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Beitrag vom 16.09.2009
Florence and the Machine – Lungs
Claudia Amsler
Nach den erfolgreichen Singles "Kiss with a Fist" und "Dog Days are over" erschien das Debutalbum "Lungs" im Juli 2009. Es offenbart die mannigfaltige musikalische Reise der britischen ...
... Singer-Songwriterin Florence Mary Leontine Welch. Eine Reise durch tiefe Soul & Folk Gewässer, über energische Tonhöhen bis hin zu rauchigen Punktönen.
"Die Musik, die Lily Allen oder Kate Nash machen würden, wenn sie eingeschlossen in einem Käfig voller Schlangen im Keller eines Beerdigungsinstituts in Louisiana aufgewachsen wären." Mit diesen doch unerwartenden Worten beschreibt Florence ihre Musik, welche sie mit ihrer Begleitband "the Machine" zum Glühen bringt.
Unerwartet und überraschend, da die ersten Songs des Albums, so etwa Dog Days are over oder Rabbit Heart, eher das Gefühl von einem verzauberten Wunderwald mit geheimnisvollen Blumen versprüht, an denen elfenhafte Wesen vorbeischwirren. Doch sobald die Konzentration und der Gehörsinn nicht mehr nur auf die fantastischen Klänge gerichtet, sondern der Inhalt der Texte fixiert wird, ist klar, dass Florence and the Machine nicht irgendwelche romantisierenden, ja phantastischen Märchengeschichten auftischen, denn das Tischlein deckt sich doch bald mit schwerer Rohkost wie Tod und Trennung. Dennoch wiegt diese Kost nicht bleischwer, denn durch die ironisch angehauchten und doch abstrakten Texte verliert das ganze an Schwere, jedoch nicht an Inhalt.
Durch den Song Howl illustriert Welch, dass sie mit ihrer ergreifenden Stimme nicht klagend heult, sondern energisch ist, voller Intensität und Authentizität mit einer gehörigen Prise Wiedererkennungswert. Diese doch sehr kraftbeladenen und manchmal auch deprimierenden Töne werden von der Begleitband mit sanften Streichern und weichen Tönen abgefedert. Textstellen wie "Your song remind me of swimming which I forgot when I started to sink" werden nicht in deprimierende, sondern in melancholische, manchmal vielleicht sogar manische Klänge getränkt. So ist der Geist in ihren Lungen, von dem sie in "I´m not calling you a liar" singt, ein Geist, den wohl Florence and the Machine jeder Rezipientin einhaucht. Ein Hauch von Ironie, Melancholie, Glückseligkeit und Fairytale, gepaart mit einem energiegeladen musikalischen Hintergrund wie auch Vordergrund. Ein Hauch, der sich wie Zigarettenrauch in unseren Lungen festsetzt und dort verharrt.
Doch Florence and the Machine zieht nicht nur die stillen ZuhörerInnen zu Hause in ihren Zauber, sondern auch die britische Presse und andere namhafte Bands. Bevor die Chanteuse mit ihrer Begleitband das Debutalbum publizierte, wurde sie bereits tatkräftig von BBC unterstützt. Zudem erhielt die Band im Februar 2009 den Critics Award der Brit Awards, der nur KünstlerInnen zuerkannt wird, die noch kein Debutalbum veröffentlicht haben. Florence and the Machine konnten unter anderem bereits als Vorband von MGMT auftreten, und mit Friendly Fires, Glasvegas und White Lies an der NME-Awards Tour teilnehmen.
Bevor Welch mit ihrer Stimme MGMT entzücken konnte, zog sie schon als kleine Florence die Menschen ihrer Umgebung in ihren Bann. Mit elf Jahren nahm sie ihre ersten Gesangsstunden und übte mit Ausdauer italienische Arien und Soul-Nummern von Dusty Springfield. "Es war eine eigenartige Mischung und ich denke, von ihr habe ich meine grosse Bandbreite", sagt die Musikerin selbst. Schliesslich brach sie das angefangene Studium am Camberwell College of Arts zugunsten ihrer Musikkarriere ab. Als Welch 2006 Mairead Nash in einem Londoner Club antraf und ihre Chance witterte, gab sie eine Blues Ballade zum Besten. Das Mitglied des DJ-Duos Queens of Noize war so begeistert von ihr, dass sie nicht zögerte, Florences Management zu übernehmen. Dem Durchbruch von Florence and The Machine stand nichts mehr im Wege.
Anspieltipps: My Boy builds Coffins
AVIVA-Tipp: "Lungs", ein melancholisch manisches Album von Florence and The Machine, lässt das kindliche Herz höher schlagen, öffnet die latente Märchenwelt und prescht sich so durch die Oberflächenstruktur des Erwachsenenglobus. Frau wird mit nachdenklichen Texten konfrontiert, die jedoch kein depressives Potential aufweisen. Ein Album, das nach Tiefen grübelt, aber gleichzeitig eine Unbeschwertheit des Herzens auslöst.
Ein Stück Musik für Bettlerinnen und Königinnen.
Florence and The Machine im Netz: florenceandthemachine.net
Florence and The Machine
Lungs
Label: Island/ Universal VÖ: Juli 2009