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AVIVA-BERLIN.de im Oktober 2024 - Beitrag vom 11.09.2024


Städel | Frauen. Künstlerinnen zwischen Frankfurt und Paris um 1900. Hg. Alexander Eiling, Eva-Maria Höllerer, Aude-Line Schamschula
Sharon Adler

26 Künstlerinnen, die zwischen 1880 und den 1930er Jahren in Frankfurt und Paris tätig waren und die Kunst als Beruf wählten, macht die fulminante Ausstellung (Städel Museum, 10. Juli bis 27. Oktober 2024) und der aufwendig gestaltete Bildband sichtbar. Mehr als 80 Gemälde und Skulpturen geben einen Einblick in die facettenreiche Kunstproduktion dieser wichtigen Protagonistinnen, von denen einige lange vergessen wurden und deren Schaffen bislang noch nicht vollständig erforscht und erschlossen wurde.




Die Moderne ist ohne den Beitrag von Künstlerinnen nicht zu denken. Neben bekannten Malerinnen und Bildhauerinnen wie Louise Breslau, Ottilie W. Roederstein und Marg Moll haben sich viele weitere erfolgreich im Kunstbetrieb der Zeit um 1900 behauptet. Sie heißen Erna Auerbach, Rosy Lilienfeld, Mathilde Battenberg, Ida Gerhardi, Annie Hopf, Elizabeth Nourse oder Louise Schmidt. Zeit, diesen und weiteren Künstlerinnen erstmals eine große Ausstellung zu widmen und sie neu zu entdecken.

Vom 10. Juli bis 27. Oktober 2024 präsentiert das Städel Museum rund 80 Gemälde und Skulpturen von insgesamt 26 Künstlerinnen. Darunter befinden sich Kunstwerke aus renommierten US-amerikanischen und europäischen Museen sowie zahlreiche Arbeiten aus Privatbesitz, die zum ersten Mal gezeigt werden. Ergänzt werden sie durch bislang unveröffentlichtes Archivmaterial. Fotografien und Briefe erzählen von internationalen Ateliergemeinschaften, von der strategischen Bedeutung
professioneller Künstlerinnenverbände, von Erfolgen, aber auch vom andauernden Streben um Anerkennung

Die Ausstellung zeigt Künstlerinnen, die sich mit großer Eigenständigkeit und Professionalität in einem durch männliche "Künstlergenies" bestimmten Kulturbetrieb durchsetzten. Unter dem Blickwinkel der Netzwerke entsteht ein komplexes Bild der Ausbildungs- und Arbeitssituation von Künstlerinnen in der Moderne: vom Kampf der Wegbereiterinnen im Paris der 1880er-Jahre über die ersten Bildhauerinnen an der Kunstschule des Städel um 1900 bis hin zu einer jungen selbstbestimmten Generation von Künstlerinnen im Neuen Frankfurt der 1920er- und 1930er-Jahre. Die stilistisch sehr unterschiedlichen Arbeiten zeigen dabei die Vielfalt weiblicher Positionen in der Kunst auf und spiegeln die radikalen gesellschaftlichen und ästhetischen Umbrüche der Zeit. In ihren Werken setzten sich die Malerinnen und Bildhauerinnen mit ihrer eigenen Existenz als Künstlerinnen in einem männlich dominierten Umfeld auseinander. Sie zeigten sich selbstbewusst im Kreis ihrer Freundinnen und Mitstreiterinnen und stellten die überkommenen Geschlechterrollen infrage. Mit Darstellungen des menschlichen Aktes reklamierten sie einen zuvor den Männern vorbehaltenen Motivkomplex auch für sich. Dabei bedienten sie sich nicht nur der Malerei und Zeichnung, sondern eroberten zunehmend auch die Bildhauerei, die aufgrund der physischen Anstrengung sowie der technischen und materiellen Anforderungen als vermeintlich "männlichste" Gattung der Kunst galt.

Alexander Eiling, Eva-Maria Höllerer und Aude-Line Schamschula, Kurator:innen der Ausstellung: "Unsere Ausstellung konzentriert sich auf das künstlerische Schaffen von Malerinnen und Bildhauerinnen zwischen 1880 und den 1930er-Jahren.
Wir widmen uns drei Generationen von Künstlerinnen sowie den vielfältigen Wechselbeziehungen zwischen dem Frankfurter Kunstbetrieb und der französischen Kunstmetropole. Nach einem Prolog, der sich mit dem Pariser Künstlerinnenkreis um Ottilie Roederstein befasst, wird die Ausbildungssituation von Frauen an der Städelschule sowie an der neuen Kunstgewerbeschule in den 1920er-Jahren ins Zentrum gerückt. Wir stellen diese Künstlerinnen mit ihren individuellen Leistungen vor und machen ihre weitverzweigten Netzwerke sichtbar, mit denen sie sich gegenseitig unterstützten und förderten. Es ist eine Ausstellung über die Selbstermächtigung von Künstlerinnen, die zu ihrer Zeit keine Ausnahmeerscheinungen waren."


