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Beitrag vom 04.10.2007
Joni Mitchell - Shine
Silvy Pommerenke
Die First Lady of Song hat endlich wieder ein neues Album produziert, worauf sie ihre Fans ganze fünf Jahre warten ließ. Während sie ihre letzten beiden CDs "Both sides now" und "Travelogue"...
... mit großem Personal in Orchesterform einspielte, besinnt sie sich auf dem aktuellen Longplayer auf das Wesentliche.
Minimalistisch, wie bereits von den meisten ihrer früheren Werken bekannt, lässt Mitchell sich lediglich von Drums, Bass und Saxophon begleiten – im Höchstfall, denn den Großteil der Arbeiten erledigt das Multitalent sowieso selbst. Am besten ist das nachzuhören bei der Neuvertonung ihres eigenen Klassikers "Big yellow taxi", denn hier übernimmt sie jegliche Instrumentierung.
Die Stärken der 64-jährigen liegen unter anderem in ihrer poetischen Sprache - der durchaus novellenhaften Charakter zugesprochen wird - und die sie mit ihrer vier Oktaven umfassenden Stimme eindrucksvoll wiedergibt. Die Jury des Deutschen Schallplattenpreises adelte sie als "eine der schönsten und technisch besten Stimmen der Popmusik". Neben den Texten – die auf dem aktuellen Album übrigens extrem düster ausfallen, auch wenn der Titelsong "Shine" etwas anderes suggeriert – bietet Joni Mitchell wie immer extrem ausgefeilte musikalische Arrangements an, die eine Verbindung von Folk und Jazz zeigen.
Geboren wurde die Musikerin unter dem Namen Roberta Joan Anderson im November 1943 in Kanada als Tochter eines Airforce-Offiziers und einer Lehrerin. Mit neun Jahren erkrankte sie an Polio und sang in dieser Zeit für die anderen Kinder auf der Station – ein denkwürdiger Start ins Musikleben. Trotz des unkünstlerischen und konservativen Backgrounds ihrer Familie fing sie Anfang der sechziger Jahre ein Studium der Malerei am Alberta College of Art an, das sie aber nicht beendete, da sie schwanger wurde. 1965 heiratete sie Chuck Mitchell, der ebenfalls Musiker war und mit dem sie durch die Staaten tourte. Nach nur einem Jahr ließ sie sich wieder scheiden, behielt aber den Namen Mitchell bei. Ende der sechziger Jahre bekam sie einen Plattenvertrag, war befreundet mit Buffy Sainte-Marie und Crosby, Stills & Nash und es folgte die Einladung nach Woodstock und ein kometenhafter Aufstieg in den Musikhimmel.
Insgesamt drei Grammys (1970, 1974, 1996) erhielt sie und zwischen 1970 und 1978 acht (!) goldene Schallplatten. Jedes ihrer Alben wurde sowohl Kritikerliebling als auch Verkaufsschlager, und kaum jemand macht dem Multitalent die (manchmal) lange Zeit zwischen ihren Produktionen zum Vorwurf. Wenn dabei so hochqualitative Alben herauskommen, dann wartet man doch gerne mal ein paar Jahre. Der publikumsscheuen und oftmals von der Öffentlichkeit abgenervten Mitchell dürfte die Erwartungshaltung der Fans jedoch egal sein, und nötig hat sie es mit Sicherheit auch nicht mehr sehnsüchtig auf ihre Tantiemen zu warten. Wenn sie dann aber zu ihrem Opener "One week last summer" in gepflegtem Understatement schreibt "I stepped outside of my little house", dann fragt man sich schon besorgt, ob man als Künstlerin nicht doch unterbezahlt ist...
Weiterhören: Kate Bush und Rickie Lee Jones
Joni Mitchell im Netz: www.jonimitchell.com
AVIVA-Tipp: Ein nachdenkliches und schwermütiges Album hat Joni Mitchell mit "Shine" eingespielt. Weg vom Orchestersound, den sie auf ihren letzten beiden Alben eingeführt hatte, hin zu puristischem Klavier- und Gitarrenspiel, knüpft sie bei "Turbulent Indigo" und "Taming the Tiger" an, wo sie in den Neunzigern aufgehört hat.
Joni Mitchell
Shine
Label: Hear music / Universal, VÖ September 2007