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Beitrag vom 20.02.2015
Christine and the Queens - Chaleur Humaine
Christina Mohr
Christine and the Queens gibt es eigentlich gar nicht - es gibt nur Héloise Letissier, die sich einen sehr ungewöhnlichen Künstlerinnennamen ausgesucht hat. Die Entstehungsgeschichte von ...
... Christine and the Queens geht so, dass die französische Singer-/Songwriterin, Tänzerin und Sängerin Héloïse Letissier von den Performances der Pariser Drag-Truppe The Queens so begeistert war, dass sie den Queens mit ihrem eigenen Projekt huldigen wollte – und sie seither als imaginäre Begleiterinnen im Namen mit sich trägt. Allerdings tritt Letissier/Christine solo auf und zeichnet auch für ihr Album "Chaleur Humaine" allein verantwortlich.
Nach einigen EPs und Singles, die Christine and the Queens in den vergangenen drei Jahren veröffentlichte, wurde das Debütalbum sehnlichst erwartet: Sie spielte unter anderem bereits im Vorprogramm von Lilly Wood and the Prick, Woodkid, The Dø und Lykke Li und wurde seit 2012 einer breiten Öffentlichkeit bekannt.
Doch auch ohne direkte Anknüpfungspunkte zur Pop-Prominenz dürfte Christine and the Queens die Aufmerksamkeit sicher sein: Letissier unterzieht das klassische Chanson einer stilsicheren Renovierung und interpretiert es im poppigen Kontext neu. Sie singt mal englisch, mal französisch, erinnert mit ihrer vollen, warmen Stimme durchaus an große Vorbilder, biedert sich aber nirgends an. Binnen kürzester Zeit – Christine and the Queens erste EP "Miséricorde" erschien 2011 – hat Letissier ihren eigenen, unverwechselbaren Ausdruck gefunden und verfeinert. Auf "Chaleur Humaine" gelingt ihr das Kunststück, dramatisch und leicht zugleich zu klingen. Sie schwelgt mit reduzierten Mitteln, kombiniert Streicher mit Synthies, Beats und Chorgesang, Chanson mit Elektro und übertreibt dabei niemals das Arrangement – die Songs sind sophisticated und doch so unmittelbar zugänglich wie französische Teenie-Filme aus den 1980ern (na klar, "La Boum"). Letissier belegt das durchaus neidbesetzte Vorurteil, dass Französinnen eben immer elegant sind – sei es modisch oder künstlerisch/musikalisch. Christine and the Queens geht es aber nicht nur um die Wirkung: Der Albumtitel "Chaleur Humaine" (menschliche Wärme) ist programmatisch zu verstehen. Die Songs thematisieren menschliche Beziehungen jeglicher Couleur, wobei das emotionale Spektrum vom bissigen "Christine" bis zum melancholisch-traurigen "Paradis Perdus" reicht, um Mobbing geht es in "Ugly-Pretty".
Den verehrten Drag Queens und Queers zollt Christine/Héloïse in mehreren Stücken Respekt: zum Beispiel in "Half Ladies", und im Opener "It", wo es im Refrain heißt, "she´s a man now, and there´s nothing you can do about it". "Chaleur Humaine" ist für Christine and the Queens keine leere Floskel, sondern Realität und Forderung zugleich.
AVIVA-Tipp: "Chaleur Humaine" ist so zeitlos wie avantgardistisch und damit nichts weniger als perfekter Pop.
Christine and the Queens
Chaleur Humaine
Label: Because/Warner. VÖ: 20.02.2015
CD, 11 Tracks
Christine and the Queens im Netz:
www.christineandthequeens.com
Weiterhören auf AVIVA-Berlin:
Paris Connection - feat. Brigitte, Imany, Berry, La Grande Sophie und Christine and the Queens