Die Ausstellung resultiert aus einem Forschungsprojekt, das an die Retrospektive zur Malerin Ottilie W. Roederstein (2022) anknüpft. Das seit 2019 im Städel Museum verwahrte Roederstein-Jughenn-Archiv gibt Einblick in ein Frauen-Netzwerk um die Malerin, das sich in Ausbildungs- und Ausstellungsfragen, aber auch durchpraktische Hilfe gegenseitig unterstützte und förderte. Die privaten und beruflichen Verbindungen leisteten einen wesentlichen Beitrag zur Professionalisierung und Etablierung von Malerinnen und Bildhauerinnen im Kunstbetrieb des ausgehenden 19. sowie des frühen 20. Jahrhunderts. Wichtige Erkenntnisse lieferte auch die Aufarbeitung des historischen Archivs des Städel Museums mit Blick auf die Ausbildungssituation von Künstlerinnen an der Städelschule und damit die Erforschung der eigenen Institutionsgeschichte. In privaten Nachlässen und externen Archiven insbesondere in Paris konnten weitere Recherchen getätigt werden, deren Ergebnisse in der Ausstellung sichtbar werden.

Künstlerinnen
Erna Auerbach, Eugenie Bandell, Mathilde Battenberg, Helene von Beckerath, Hanna Bekker vom Rath, Marie Bertuch, Olga Boznańska, Louise Breslau, Tola Certowicz, Inge Dinand, Ida Gerhardi, Dora Hitz, Pauline Kowarzik, Anna Krüger, Rosy Lilienfeld, Else Luthmer, Marg Moll, Marie-Louise von Motesiczky, Elizabeth Nourse, Maria Petrie, Ottilie W. Roederstein, Madeleine Smith, Louise Schmidt, Annie Stebler-Hopf, Martha Stettler, Alice Trübner

Künstlerinnen waren keine Ausnahmeerscheinung im zumeist männlich dominierten Kulturbetrieb um die Jahrhundertwende. Die meisten von ihnen hatten in ihrer Zeit Erfolg, auch wenn viele heute in Vergessenheit geraten sind. Von Paris und Frankfurt aus unterstützten sie sich gegenseitig in internationalen Netzwerken als Lehrerinnen, Sammlerinnen, Mäzeninnen oder Agierende in der Kulturpolitik.

AVIVA-Tipp Die Ausstellung und der opulent gestaltete Bildband machen das zu lange schmählich vernachlässigte Forschungsfeld um professionell arbeitende Frauen in der Kunst, deren Netzwerke, der Ausbildungs- und Arbeitssituation von Künstlerinnen in der Moderne, und nicht zuletzt die Vielfalt weiblicher Positionen in der Kunst sichtbar und liefert damit einen unverzichtbaren Beitrag zur Kunstgeschichtsschreibung.

Städel | Frauen. Künstlerinnen zwischen Frankfurt und Paris um 1900
Hg. Alexander Eiling, Eva-Maria Höllerer, Aude-Line Schamschula

Beiträge von E.S. Atlan, J. Betz, E. Dérisson, A. Eiling, R. Freyberger, N. Gutgesell, E.-M. Höllerer, A.-C. Krüger, A.-L. Schamschula, I. Schmeisser, C. L. Sotzek, M. Victor
Text: Deutsch / Englisch
232 Seiten, 184 Abbildungen in Farbe
21,5 x 28 cm, gebunden
HIRMER VERLAG, erschienen 2024
ISBN: 978-3-7774-4308-9
49,90 € [D] | 51,30 € [A]
Mehr Informationen zum Bildband: www.hirmerverlag.de

Mehr Informationen zur Ausstellung und dem umfangreichen Begleitprogramm im Städel Museum in Frankfurt: www.staedelmuseum.de

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Ida Gerhardi. Deutsche Künstlerinnen in Paris um 1900
Herausgegeben von Susanne Conzen, Hilke Gesine Möller und Eckhard Trox
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"Die Malweiber"
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Quelle: Hirmer Verlag, Städel Museum


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Beitrag vom 11.09.2024

Sharon Adler