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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 22.02.2012


Anna Ternheim - The Night Visitor
Lisa Erdmann

Einen Hang zur somnambulen Mystik hatten die Songs der Schwedin Ternheim schon immer. Auf ihrem aktuellen Longplayer steht jedoch neben zarten Folk-Melodien vor allem ihr Seefrauen-Gesang im Fokus.




Hört frau Ternheim`sches Liedgut - am liebsten an grauen Herbstabenden oder im Hintergrund eines Wallander-Krimis - so ist sie schnell überzeugt, dass manchmal weniger wirklich mehr ist. Da reichen ein paar Akkorde auf der Akustik-Gitarre (hier eine Second-Hand-Gibson aus den 1930er Jahren) und die zart-kratzige, sensible Stimme der 33-Jährigen und schon läuft das Kopfkino auf Hochtouren. Mit ihrem Heimatland haben auch die aktuellen Songs der Skandinavierin dabei wieder eher wenig gemeinsam. Sowohl Texte als auch Melodien lassen dank Finger-Picking und Bluesgefühl eindeutig eher amerikanische Südstaatenwurzeln als nordisches Blut vermuten.

Kein Wunder also, dass Frau Ternheim ihr mittlerweile viertes Studioalbum "The Night Visitor" im Folk- und Country-Mekka Nashville, Tennessee aufgenommen hat. Gemeinsam mit dem Produzenten Matt Sweeney (Cat Power, Bonnie "Prince" Billy) und dem ehemaligen Jonny-Cash-Tontechniker Dave Ferguson bereiste die Ausnahme-Songwriterin die Nacht und kreierte ein Album, das vor allem durch unaufgeregt-zarte Balladen glänzt. Dabei geht es, wie so oft, um Gewinn und Verlust, GefährtInnen und Fremde, das Leben, die Liebe und den Tod. Der Albumtitel "The Night Visitor" kommt dabei nicht von ungefähr. Ternheims Vorlieben für das Dunkle und Mystische erklärt die Sängerin folgendermaßen: "Am Tag meiner Geburt im Jahr 1978 gab es einen Stromausfall. Ich kam um drei Uhr früh beim Schein von Taschenlampen zur Welt. Deshalb komponiere ich nächtliche Musik. Das war immer so und wird wohl auch ewig so bleiben."

Eines der Albumhighlights bildet das von Pat McLaughlin geschriebene Duett "The Longer The Waiting, The Sweeter The Kiss" mit David Ferguson, das einst Country-Legende Josh Turner zum Besten gab. Auch die somnambulen Tracks "Bow Your Head" und "Solitary Move" gehen unter die Haut. Countryresk mutet vor allem der Song "Lorelie-Marie" an, welcher von der Schönheit der Natur erzählt und vertont, wie es ist, den Tag mit der oder dem Geliebten zu verbringen und nicht darüber nachzudenken, was die Zukunft bringt. Das Gefühl, sich einfach treiben lassen zu können, findet frau schließlich in "Walking Aimlessly".

Für den Live-Charakter, den diese LP mehr als alle Vorgängeralben bietet, wurden die Stimmen fast vollständig zusammen mit den Gitarrensounds aufgenommen. Nur sehr wenige MusikerInnen wagen heutzutage noch diesen Schritt, was "The Night Visitor" umso mehr zu einem Gesamtkunstwerk - nicht nur in der Nacht -erstrahlen lässt.

Anna Ternheim im Netz: www.annaternheim.com

AVIVA-Tipp: Anna Ternheim ist zugleich jung und weise, ihre Songs sind voll infantilem Verlangen nach der Ergründung des Unerforschten. Die sparsam instrumentierten Songs der Schwedin überzeugen alle, die eine Vorliebe für zurückhaltenden Indie-Folk, dezente Arrangements, eigenwillig-sensible Frauenstimmen und berührende Herz-Schmerz-Songs haben.


Anna Ternheim
The Night Visitor

Label: Universal Music, VÖ: Oktober 2011


Weiterhören auf AVIVA-Berlin:

Anna Ternheim – Seperation Road

Anna Ternheim - Leaving On A Mayday


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Beitrag vom 22.02.2012

Lisa Erdmann