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Beitrag vom 16.07.2010
Nina Hagen - Personal Jesus
Claire Horst
Es wurde alles schon hundert Mal gesagt: große Stimme, nervige Person, schade, dass sie so spirituell geworden ist, da war doch was mit Ufos und so weiter. Trotzdem bleibt es dabei: Nina Hagen ...
... ist eine der ganz wenigen großen Stars, die dieses Land hervorgebracht hat.
Und allein dafür, dass ihr die Reaktionen der Öffentlichkeit vollkommen gleichgültig sind, gehört sie verehrt, so sehr ihr "Jesus-liebt-dich-und-mich-und-uns-alle"-Gepredige nerven mag. Mit ihren inzwischen 55 Jahren ist Nina Hagen immer noch genauso energiegeladen und unangepasst wie 1979. Allerdings äußert sich ihre ausgefallene Persönlichkeit heute anders. Statt in spießigen Talkshows die weibliche Masturbation zu demonstrieren, singt sie Lobeshymnen auf Jesus Christus.
Von mir aus, will man da sagen. Immer noch besser als langweiliger Mädchenpop. Und ihr neues Album beweist wieder einmal, was Nina Hagen vor allem ausmacht: eine grandiose Stimme. Allen voran ist es ihre Version von Depeche Modes "Personal Jesus", die beeindruckt. Pure Americana ist das, näher an Johnny Cashs Version als am Original, mit schweren Blues-Gitarren und einem knarzenden Bass.
Nina Hagen muss sich tief in die amerikanische Musikgeschichte eingegraben haben, um dieses Album zu produzieren. Titel wie Margaret Allisons "I´ll live again" gehören zu den Klassikern des amerikanischen Gospels und enthalten dann auch jeweils schätzungsweise 34mal die Zeile "Praise the Lord". Gospelchöre sollte man genauso wenig scheuen wie Hagens immer noch vorhandenen Sinn für Humor, der sich stellenweise in exaltierten Kieksern und kehligem, heiserem Keuchen äußert.
An ihrem Talent gezweifelt hat sie noch nie, und so meistert sie auch vorgeprägte Songs wie das Traditional "Run On", das kein Geringerer als Elvis bereits interpretiert hat. Überraschend in der Sammlung religiöser Songs kommt dann "All you Fascists" daher, ein Song des Sechziger-Jahre-Superbarden Woody Guthrie, den Nina Hagen mit rollenden RRRs und wahrscheinlich rollenden Augen singt. Leider wirkt der Titel in ihrer weniger wütenden als an ein irisches Trinklied erinnernden Version etwas albern. Groß dagegen sind ihre Interpretationen von "Nobody`s Fault But Mine" und "Sometime I Ring Up Heaven". Wirklich berührend.
AVIVA-Tipp: Nina Hagen bleibt eine coole Socke. Vielleicht wird ihr neues Werk nicht zu einem Lieblingsalbum werden, das im CD-Player auf und ab läuft, aber galt das jemals für ihre Alben? Auch Klassiker wie "Nina Hagen Band" von 1978 waren schon anstrengend - und alles andere wäre eine Enttäuschung. Vorwerfen kann man der Sängerin höchstens, dass die meisten dieser Titel schon oft gecovert wurden, und oftmals auch mit mehr Erfolg.
Nina Hagen
Personal Jesus
Koch Universal
VÖ: 16.07.2010
Nina Hagen im Netz: Nina Hagens Interims-Homepage
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