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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 13.10.2016


Madeleine Peyroux - Secular hymns
Silvy Pommerenke

Die Idee an sich klingt vielversprechend: Peyroux reduziert sich auf Stimme, Kontrabass und Gitarre. Auch der Aufnahmeort klingt äußerst interessant: eine kleine, historische südostenglische Kirche. Aber, das Ergebnis ist nicht überzeugend…




Madeleine Peyroux ist seit zwei Jahren als Trio mit Gitarrist John Herington und Bassist Barak Mori unterwegs, aber das, was sich im ersten Moment als besonders kreativ und innovativ anhört, nämlich dass Peyroux eine beschauliche Kirche für drei Tage angemietet hat, um an diesem ungewöhnlichen Ort ihr neues Album aufzunehmen, klingt dann auf der heimischen Anlage eher wie ein schnell produziertes Album mit Cover-Versionen von u.a. Sister Rosetta Tharpe, Stephen Foster und Willie Dixon. Was kann frau/man schon erwarten, wenn von den drei Tagen einer für den Soundcheck, einer für einen Live-Auftritt vor den DorfbewohnerInnen und lediglich einer nur für die Aufnahme des Albums eingeplant ist. Es mag ja sein, dass es nach Aussage der Sängerin: "wahnsinnig Spaß gemacht [hat], dort mit Jon und Barak zu spielen, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Chemie zwischen uns so großartig ist". Aber Spaß haben und drauflos spielen reicht einfach nicht, um aus "Secular hymns" ein einzigartiges Hörerlebnis zu schaffen.

Dabei hat Peyroux tatsächlich schon unvergessliche Alben aufgenommen, allen voran "Dreamland" von 1996 und "Careless love" von 2004, auf dem Vergleiche mit Billie Holiday durchaus berechtigt sind. Das war Vocal-Jazz vom Feinsten! Trotzdem machten sich bereits auf den letzten Alben immer deutlichere Akzente von Country- und Blues-Musik breit. Vielleicht geht Peyroux damit ihren amerikanischen Südstaatlerinnen-Wurzeln nach, und vielleicht muss frau/man AmerikanerIn sein, um die "spirituelle" Aussagekraft dieses Albums zu verstehen. Von ihren Eindrücken, die sie als junge Straßenmusikerin in Paris gemacht hat, ist musikalisch jedenfalls nichts mehr auf dem aktuellen Album zu hören.

Ein weiteres Manko dieses Albums ist die Spieldauer, denn noch nicht einmal 35 Minuten Musik sind auf dem Silberling, und das wäre selbst zu Vinyl-Zeiten äußerst wenig gewesen. Wenn dann aber wenigstens der Inhalt umwerfend wäre, dann könnte frau/man/ darüber hinwegsehen, aber so hinterlässt das neue Album von Peyroux lediglich einen blassen Eindruck, der auch nicht durch "The highway kind" (aus der Feder von Townes van Zandt) und "Tango Till They´re Sore" (im Original von Tom Waits, der durchaus positiv aus den anderen neun Songs heraussticht) gerettet werden kann.

AVIVA-Fazit: Für LiebhaberInnen von spartanischer Blues-, Gospel- und Country-Musik (und demzufolge von Steelguitars...), mag "Secular hymns" ein Ohrenschmaus sein, für diejenigen, die eher dem Vokal-Jazz zugeneigt sind, ist das neue Werk von Madeleine Peyroux eher nichts. Schade!

Madeleine Peyroux
Secular hymns

Label: Impulse! Records
VÖ: September 2016

Madeleine Peyroux im Netz: www.madeleinepeyroux.com
Dass Reduktion im Arrangement und in den Instrumenten durchaus seine Vorzüge haben kann, können Sie hier anhand des brillanten Songs "Moon River" von Madeleine Peyroux in Begleitung vom chinesischen Pianisten Lang Lang hören!

Weiterhören auf AVIVA-Berlin:

Half the perfect world
Jazzmusik ganz im Stile der dreißiger und vierziger Jahre, "in einer derart souverän-lässigen Manier interpretiert, als wäre sie selbst eine Zeitgenossin dieser legendären Künstlerinnen gewesen." (2006)

Bare Bones
Die zurückhaltende und medienscheue Sängerin hat ein stilistisch sehr differenziertes viertes Album aufgenommen, das Elemente von Jazz, Folk und Blues aufweist. Ihre Stimme überzeugt dabei einmal mehr, und die Ähnlichkeiten mit ihrer großen Schwester `Billie Holiday ist frappierend. (2009)

Standing On The Rooftop
Mit mutigeren Klängen, einer reiferen Stimme, die sich auch über den Jazz hinaus orientiert und neuen musikalischen WeggefährtInnen begeistert die US-amerikanische Sängerin mit einem fünften, abwechslungsreichen Album. (2011)



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Beitrag vom 13.10.2016

Silvy Pommerenke