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AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 01.08.2007


Misha – Teardrop Sweetheart
Tatjana Zilg

In Taiwan begegneten sich Ashley Yao und John Chao zum ersten Mal, später führten sie ihre Wege über Paris nach Amerika. Mit funkelndem Electro-Sound, vielseitig bereichert, und einer Stimme, ...




... tief und rauchig wie die der Disco-Queen Amanda Lear, beglücken sie auf ihrem Debut anspruchsvolle HörerInnen-Ohren, die sich sonst Pop für Erwachsene, Jazz, Lounge Electro und dem Discofunk-Sound der 80 er hingeben.

Einmal rund um die Weltkugel sind die beiden AsiatInnen in ihrem Leben schon gereist. Da ist es klar, dass sie alle möglichen Eindrücke aus gegensätzlichen Kulturen in ihre Musik integrieren. So mancher Track erinnert ein klein wenig an einen kunterbunten, melodramatischen Bollywood-Film. Die clevere Fröhlichkeit, die aus einigen Melodien heraussprüht, könnte der Tropicalia entlehnt sein. Etwas unbekannter ist hierzulande der Brill Building Pop, benannt nach dem riesigen Gebäude am New Yorker Broadway, das über 100 Musikbetriebe beherbergte, und in dem zwischen 1958 und 1965 etliche Popklassiker produziert wurden, die in den späten 60ern von den trashigeren Garage Sounds wieder vom Markt verdrängt wurden. In der Kindheit liebten die beiden Misha-KünstlerInnen es, in diesem breiten Repertoire der Popgeschichte zu stöbern und sich inspirieren zu lassen.

Eine ganz besondere Art von Pop ist es so auch geworden, den sie für die elf Tracks von "Teardrop Sweetheart" entwarfen. Das ausgefaltete Coverblatt scheint Eindrücke aus den verschiedensten Ecken der Welt widerzuspiegeln: Eine Schlange lässt an ein Dreamtime-Gemälde der Aboriginals denken, moderne Skyline-Silhouetten brechen die Natur-Assoziation. In pastellartigen Farben, sanft und unaufdringlich, sind hingegen die kleinen Tränen gehalten, die sich zu einer einzigen Großen zusammenfügen, genauso wie die unterschiedlichen Einflüsse und Spielarten den Sound zu einem einzigartigen Ganzen werden lassen.

Geschmeidig bewegen sie sich zwischen zwei Gefühlszuständen. Optimistische Fröhlichkeit und melancholische, bittersüsse Düsterkeit geben sich abwechselnd die Hand oder legen sich wie die kleinen Tränen auf dem Cover in ihren einzelnen Bestandteilen in organischen Schichten übereinander.

Ein echter Ohrwurm ist "Anaconda", das sich mit lässigen Bossa Nova-Rhythmen einen Platz ganz vorne im musikalischen Langzeitgedächtnis erobert. Tanzflächen-Stürmer unter der Discokugel könnten die beiden Intro-Tracks "Scars" und "Losing" werden. Die schillernden Beats und die rauchig-tiefe Stimme von Ashley geben ihnen ein markantes tonales Gewand. In höheren Gesangslagen bewegen Misha sich in dem Duett "Crystal In Love", ein vielschichtiges Liebeslied, das kaleidoskopartig durch widersprüchliche Emotionen beamt. An den Einsatz einer verzerrten Comic-Stimme wagen sie sich in "Cruelish Heart", das im Wiederspruch zum Titel spielerisch fröhlich an niedliche Manga-Wesen erinnert.

AVIVA-Tipp: Ein Album, das sich angenehm vom Mainstream der gegenwärtigen Musikproduktion abhebt. Moderne Großstadt-Melodien und Landschafts-Metaphern fließen ineinander. Wäre der Soundtrack von "Lost in Translation" nicht schon längst gepresst, hätten sich hier bestimmt einige Perlen zur Untermalung der Tokio-Gefühls-Odyssee gefunden.

Misha
Teardrop Sweetheart
Label:
Tomlab, VÖ Juni 2007
EAN: 0656605670225


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Beitrag vom 01.08.2007

AVIVA-Redaktion