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Beitrag vom 07.06.2011
Yael Naim - She was a boy
Marie-Luise Wache
In Zusammenarbeit mit David Donatien ist der tunesisch-französischen Sängerin mit dem dritten Album ein Werk gelungen, das mit geradlinigem Pop und leichten Melodien wieder einmal ihr...
... außerordentliches musikalisches und komponistisches Talent unter Beweis stellt.
Natürlich liest sich der musikalische Weg Yael Naims zuerst wie eine Traumkarriere, auf die jedes junge Talent nur neidisch blicken kann: Junge, klassisch ausgebildete Musikerin zieht nach Paris, schon nach dem ersten Konzert dort wird sie von einer Plattenfirma unter Vertrag genommen. Apple-Genie Steve Jobs wählt einen Song ihres zweiten Albums für die Kampagne des MacBook Air aus, es folgen zwei Millionen verkaufte Singles, das Album "Yael Naim" wird in 35 Ländern veröffentlicht und mit Preisen und einer Echo-Nominierung bedacht.
Als Tochter tunesischer Eltern wird Yael Naim 1978 wird in Paris geboren. Im Alter von vier Jahren zieht Yael mit ihrer Familie nach Israel. Die nächste Zeit verbringt sie in einer Kleinstadt nahe Tel-Avivs, wo sie ihrer Liebe zur klassischen Musik in Form von Klavierstunden am Konservatorium nachgeht. Der Vater kann sich für diese Musikrichtung allerdings nur schwer begeistern, zu Hause werden konsequent "The Beatles" gehört. Mit zwölf Jahren lässt sich Yael schließlich auf den Musikgeschmack ihres Vaters ein, lässt das Klavierspielen sein, fängt an zu singen, zu komponieren und Gitarre zu spielen. Mit 18 trifft sie in einem Jazzclub in Tel Aviv auf Wynton Marsalis, der sie spontan einlädt, mit ihm und seiner Band aufzutreten.
Nach zwei Jahren obligatorischen Wehrdienstes, die sie im Militärorchester spielend verbrachte, tourt sie mit ihrer Band "The Anti Collision" durch Israel.
Eine Einladung zu einem Charity-Konzert nach Paris im Jahr 2000 führt sie schließlich in ihre Heimatstadt zurück, wo kurze Zeit später die erfolgreiche Karriere ihren Anfang nimmt.
Der Weg zum Erfolg jedoch war hart. Yael Naim kämpft sich in Paris durch schwere Jahre, ist unglücklich. Bis sie bei einer Jamsession den Percussionisten David Donatien kennenlernt. Sie spielt ihm ihre Lieder vor, er wird fortan ihr musikalischer Weggefährte und ermutigt sie, nur auf ihre eigene Stimme zu hören.
Unbeschwert musizieren sie in Yael Naims Wohnung in Paris, sie beschreibt die Zeit später als die Glücklichste in ihrem Leben. Zweieinhalb Jahre komponieren und arrangieren die beiden an Liedern, auf denen Yael Naim neben englisch auch hebräisch singt. Eine Arbeit losgelöst von Zwängen, denn wer wollte schon ein Album veröffentlichen mit hebräischen und englischen Balladen? Ein kleines unabhängiges französisches Plattenlabel namens Tot ou Tard will.
Das Album "Yael Naim" erscheint und es ist genau das, welches später Steve Jobs in die Hände fällt. "New Soul" heißt der Song, mit dem er sein MacBook Air bewirbt. Und auch Yael Naim ist zu dem Zeitpunkt so eine "New Soul". Zurück auf der Erfolgsspur, aber mit einem neuen, geläuterten Selbstverständnis, hat sie ihre Stimme gefunden.
Allen Songtexten auf dem dritten Album "She was a boy" ist zu eigen, dass die Sängerin von den eigenen Beobachtungen ausgeht. Sie ziehe das "Ich" als Erzählpunkt dem "Wir" vor und verzichte auf Botschaften für die Welt.
So verarbeitet sie in "Come Home" die sehr intime Beziehung zu ihren Eltern und deren Erwartungen, an eine Rückkehr Yaels nach Israel. Die Schwere des von Enttäuschung und Unverständnis geprägten Themas wird durch leichte Klänge von Ukulele, Klarinette, Flöte, mehreren Backgroundvokals und Lachen durchbrochen. Die sich im Refrain wiederholenden Rufe der Eltern "Come home, come home" bilden ein Mantra, welches der Hörerin, gleichzeitig mit dem schnellen Rhythmus, im Ohr bleibt.
Der besondere Charakter des dritten Albums ist die Kombination von melancholischen Texten mit leichten Melodien und Rhythmen. Dabei rücken die eingängigen Melodien zunächst in den Vordergrund und verführen zum Mitsummen, erst bei mehrmaligem Hören werden die Texte dominanter und die Tiefgründigkeit fordert mehr Platz ein.
Ein gutes Beispiel dafür ist das Lied "Go to the river". In diesem mischen sich die tragischen Textzeilen "when you feel ashamed, go to the river, when you´re feeling stuck in pain, forever, go go go go go tonight" mit einem rhythmischen Klatschen, hohen Hintergrundrufen, einem Sing Sang aus sich wiederholenden Wörtern und einem skurril anmutenden Keyboard-Sound.
Die Intimität und die Wärme, die Yael Naim in ihrem Apartment einfängt, das sie zum Studio umgebaut hat, sowie das Arbeiten im ganz eigenen Tempo zeichnen die Klänge auf dem neuen Album besonders aus. Verschiedenste Instrumente, wie Indisches Harmonium, Xylophon, Piano, Klarinette oder Saxophon bilden eine Harmonie, die aber in jedem Lied durch einen neuen Rhythmus und eine andere Zusammensetzung variiert. "She was a boy" deutet an, das Yael Naim und David Donatien in Zukunft noch weiter ihre Genregrenzen ausloten.
Und in zehn Jahren? Yael Naim lacht, "Ich mache keine Pläne mehr, das habe ich gelernt in den vier Jahren Down & Out. Jedes Mal wenn ich Pläne mache, liefen sie in die entgegen gesetzte Richtung. Und wenn es doch so lief wie beabsichtigt, fand ich heraus, dass ich genau das nicht wollte."
AVIVA-Tipp: Auch in "She was a boy" sind die zu erwartenden Ohrwürmer reich gesät, die Besonderheit des Zusammenspiels zwischen Text und Melodie aber ist es, was das Album auszeichnet und so auch die kommenden Sommertage und -nächte bereichert.
Yael Naim
She was a boy
Label: Tot Ou Tard, VÖ April 2011
www.yaelweb.com
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(Quellen: Jüdisches Berlin, MCT Agentur GmbH)