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AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 01.11.2006


Joanna Newsom – Ys
Silvy Pommerenke

Ihren Musikstil nennt man Modern Psych Folk – eine hübsche Umschreibung für eine außergewöhnliche Mischung aus Pop, Folk und Klassik, abgerundet mit einer Stimme die quietscht, kiekst und...




...sich überschlägt.

Das alles in lyrische Songtexte eingebettet, welche über die versunkene Stadt Ys (gesprochen "iis") in der bretonischen Bucht von Douarnenez erzählen. Die 1982 geborene Harfenistin wuchs in Nevada City, California auf und hat ihre neue Heimat in San Francisco gefunden. Sie studierte Musik und Kreatives Schreiben am Mills College, veröffentlichte bereits 2002 ihre erste EP "Walnut Whales" und vor zwei Jahren kam sie mit ihrem ersten Longplayer "Milk - Eyed Mender" auf den Markt. Neben der Harfe spielt sie auch Klavier und Cembalo und lässt sich auf dem aktuellen Album von einem mehrköpfigen Orchester begleiten.

Blond, mit großen staunenden Augen und heiß-roten Wangen schaut Newsom in die Welt. Wenn man ihre Lieder hört, blickt man mit ebensolchen staunenden Augen zurück. Denn diese Musik, die ihren besonderen Charakter dadurch erhält, dass die Sängerin manchmal wie eine getunte Mickey Mouse auf Speed klingt oder so, als wäre man aus Versehen auf seine Katze getreten, hinterlässt Spuren. Sehr surrealistische Töne gibt die 24-Jährige von sich. Das ist amüsant, neu und irgendwie atemberaubend. Dazu begleitet sie sich meist mit ihrer Harfe, die aber nicht die esoterischen Klänge eines Andreas Vollenweiders verbreitet, sondern bisweilen wie eine Rockgitarre klingt: "I am producing sounds that people are not used to hearing from the harp." Die fünf Songs auf dem Album haben zumeist eine Spiellänge von zehn Minuten, was jedes gängige Single-Format sprengt. Es scheint, als würde sich Joanna Newsom wenig um Konventionen und ähnliche Korsettagen kümmern. Sie geht ihren eigenwilligen Weg und erobert sich dadurch Lobeshymnen von allen MusikkritikerInnen.

Auf die Frage, für welches der vier Elementen sie sich entscheiden würde, wählt sie sich die Erde (obwohl sie so unendlich nach Luft klingt) und nach dem Lieblingstier befragt, entscheidet sie sich für das Seepferdchen (wie romantisch). Kein Wunder, dass es ihr schwer fällt über Gefühle zu sprechen und dazu den Umweg der Liedtexte nutzt. Denn haben Sie schon mal ein Seepferdchen über Gefühle reden hören? Dass sie zuletzt auch noch gesteht, HipHop und Motown Music zu hören, mag man gar nicht glauben, aber stille Wasser sind ja bekanntlich tief.

Weiterhören: CocoRosie und Isobel Campbell

AVIVA-Tipp: Ein funkelnder Stern am Himmel der über untergegangene Städte singt. Harfe mal ganz anders, mit einer Stimme die ein Crossover zwischen Björk und Cerys Matthews bildet.

Joanna Newsom im Netz: www.dragcity.com

Joanna Newsom
Ys

Label: Rough Trade Distribution GmbH, VÖ: November 2006.


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Beitrag vom 01.11.2006

Silvy Pommerenke