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Beitrag vom 23.11.2009
Martha Wainwright - Sans Fusils, Ni Souliers, A Paris. Martha Wainwright`s Piaf Record
Claire Horst
Ein ganzes Album mit Edith Piaf- Coversongs? Sehr riskant. Wer die Latte so hoch hängt, kann leicht danebenliegen. Martha Wainwright gelingt das Kunststück. Schon bei der Auswahl der Songs
...beweist sie ein gutes Händchen.
Nicht nur berühmte und bereits in unzähligen Coverversionen vorliegende Titel wie "L`accordéoniste" sind es, an die sie sich hier gewagt hat, und das meist unvermeidliche "Non, je ne regrette rien" fehlt dankeswerter Weise gleich ganz. Stattdessen hat Wainwright Songs ausgewählt, die zum Teil nicht einmal auf den "Best Of" - Platten der Piaf vertreten sind. Und einige Chansons der Französin sind wie geschaffen für den melancholischen Gesangstil der sonst auf eigenes Songwriting vertrauenden Folkmusikerin, die ihren Hang zur Theatralik hier voll einsetzen kann. Sie selbst sieht in dieser Gefühlsbetonung ihre Ähnlichkeit mit der großen Chanteuse: "Es gibt bestimmte Aspekte an ihr, die mich immer beeinflusst haben. Ihre Stimme ist gefühlsgeladen und empfindsam. Sie ist eine unglaublich emotionale Sängerin und ich war immer eine unglaublich emotionale und schmerzerfüllte Sängerin."
Die in Montréal aufgewachsene und an einer französischsprachigen Schule ausgebildete Wainwright singt die Songs der Piaf, ohne in die naheliegende Falle zu tappen: Die Re-Inszenierung einer Kitsch-Ikone hätte es werden können, eine weitere Nachahmung des traurig-pathetischen "Spatzen von Paris", ein Fehler, der auch dem Biopic "La Vie en Rose" vorgeworfen wurde. Aber nein, diese Klippen umschifft Wainwright geschickt, und das Publikum des Live-Konzertes – das Album wurde im Juni 2009 in einem New Yorker Konzertsaal aufgezeichnet – dankt es ihr mit begeistertem Applaus.
Ergreifend und verletzlich wie die Piaf singt Wainwright ihre traurigeren Chansons, und beinahe ebenso schnodderig und herausfordernd wie Edith Piaf selbst bietet sie das kämpferische "Non La Vie N`est Pas Triste" dar. Den im Titel "Les Blouses Blanches" geschilderten einsamen Wahnsinn lässt Wainwrights Interpretation ähnlich vorstellbar werden wie Edith Piaf. Und genau in all diesen "ebenso wie Piaf" und "ähnlich wie Piaf" liegt der Haken. Zwar ist es ein Cover-Album geworden, das sich hören lassen kann. Die Sängerin mit den vielen berühmten Verwandten beweist, das auch sie über eine wunderbare Stimme verfügt. Begleitet wird sie einfühlsam von dem Pianisten Thomas Bartlett und dem Gitarristen Doug Wieselman. Doch eine Neuerfindung der Chansons ist es nicht, die sie hier vorlegt. Eine gut gemachte Hommage ist es eher, die Lust dazu macht, sich das Original noch einmal anzuhören.
AVIVA-Tipp: Bis auf einige Stücke wie das schmachtende und etwas zu süßlich interpretierte "Soudain Une Vallee" erfasst Wainwright die dramatische und zugleich traurige Grundstimmung der Chansons dennoch sehr genau. Es könnte also genau der richtige Soundtrack für einen trüben Novemberabend werden, den sie hier vorgelegt hat.
Die Künstlerin im Netz: www.marthawainwright.com
Martha Wainwright – Sans Fusils, Ni Souliers, A Paria. Martha Wainwright`s Piaf Record
54 Minuten
Cooperative/UNIVERSAL
VÖ: 04.12.2009
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