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Beitrag vom 06.11.2013
Buika - La noche más larga
Lea Albring
Mit ihrer Genregrenzen sprengenden Flamenco-Musik ist es der Künstlerin längst gelungen, sich in die spanische Musiktradition einzuschreiben. Auf ihrem sechsten Album wendet sie sich dem Jazz zu...
... und betritt neue Wege, ohne dabei ihre musikalischen Wurzeln aus den Augen zu verlieren.
Nicht von ungefähr, so möchte frau meinen, folgt nach dem Umzug der Spanierin in die USA ein Album, das die neuen Einflüsse ihrer Wahlheimat aufnimmt und in ihrer Musik reflektiert. Egal ob topographisch oder künstlerisch – Grenzen sind für Buika da, um überschritten zu werden. Und so erobert sie mit "La noche más larga" scheinbar leichtfüßig und wie selbstverständlich ein neues musikalisches Terrain. Allerdings: Komplett unbekanntes Gebiet betritt die Sängerin nicht, schon früher machte sie Ausflüge in die Südstaatenmusik und experimentierte mit Jazz- und Swingeinflüssen. Und auch die enge Zusammenarbeit mit dem renommierten Jazzpianisten Chucho Valdes an dem 2009 veröffentlichten Werk "El Último Trago" dürfte den Boden für ihr nunmehr sechstes Album entschieden genährt haben.
Buika, die eigentlich MarÃa Concepción Balboa Buika heißt, wurde am 11. Mai 1972 in Palma de Mallorca geboren, ihre Liebe zur Vielfalt der Musik entdeckte die Tochter politischer Flüchtlinge Äquatorialguineas schon früh. In ihrem multikulturellen Umfeld lernte sie die unterschiedlichsten musikalischen Spielarten kennen. Bis heute schlagen sich diese Einflüsse in der Virtuosität und Experimentierfreude ihres Werks nieder. Ihrer typischen Mischung aus Flamenco, Funk, Pop und afrikanischen Klängen hat sie nicht nur diverse Grammy-Nominierungen, sondern vor allem eine große Fanbasis und begeisterte KritikerInnen zu verdanken. Spätestens seit dem Album "El Último Trago" fällt der Vergleich zu der 2012 verstorbenen Ranchera-Sängerin Chavela Vargas auffallend oft. Kein Wunder, coverte sie hier doch die Lieder der Mexikanerin mit der rauen Stimme, mit der sie auch sonst vieles gemeinsam hat. Beide sangen in verrauchten Bars, beide bekannten sich zu ihrer Liebe zu Frauen, beide haben den Regisseur Pedro Almodóvar als prominenten Fan. Zu dessen Film "Die Haut, in der ich wohne" steuerte Buika übrigens gleich mehrere Songs bei.
"Don´t explain", so lautet der siebte Titel des Albums, der ein Billie-Holiday-Cover und damit eine der Nummern ist, die sich ohne Widersprüche im Fahrwasser des Jazz´ verorten lässt– die rauchig-kehlige Stimme von Buika erinnert hier nicht nur entfernt an die Jazzlegende. Der Folgetrack trägt den Titel "No lo sé" ("Ich weiß es nicht") und ist ebenso ein melancholisch-trauriges Liebeslied wie der Holiday-Klassiker. "Yo aún sueño con ser tu puerta abierta" ("Ich träume noch immer davon, Deine offene Tür zu sein"), heißt es hier gefühlvoll und pathetisch. Der Jazzgitarrist Pat Metheny hat an dieser Nummer entschieden mitgewirkt und auch darüber hinaus großen Eindruck auf die Sängerin gemacht: "Er änderte mein Denken in dieser einen Woche, die wir damit verbracht haben, an dem Song zu arbeiten. Ich bin ihm wirklich sehr dankbar, denn er hat mir geholfen, viele Dinge loszuwerden, für die ich andere Dinge bekommen habe ohne das Gefühl zu haben, in seiner Schuld zu stehen."
Für sich genommen stehen beide Titel aber auch für das Spezifische des Albums: Weder erklären ("Don´t explain") noch wissen ("No lo sé"), sondern fühlen sollte die oberste Prämisse beim Abspielen der insgesamt 12 Titel sein. Gerade nach wiederholtem Hören mag es gelingen, die enge Verbindung von Jazz, Flamenco und afrikanischen Rhythmen – alles musikalische Spielarten von Variation und Improvisation – eher intuitiv zu verstehen denn intellektuell zu begreifen.
Fünf der zwölf Albumtracks, darunter auch die titelgebende Nummer "La noche más larga" hat die Sängerin selbst geschrieben, sieben weitere Stücke stammen aus fremder Feder. Auch deshalb kommt das Album nicht nur multimusikalisch, sondern ebenso multilingual daher: Neben spanischen und englischen Texten ist "Ne me quitte pas" ("Verlasse mich nicht") des belgischen Chansoniers Jacques Brel der französische Beitrag auf "La noche más larga".
AVIVA-Tipp: Alles in allem ist das Album nicht nur das Zeugnis für die anhaltende Revolte Buikas gegen starre Stil- und Rhythmuskonventionen, sondern ein Beleg dafür, wie es möglich ist, trotz – oder gerade wegen – einer künstlerischen Weiterentwicklung Kontinuität zu wahren. "La noche más larga" darf als eine Hinwendung zum Jazz begriffen werden, die es in einer solchen Konsequenz im Werk von Buika noch nicht gegeben hat. Die multimusikalische Handschrift der Sängerin wird dabei jedoch zu keinem Zeitpunkt komplett ausradiert.
Buika im Netz:
www.conchabuikamusic.com
www.facebook.com/BuikaMusic
www.buika.casalimon.tv
www.youtube.com
Buika
La Noche más larga
Warner Music Spain, VÖ 15.11.2013
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Buika - El Último Trago