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AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 06.10.2008


Joan Baez – Day After Tomorrow
Tatjana Zilg

Fünf Jahre hielt sie sich vom Studio fern und vertraute mit dem Livealbum "Bowery Songs" (2005) ganz auf die Live-Präsenz ihrer Songs. Im Herbst 2008 ist es soweit und mit neuem Material …




… vertreibt sie alle Zweifel an ihrem Status als Songwriting-Ikone der ersten Stunde.

Im Juni 2008 war ihre unvergessliche Stimme bereits auf dem Album "Liejacker" ihrer jungen Songwriting-Kollegin Thea Gilmore zu hören. Das Duett "The Lower Road" erzählt von der Suche nach einem Lebensweg, auf dem es gelingt, mit der Welt im harmonischen Einklang zu sein und zugleich allen Schwierigkeiten mit Mut und Zuversicht zu begegnen. Der Song schwebt mit einer beschwingten Zartheit über die filigrane akustische Instrumentalisierung und ist nun ebenfalls auf dem lang erwarteten neuen Soloalbum von Joan Baez zu hören.

Die Meisterin der sanften Töne, die ohne aufdringliche Lautstärke eine unüberhörbare Stärke erreichen, entschied sich dafür, alle zehn Songs rein akustisch zu unterlegen. Dabei nahm sie die Feder für die Kompositionen dieses Mal nicht selbst in die Hand, sondern gab Material von einigen anderen großen SongwriterInnen der Musikgeschichte eine neue Gestalt. Allein drei sind aus der Hand von Steve Earle, der sich wie sie durch eine klare politische Meinung, die er mutig gegen den Strom artikuliert, auszeichnet. "God Is God", "I Am A Wanderer" und "Jericho Road" schrieb er speziell für Joan Baez, während die anderen Songs Cover von Eliza Gilkyson, Elvis Costello And T Bone Burnett, Tom Waits, Diana Jones und Patty Griffin sind.
Auch Steve Earle wählte sie zum Produzenten und in Nashville begaben sie sich ins Studio, um "Day After Tomorrow" aufzunehmen. Großes Gewicht legten sie auf die Zusammenstellung der Studioband, in der Earle auch selbst einen Part einnahm. Mit Tim O´Brien, Darell Scott, Viktor Krauss und Kenny Malone fanden sie eine Crew, die das Album zu einem würdigen Meilenstein auf dem musikalischen Weg der Silver Lady werden lässt. 2008 ist sie seit fünfzig Jahren als Sängerin aktiv.

"Within seconds of the first downbeat it was obvious that we had assembled the right crew. The band dug deep and found the pulse of the song and then Joan breathed life into it, and we all knew that we were part of something special", gibt Steve Earle die Begeisterung wieder, mit der die Crew den künstlerischen Prozess vorantrieb.

Eine große Reife und Lebensweisheit strömt aus den Songs. Den wohlbekannten Melodien fügen Joan Baez und ihre Weggefährten neue Höhepunkte hinzu und locken bisher noch verborgene Qualitäten hervor. Das titelgebende "Day After Tomorrow", eine Ballade, ursprünglich geschrieben für die unvergleichlich tiefe, markante Stimme von Tom Waits, entfaltet sich zu einem leichtgängig dahingleitenden Folk-Song, der mit Akustik-Gitarren-Spiel und feminin rauen, auch in den Höhen aufgehenden Gesang die Sinne betört. Besondere Stärke des Albums ist es ohnehin, wie sich Melancholie und Zuversicht die Hand geben und dabei eine Grundstimmung zwischen Sehnsucht und Hoffnung entstehen lassen, in der sich Gefühle der Trauer ebenso wiederspiegeln wie eine lebensfrohe Freude über das Dasein auf der Welt.

Joan Baez im Netz: www.joanbaez.com.

Weiterhören: Thea Gilmore und Emiliana Torrini.

AVIVA-Tipp: Vor mehr als zwanzig Jahren sang Joan Baez in "Wings Of Fantasy" "I am a fair and silver lady, I dance in the snow …" und nun lässt sie diese Prophezeiung mit "Day After Tomorrow" in Erfüllung gehen. Viel Lebenserfahrung und eine zeitlose Schönheit kennzeichnen ihre Songs. Wie zarte Schneeflocken rieseln sie dahin und sind doch kraftvoll und farbig genug, um einen weitläufigen Raum zu ergreifen und die ihnen zustehende Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Dafür erhielt sie wie gewohnt für ihre Tour im September und Oktober 2008 einige der schönsten Spielstätten der Welt wie in London The Royal Albert Hall.

Joan Baez
Day After Tomorrow

Label: Proper Records, Rough Trade, VÖ September 2008



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Beitrag vom 06.10.2008

AVIVA-Redaktion