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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 10.10.2012


Bettye LaVette - Thankful N` Thoughtful
Katarina Wagner

Als Sechzehnjährige landete sie 1962 ihren Hit ´My Man – He´s a Lovin´ Man´ und ging mit Motown-Größen auf Tournee. Dann wurde es leise um die Sängerin. 50 Jahre später wird die Souldiva nun als...




...der Superstar anerkannt, der sie ist.

Bettye LaVette (eigentlich Betty Haskins) unterschrieb ihren ersten Plattenvertrag bei dem USA-weiten Label Atlantic Records. Das hatte schon aus Ray Charles und Ruth Brown Stars gemacht. Die in Detroit aufgewachsene Sängerin dachte, sie sei damit ihren Freunden bei Motown voraus. Leider kam es anders. Während Diana Ross, Marvin Gaye und andere Bekannte an ihr vorbeizogen, erfüllte sich das Versprechen über Ruhm und Erfolg für sie nicht.
Sie hangelte sich von Label zu Label, veröffentlichte mäßig erfolgreiche Singles und sang schließlich in größeren und kleineren Theaterproduktionen.

"There was a slew of big time execs, rich and powerful label owners who said I was the Next Big Thing. They all either disappeared, lied or died. And I was left to scramble. The scramble is my story."

Diese Lebensgeschichte hat Bettye nun auch niedergeschrieben. In der Autobiografie A Woman Like Me (bisher nur auf Englisch erschienen) reflektiert sie ihren steinigen Weg, ohne ihre dunkelsten Momente zu verschweigen. Die Sängerin erlaubt einen Einblick in die "pimp/producer culture" der Musikszene Detroits, erzählt von häuslicher Gewalt, Sex mit Produzenten und Kollegen wie Otis Redding und Affären mit Aretha Franklins Ehemann und auch, wie sie eine Keller-Party organisierte, damit der damals sechzehnjährige Stevie Wonder sein Erstes Mal haben konnte.

In den späten Neunzigern wurde Bettye dann von englischen Soul-Fans wieder entdeckt. Ihr großes Comeback feierte sie jedoch erst, als der französische Musiksammler Gilles Petard auf LaVette aufmerksam wurde. Der erwarb bei Atlantic die Lizenzen für das nie veröffentlichte Album Child of the Seventies und brachte es 2000 unter dem Titel Souvenirs heraus.

Nachdem sie sich 38 Jahre lang durchgeschlagen hatte, bekam die mittlerweile Mittfünfzigerin endlich den entscheidenden Anstoß für eine ihr gebührende Karriere. Für das Album A Woman Like Me erhielt sie 2004 den W. C. Handy Award für das "Comeback Blues Album of the Year" und I´ve got my own hell to raise stand auf vielen `Best of 2005`-Listen. Der Titel des Albums war einem Fiona-Apple-Song entliehen und jedes Lied auf der CD war eine Neuinterpretation eines von einer Frau geschriebenen Stücks.

Einige Longplayer später macht die Künstlerin nun mit Thankful N´ Thoughtful und der Autobiografie ihren Fans und sich selbst ein sehr persönliches Geschenk zum fünfzigsten Bühnenjubiläum.

"Thankful N´ Thoughtful tells you just where I am right now. I´m all caught up in gratitude for having won the endurance run."

Bettye LaVette ist keine Songschreiberin, sondern Sängerin – und was für eine! Es kann wohl niemand behaupten, dass ihr neues Album nur eine Compilation von Coversongs sei. Die Künstlerin eignet sich die Stücke an und füllt sie mit ihrer eigenen Lebensgeschichte.

"For me it´s all about reinvention. If you listen to this new record, you´ll hear me taking songs like `Dirty Old Town,´ an old Ewan MacColl ballad that Rod Stewart sang in the sixties, and talking about Northern, the high school I attended in Detroit, and the Graystone Ballroom, the place where I fell in love for the first time and decided to be an artist."

Die Lieder stammen aus unterschiedlichen Genres und Dekaden, bilden aber nicht zuletzt durch die raue Stimme der LaVette ein harmonisches Soul & R´n´B Album. Sogar der Gnarls-Barkley-Hit Crazy wird von ihr noch zu einem langsamen Blues verwandelt. Mit der Interpretation von I´m not the one von The Black Keys stellt Bettye deren Sänger mit ihrer kratzigen emotionsgeladenen Stimme so weit in den Schatten, als wäre der Song nur für sie geschrieben.

Andere Lieder wie Everything is broken von Bob Dylan, Everything knows this is nowhere von Neil Young, Time will do the talking von Patty Griffin oder auch Yesterday is here von Tom Waits sind wohl in beiden Versionen wunderbar.

AVIVA-Tipp: Nicht umsonst wird Bettye LaVette mittlerweile mit Aretha Franklin und Etta James auf eine Stufe gestellt. Die Sängerin mit der kraftvollen und angenehm kratzigen Stimme legt so viel Emotion in ihren Gesang, dass mensch, auch ohne die Biografie gelesen zu haben, das Gefühl hat, mit ihr durch dick und dünn gegangen zu sein.

Bettye LaVette
Thankful N´Thoughtful

VÖ: 21.9.2012
Label: Anti / Indigo

Weitere Infos unter:

www.bettyelavette.com

www.starkult.de

Weiterhören auf AVIVA-Berlin:

Bettye LaVette. I´ve got my own hell to raise

Aretha Franklin - Knew You Were Waiting. The Best Of Aretha Franklin 1980-1998


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Beitrag vom 10.10.2012

AVIVA-Redaktion