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Beitrag vom 03.03.2014
Judith Holofernes - Ein leichtes Schwert
Natalie Siehr
2005 textete sie noch "Gekommen, um zu bleiben" für ihre Band "Wir sind Helden" und landete damit einen Hit. Aber wie so oft im Leben kam es dann auch für Judith Holofernes irgendwie anders...
2011 hieß es: "Wir sind raus". Die Band "Wir sind Helden" entschied sich nach elf sehr erfolgreichen Jahren erst mal eine Pause einzulegen. Damit wurde es auch still um die Frontfrau und Texterin Judith Holofernes.
Nun ist sie mit ihrem Soloalbum "Ein leichtes Schwert" zurück und fast schon omnipräsent in den Medien. "Wir sind Helden" gehörten damals zu den meistbesprochenen Bands Deutschlands und Judith Holofernes war eine äußerst gefragte Interviewpartnerin. Das hatte sowohl mit den Texten, die sie für die Band schrieb, als auch mit ihrer sympathischen und bodenständigen Art zu tun. Mit ihren Texten traf sie ziemlich genau den Nerv der Zeit. Viele konnten sich in den alltagsnahen Geschichten, die sie erzählte, wiederfinden. Vor allem ihre Kapitalismus- und Konsumkritik kam bei den Fans gut an, auch wenn KritikerInnen sie dafür auch gern belächelten. Doch nach vier Alben und fünf Jahren auf Tour, mit ihren Kindern im Gepäck, war es Zeit für eine Pause.
Ohne dass Frau Holofernes es von langer Hand geplant hätte, ist ihr Soloalbum "Ein leichtes Schwert" ein bisschen wie nebenbei entstanden. Dafür hat sie sich eine bunte Mischung an UnterstützerInnen ins Boot geholt, wie Mama Rosin, eine Cajun Rhythm and Blues Formation aus der Schweiz. Daneben findet sich auch noch Tobias Jundt, aka Bonaparte. Das Ergebnis ist ein Album, dass vor offensichtlicher Freude am eigenen Tun nur so strotzt. Musikalisch ist es verschwurbelt, sehr temporeich und ungeschliffener als der Sound von "Wir sind Helden".
Der Opener "Nichtsnutz", eine charmante Ode an den Müßiggang, schwingt sich leichtfüßig und mit eingängigem Rhythmus ein und hat Ohrwurm-Potential.
Darauf folgt klassischer Rock´n´Roll-Country-Sound wie im rührenden "Pechmarie", in dem Frau Holofernes eine kleine Geschichte über den nicht immer heiteren Alltag als Mutter erzählt.
Eine Perle des Albums ist "Liebe Teil 2 Jetzt erst recht". Ein unromantisches romantisches Liebeslied für all die gestressten und müden Eltern dieser Welt. Was Judith Holofernes gleich unter den Verdacht stellte, eine "Mutti-Platte" aufgenommen zu haben und sich ins Private zurückzuziehen. Aber wer sich durch das Album hört, merkt sehr schnell, dass das nicht der Fall ist. Die Themen sind vielfältig, die Texte purzeln zwischen Dada und Tiefgründigkeit hin und her und ja, es kommen auch mal Kinder darin vor. Aber Judith Holofernes hatte schon immer den Anspruch, Texte zu schreiben, die nah am Alltag sind.
Und bei aller Alltagsnähe gelingt ihr eben auch immer eine schöne Form der Poesie, wie in dem Stück "Brennende Brücken".
AVIVA-Tipp: Auf ihrem Blog schreibt Frau Holofernes, wie sehr sie "Graceland" von Paul Simon liebt und wie sehr ihr Herz für den Südstaaten-Sound wie Delta Blues und Cajun schlägt. Das ist ihrem Solo-Album anzuhören. Und auch wenn ihr Gesang an manchen Stellen ein wenig quietscht, macht die unbändige Spielfreude das wett. Ein Album nicht nur für eingefleischte "Helden"fans, sondern auch für Freundinnen eines leicht ungeschliffenen, aber dafür voller Herzblut steckenden Musikvergnügens.
Judith Holofernes
Ein leichtes Schwert
VÖ: 07.02.2014
Label: Four Music
Judith Holofernes im Netz:
www.judithholofernes.com
www.youtube.com
Weiterhören auf AVIVA-Berlin:
Die Reklamation, das neue Album von Wir sind Helden sowie ein Interview mit Judith Holofernes und Pola (2003)