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Beitrag vom 13.09.2012
La Blanche Alchimie - galactic boredom
Susanne Schwarz
Der Name ist Programm: Geheimnisvoll und an manchen Stellen fast esoterisch klingt das neue Album des italienischen Popduos. Eine musikalisch vielfältige und unbedingt hörenswerte Veröffentlichung.
"Die Alchemie verfolgt uns seit dem ersten gemeinsam komponierten Song ´Sacred Alchemy´", erklärt das Duo auf seiner Website. Durch die richtige Mischung verschiedener Klänge und Sprachen würden sie stets versuchen, einen reinen Ausdruck zu finden. Daher kommt auch das Blanche (franz. Weiß) in La Blanche Alchemie: Weiß symbolisiere traditionell die Reinheit, führen die MusikerInnen ihre Überlegungen zum Bandnamen weiter aus.
Die Band – das sind und Jessica Einaudi und Federico Albanese. Die Vielfalt der gemeinsamen Stücke ist der Tatsache geschuldet, dass beide aus unterschiedlichen Ecken der Musik kommen. Während Albanese sich zuvor dem Rock gewidmet hatte und gleich mehrere Instrumente – Klavier, Bass, Klarinette und Gitarre – spielt, ist Einaudi in klassischem Gesang ausgebildet.
Getragen wird galactic boredom tatsächlich zu großen Teilen von Einaudis stimmlichem Einsatz – die Italienerin singt klar und zart. Sie unterstreicht die mystische Stimmung, die sich durch das Album zieht.
Viele der Songs sind sehr gitarren- und klavierlastig, das richtige Maß an übernatürlicher Atmosphäre wird durch elektronische Klangfarben und Streicher erzeugt. La Blanche Alchimie machen nachdenkliche Popmusik.
Doch abgesehen von dieser gewissen Melancholie, die der gesamten Veröffentlichung inherent ist, bringt diese eine beachtliche Vielfalt zu Tage.
Da gibt es das verspielte "Fireflies". Sehr energetisch beginnt es mit einem scheppernden Klavier, ab dem Refrain kommt ein graziles Xylophon hinzu – manchmal laut, dann geht es neben dem kräftigen Piano wieder nahezu unter.
"Cellar Disco Club" ist durch einen starken Bass und treibende Drums wesentlich rockiger und aufgeweckter.
Auch sehr ruhige Titel hat galactic boredom zu bieten. "Temples Burning" ist eines davon. Fragil zieht sich Einaudis Stimme durch das schlicht arrangierte Klagelied.
Produziert wurde das musikalische Portfolio von Einaudis Vater, dem Komponisten Ludovico Einaudi. Dieser ist bekannt dafür, minimalistische musikalische Fügungen den imposanten vorzuziehen – das ist auch auf galactic boredom zu hören. Statt auf epische Inszenierungen setzen La Blanche Alchimie lieber auf die Kontrastierung von zarten und kräftigen Instrumenten um Spannung zu erzeugen.
Die beiden KünstlerInnen besingen auf ihrem zweiten Album die Suche nach sich selbst und die Suche nach anderen. In der Single galactic boredom heißt es:
"I´ve been looking for perfection
I´ve been trying to destroy my cage
I still feel so disconnected
Cause I feel like I don't belong anywhere"
Da schafft der Refrain des Songs Abhilfe: "Let´s drown together into galactic boredom". Gemeinsames Ersticken in galaktischer Langeweile als Reaktion auf Desintegrationserfahrungen – klingt ein wenig abgefahren und auch nicht unbedingt schlüssig. Aber La Blanche Alchimie haben sich mit der Alchemie eben ein übersinnliches Spezialgebiet für ihren Namen ausgesucht, warum sollte sich das nicht auch in den Texten niederschlagen? Ob die Texte für die Hörerin ergiebig sind oder nicht, ist damit vielleicht einfach Geschmackssache. Im Zusammenspiel mit der Musik funktioniert das Geschriebene auf jeden Fall.
AVIVA-Tipp: Albaneses rockige und Einaudis klassische musikalische Herkunft harmonieren hervorragend miteinander und eröffnen ihrem gemeinsamen Projekt fesselnde Klangwelten.
galactic boredom
La Blanche Alchimie
Ponderosa Music & Art, erschienen im August 2012
Mehr Infos auf: lablanchealchimie.bandcamp.com und Facebook
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