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Beitrag vom 20.07.2012
Astrid North - NORTH
Susanne Schwarz
"Spiegel Online" nannte Astrid North einmal eine der "Leading Ladys der hiesigen Soulszene". Am 20. Juli 2012 erschien das Solo-Debüt der durch die Band "Cultured Pearls" bekannten Sängerin.
Leading Lady der hiesigen Rockszene?
Mit "ihrem neuen Album beschreitet North rockigere Wege, als mit ihrer ehemaligen Band, die stilistisch hauptsächlich im Soul mit variierenden Einflüssen aus Pop, Jazz und Funk anzusiedeln war. Dem Soul bleibt sie dennoch treu, zumindest was den Gesang angeht. Vielleicht geht es mit dieser weichen, dunklen und ausdrucksstarken Stimme auch gar nicht anders. Diese verschmilzt in "NORTH" fabelhaft mit quietschenden Gitarren, schepperndem Klavier und harten Drums.
Das fängt gleich mit dem ersten Lied "Twang" an: Astrid North zieht einen mit ihrem energiegeladenen Arrangement sofort in ihren Bann. Mit den Worten "Oh, I`m climbing higher", schließt sie den EinsteigerInnensong kraftvoll ab – und das glaubt mensch ihr auf`s Wort, denn ab den ersten paar Takten tut sich die Frage auf, warum diese Frau (noch) nicht bekannter ist.
Stilmix erhält die Spannung aufrecht
Die Single "Dither" ist eine schwermütige und dennoch hoffnungsvolle Rock-Ballade mit Funk-Einfluss. Interessant ist das Album wirklich aufgrund seiner gewagten, aber gelungenen Stilmischungen. Vor allem in "Wishbone" fallen die energiegeladenen Gospelchöre auf, die sich in den Rocksong eingliedern. Doch auch ruhige Klänge ergänzen "NORTH". So schlängeln sich in "Lighting" zarte Klaviertöne und weiche Gitarren um den emotionalen Gesang.
Kurz vor Endspurt schleichen sich dann doch noch einige Längen in das Album. "Honda" ist vielleicht als tanzbar zu bezeichnen und zeichnet sich im Refrain auch durch die für "NORTH" typischen interessant-dissonanten Harmonien aus. Beides täuscht aber nicht über den generischen Pop-Rock-Rythmus á la Katy Perry hinweg, der den Fluss des Albums etwas hemmt. Das Folgelied "Love" schleppt sich ein wenig dahin, ein ausgereifter Spannungsbogen hätte den fünfeinhalb Minuten nicht geschadet.
Das Album schließt mit "Whenever", einer Ballade, die mit ruhigem Pop beginnt und von der zweiten bis zur zehnten Minute in minimalistischen Klavierinstrumentierung mit monotoner Perkussion verfällt. Spannend bleibt das Lied durch Norths nachdenkliche Erzählstimme.
Therapie gegen zugeschnürten Hals
Musik scheint für Astrid North eine Art Katharsis zu sein, die von der Musikerin selbstgeschriebenen Texte geben tiefen Einblick in ihre Gefühlswelt.
"Der Impuls bei den meisten Liedern, kommt aus dem Bedürfnis, das eigene Gefühl zu bebildern. Worte finden, die einen Zustand beschreiben und sie dann zum Leben erwecken. Wenn sich mir vor lauter Emotionen der Hals zuschnürt, ist das Darüberschreiben meine Form der Therapie. Mein Ventil. Dann fließen die Worte ganz einfach",
erklärte sie gegenüber dem "Rolling Stone".
Thematisch sind Norths Texte Momentaufnahmen in einer Selbstfindung im Kontext des sozialen Umfelds. Sie handeln von der eigenen Verletzlichkeit in Beziehungen, von Festhalten und Loslassen, von Erschöpfung und dem Schöpfen neuer Kraft, aber auch von Reflexionen aus ihrer Kindheit.
Zur Künstlerin: Astrid North wurde 1973 in Berlin geboren und verbrachte ihre Kindheit mit dem Pendeln zwischen ihrer Geburtsstadt und Houston/USA. Durch ihre musikalische Familie wandte auch North sich früh der Musik zu und gründete bereits zu Schulzeiten ihre erste Band. Bekannt wurde sie durch ihre Tätigkeit als Sängerin der Band "Cultured Pearls", mit der sie vier Alben, eine Best-Of-Zusammenstellung veröffentlichte und im Zuge dessen mehrere Erfolge in den Charts feiern durfte. 2004 legte die Band eine Pause ein und North begann, an ihrer Solo-Karriere zu arbeiten. Das Ergebnis ist "NORTH".
AVIVA-Tipp: "NORTH" lädt mit seiner Melancholie dazu ein, es sich mit einer Tasse Tee oder einem Glas Rotwein gemütlich zu machen und über die ganz großen und ganz kleinen Themen zu sinnieren. Alternativ dient es auch dazu, sich in der U-Bahn mit Kopfhörern ganz von allen abzuschotten, um auch in der Masse für sich sein zu können, nur eins ist das Album sicher nicht: "Fahrstuhlmusik", die geduldig neben Unterhaltungen und Alltagsgeschehen daherplätschert. "NORTH" braucht Aufmerksamkeit, um zu wirken, tut es dann aber auf jeden Fall.
Astrid North
NORTH
Label: Astrid North Records, VÖ Juli 2012
Mehr Infos zur Musikerin und Kostproben aus dem Album unter: "www.facebook.com/astridnorth.music/info"
Weiterhören auf AVIVA-Berlin:
"The shape of a broken heart" von IMANY