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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 02.06.2008


The Ting Tings – We Started Nothing
Tatjana Zilg

Ein Londoner und ein Suburb-Riot-Girl aus der Nähe von Manchester lassen Disco-Rhythmen, Punk-Akkorde und energischen Gesang aufeinander prallen. Die duo-bewährte Mischung aus Schlagzeug und ...




... E-Gitarre/Bass ergänzen sie mit Tape-Delays und entzünden so einen explosiven Sound, der ihnen innerhalb kürzester Zeit den Shooting Star–Status im Musikgeschäft einbrachte.

Dass bunte Orte des Zusammenlebens jenseits der Konventionen einen hohen kreativen Output haben und die Kulturszene mit neuen Impulsen bereichern, ist vier Jahrzehnte nach der 68er Bewegung kein Geheimnis mehr. Solch ein Ort entstand auch in einer ehemaligen, stillgelegten Mühle in der Nähe von Manchester. The Mill entwickelte sich schnell zu einer Art nord-britischer Ausgabe der frühen Warhol-Fabrik. BildhauerInnen, MalerInnen und MusikerInnen fanden hier einen Ort, wo sie ihrer Kreativität in Selbstorganisation freien Lauf lassen können. Inspiriert von dieser Umgebung steuerten Jules de Martino und Katie White auf ihr Ziel zu, die Popmusik zu rocken.

Als Katie, die in ländlicher Umgebung fernab urbaner Trends aufwuchs, vor über vier Jahren begann, mit Jules zusammenzuarbeiten, lebte er noch in London. Später entschied er sich, nach Manchester zu ziehen, wo sie im The Mill-Studio an ihren Songs feilten und auf der Konzertbühne ihre ersten Auftritte hatten.
Zunächst waren sie aber nicht als rebellisches Pop-Punk-Duo unterwegs, sondern mit einem DJ als Dritten im Bunde. Unter den Namen Dear Eskimo waren sie in der lokalen Szene bekannt, aber so recht ging es nicht voran und sie brachen wieder auseinander. Katie bewies Standhaftigkeit und überzeugte Jules, zu zweit weiterzumachen. Im Studio suchten sie nach neuen Einfällen. Jules fand zu seiner ersten Liebe, dem Schlagzeugspiel zurück, und Katie entdeckte die Gitarre für sich.
"Sie spielte einen D-Akkord, den ich ihr gezeigt hatte, ziemlich schlecht. Sie schwang die Gitarre durch die Gegend, schrie herum und ließ sie fallen. Das war dieser Moment. Wir fanden unsere Energie durch einen lausigen Akkord, aus dem ´Great DJ´ hervorging. Wir machten daraus einen Loop und konnten loslegen" schildert Jules den Initiations-Schuss für das Konzept, das ihnen später den Major-Deal einbrachte.

Die erste Single "That´s Not My Name" ließen sie in altbewährter Do It Yourself–Tradition in limitierter Auflage und mit einem handgemachten Artwork pressen. Im Nordwesten Englands waren sie bald in aller Munde und der Tonträger innerhalb von wenigen Tagen ausverkauft. Auch die Label-Scouts wurden auf sie aufmerksam und die Konzerte in The Mill waren ihr Sprungbrett ins große Musikgeschäft. Im Herbst 2007 erschien die zweite Single "Fruit Machine". Für ihre neu gewonnenen Fans dachten sie sich eine besondere Aktion aus: Bei Konzerten in Manchester, London, Berlin und New York luden sie das Publikum ein, ihr eigenes Artwork für die Single zu designen und die Hüllen dann weltweit zu tauschen.
2008 war es dann soweit und das Release des Debuts mit 10 Songs erfolgte unter dem Dach von Red Ink und im Vertrieb von Sony Music

Der Gesang, oft von Katie dominiert, hypnotisiert alle Sinne mit einer Mischung aus Stakkato-Shouts, glockenklaren Höhen, melodiöser Leichtgängigkeit und selbstbewusster, rebellischer Riot Grrrl – Attitüde. Treibende Hooklines korrespondieren im Spannungsfeld mit einprägsamen Wechselgesängen.
"Great DJ" ist möglicherweise ein Rückblick an die Zeit, in der sie als Dear Eskimo agierten, und führt als Intro-Song ein in die turbulente Welt der The Ting Tings. Die Verwendung von Tape Delays ergänzend zu analogen Instrumenten zeigt sich hier gleich in ihrer ganzen Stärke. Der Sound des Duos erhält dadurch eine unverwechselbare Komponente.
Während Songs wie "That´s Not My Name" und "Fruit Machine" sich in ein glamourös dunkles Flair hüllen, das an die New Yorker No Wave Szene denken lässt, kommen "Traffic Light" und "Be The One" leicht und luftig daher. Verspielt wie ein Kinderlied erklingen in diesen Momenten Gesang und Melodie. Eine extrem tanzbare Basslinie dagegen fasziniert in "Shut Up And Let Me Go".

Weiterhören: Blood Red Shoes und The Indelicates

The Ting Tings im Netz: www.thetingtings.com und auf Myspace

AVIVA-Tipp: Dem Duo ist ein Dynamit-Bündel an Songs gelungen, die vor Energie, Wut und Temperament nur so sprühen und bestens dafür geeignet sind, die Dancefloors weltweit vibrieren zu lassen. Der perfekte Soundtrack für alle, deren Herzen im Beat postmoderner, hedonistischer Zeiten schlagen: Bilder von Abenteuerlust, hektischen Tagen und durchlebten Nächten flackern aus den forschen Zeilen hervor.

The Ting Tings
We Started Nothing

Label: Red Ink, Sony, VÖ Mai 2008



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Beitrag vom 02.06.2008

AVIVA-Redaktion