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AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 14.03.2013


Franka De Mille - Bridge The Roads
Julia Lorenz

Mit dem Kopf in den Wolken und doch fest in der amerikanischen Folk-Tradition verwurzelt, erspielte sich die Londoner Künstlerin mit ihrem Debutalbum bereits Vergleiche mit Tori Amos, PJ Harvey...




...und Kate Bush. Wo soll das noch hinführen?

Wenn vom britischen MOJO-Magazine bis hin zu Frauen-Musikforen wie "The Girls are" KritikerInnen allerorts Lobeshymnen anstimmen und vor Begeisterung mit Höchstbewertungen um sich werfen, ist entweder eine neue Bob Dylan- oder Joni Mitchell-Platte erschienen - oder aber eine kleine musikalische Sensation auf dem Vormarsch. Dabei präsentiert sich Franka De Milles "Bridge The Roads" zumindest optisch eher als Beitrag zur Losung "Quiet is the new loud": Das Album ziert eine schlichte weiße Feder, aus deren Kiel sich lange Wurzeln ranken. Ob ästhetische Spielerei oder bewusster Kunstgriff - treffender hätte die Symbolik nicht gewählt werden können. Tatsächlich kommt "Bridge The Roads" beim ersten Hören federleicht daher, um bei näherer Betrachtung seine Tiefe zu offenbaren.

So im Eröffnungstrack "Come on", der um einiges poppiger anmutet, als die Albumbeschreibung vermuten lässt: "Americana trifft auf Kammermusik trifft auch Neofolk" heißt es von Seiten der Plattenfirma. Wer bei diesem Intermezzo an akustische Picking-Exzesse und eine Flut an verhuschten Singer-SongwriterInnen-Balladen denkt, liegt bei Miss De Mille falsch: Zur schärfsten Waffe der traditionellen Folkmusik - der Gitarre - gesellen sich ungewöhnliche Arrangements aus Geige, Cello, Akkordeon, Mandoline und Flöte. Das alles mutet so selbstbewusst, nuanciert und souverän an, dass frau sich hin und wieder verblüfft in Erinnerung rufen muss: Ja, dies ist ein Debut. Nur eben eines, das ohne Fingerübungen auskommt.

"I couldn´t have fallen any deeper/ I couldn´t have said the wrong things better", resümiert sie in "Fallen", einem Lied über die ungesunde Beziehung zu einem - laut eigener Aussage Frankas - "narcissistic bastard", dem sie keine musikalischen Tränen hinterherweint. Streicher bringen sanfte Melancholie in die entspannte Melodie, die sich angenehm vom pathetischen Gros der Trennungs- und Liebeskummersongs im LiedermacherInnenbetrieb abhebt. Mit "Gare du Nord", dessen dramatische Anfangssequenz bestens in der Schlüsselszene eines französischen Filmklassikers aufgehoben wäre, verarbeitet die Künstlerin die Beziehung zu ihrer Schwester, von der sie sich im Laufe ihres Lebens immer stärker entfremdete. "Birds" setzt die Familiengeschichte fort und berichtet vom Tod ihres Vaters - ruhig, wehmütig und stimmlich verblüffend nah an Patti Smiths leisen Momenten.

Die unprätentiöse und intime Stimmung, die mal unter Einsatz von Gitarre und Piano, mal mit komplexer Instrumentalisierung erzeugt wird, lässt HörerInnen spüren: Franka muss niemandem etwas beweisen. Die Künstlerin scheint den musikalischen Selbstfindungsprozess übersprungen zu haben und kreiert einen Sound, der sich gefällig gibt, aber dennoch nicht zu verorten ist: Ganz im Sinne des Albumtitels schlägt sie mit ihren neun Songs Brücken - von der Tradition zur Moderne und vom Pop zum Folk. Und zwar ganz schwindelfrei.

AVIVA-Tipp: Immer mit der Ruhe, bitte: "Bridge The Roads" ist ein Album, das wirken muss und mit jedem Replay an Schönheit gewinnt. Franka De Milles Debut changiert zwischen ausgefeiltem Songwriting und lebendiger Spielfreude und schafft dabei das Kunststück, Anspruch und Eingängigkeit zu versöhnen. Fazit: Hype genehmigt.

Zur Künstlerin: Franka De Mille stammt aus London und hat bereits mit ihrem ersten Album eine beeindruckende Karriere hingelegt: Neben begeisterten Pressestimmen sicherte sie sich durch ihre Teilnahme an der britischen Kampagne "Why Music Matters", in der KünstlerInnen berichten, warum Musik in ihrem Leben eine zentrale Rolle spielt, breites Medieninteresse.

Franka De Mille
Bridge The Roads

Label: Chi Wara Music / Soulfood
VÖ: 29. März 2013

Weitere Infos unter:

www.chi-wara-music.com

www.frankademille.com und auf Facebook

Weiterhören auf AVIVA-Berlin:

Tori Amos - Abnormally Attracted To Sin

Patti Smith - Banga

Sarah McLachlan - Fumbling Towards Ecstasy



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Beitrag vom 14.03.2013

Julia Lorenz