die gebürtige Texanerin ein Album voll eigenwilliger, bizarr schöner Songs in die Musikläden. Sieben der neun Moritaten von "The Living And The Dead" schrieb und komponierte die zeitweilige Globetrotterin in ihrer Wahlheimat San Francisco, während eines Writing Retreats in Neuseeland und auf ihren Tourneen durch Nordamerika und Europa. Ergänzt werden sie von dem Traditional "Love Henry" und einem Cover von "Enjoy Yourself" (Original: Herbert Magidson/Carl Sigman).
Jolie Hollands Weg zum Insidertipp begann bodenständig und dicht dran an den potentiellen Fans. Ihr Debut "Catalpa" erschien 2003 als Zusammenschnitt einiger hausgemachter Demos, die - auf einfachem Weg in Umlauf gebracht - so schnell in aller Munde waren, dass sich bald ein Label für die Veröffentlichung auf CD meldete. Tom Waits nominierte "Catalpa" kurz darauf für den "Short List Music Prize". Ein Jahr später bewies Jolie Holland mit "Escondida", welches großes Entwicklungspotential in ihrem Stil steckt, der sich zwischen Nu Country, Folk, Bluegrass, Blues und Dark Rock bewegt. Im Jahr 2006 ersann die Redaktion des Rolling Stone für ihr drittes Album "Springtime Can Kill You" das Prädikat "Feels better than a good cry".
Der erlösenden Kraft tiefer Emotionen widmet sich Jolie Holland auch auf "The Living And The Dead". Aber die Melancholie steht nicht mehr alleinig im Vordergrund, Zuversicht und Fröhlichkeit gesellen sich zu ihr. Die Songwriterin erzählt über den Song "The Future": "When I wrote that I was really kind of crying and holding on to the piano-it´s about the hell of breaking up and moving out at the same time." Unterlegt von einer zurückhaltenden, leise daherkommenden Melodie beschreibt der "Bohemian Lovesong" den Weg zur inneren Einsicht, dass Träume scheitern können, das Leben dennoch weitergeht und seine Schönheit behält.
Obwohl sie als Kind in Texas die weite Welt der Töne am Piano kennen lernte und ihre Songs heute noch an diesem komponiert, setzt sie bei der Umsetzung im Studio vor allem auf Saiteninstrumente. Oft steht eine Akustik- oder E-Gitarre im Mittelpunkt, gerne nutzt sie auch die Möglichkeiten von Twelve-Strings und National Steel. Daraus ergeben sich einfache, klare Melodien ("Mexico City" und "Palmyra") ebenso wie komplexe Song-Strukturen.
In "Your Big Hands" trifft rockige Wildheit auf folkige Atmosphäre und wird vom Blues durchdrungen. Der die Blutströme in Wildwasser-Strudel versetzende Grundrhythmus kitzelt Jolies Gesang aus der lässigen Attitüde heraus, die sie bei den meisten ihrer Songs einnimmt, und entlockt ihrer Stimme eine höhere Ton-Varianz.
Absolutes Highlight ist "Fox In The Hole", der die beste Erklärung dafür ist, warum sie ihr Gesamtwerk gern als "Spooky American fairytales" bezeichnet. Die bittersüß dahingesummte Hymne an den schlauen Vierbeiner, unterlegt mit gezupften Steel-Gitarren-Spiel und geheimnisvoll pulsierender Perkussion (Moog, Shruti Box und Drums), sorgt für Gruselschauer auf der Haut und regt eine Seelenreise in die innere Fabelwelt an.
Weiterhören: Neko Case und Robert Plant und Alison Krauss.
Jolie Holland im Netz: www.jolieholland.com und auf Myspace
AVIVA-Tipp: Mit ihren poetisch schönen Lyrics und den erdverbundenen Melodien lockt die Songwriterin verborgene Gefühle hervor, fängt sie gekonnt auf und gibt der Seele Trost, Anregung und die Zuversicht, neue Pläne zu schmieden.
Jolie Holland
The Living And The Dead
Label: Anti/SPV, erschienen November 2008