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Beitrag vom 06.12.2019
Naomi Klein – Warum nur ein Green New Deal unseren Planeten retten kann. On Fire. The (Burning) Case for a Green New Deal
Silvy Pommerenke
Die kanadische Klimaaktivistin Naomi Klein ("Die Entscheidung. Kapitalismus vs. Klima", "Die Schock-Strategie. Der Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus", "No Logo!") ist keine Freundin der leisen Töne. Sie fordert radikales Umdenken in Bezug auf unseren Umgang mit dem Planeten Erde und bietet ein klares Konzept, wie der Klimakollaps aufzuhalten ist. Ihre Antwort ist der Green New Deal.
Der Green New Deal als Nachfolger des New Deal
Vorbild für den Green New Deal ist der New Deal von Franklin D. Roosevelt, den er in den Jahren 1933 bis 1938 als Wirtschafts- und Sozialreform in den USA als Strategie gegen die Weltwirtschaftskrise ausgerufen hatte. Naomi Klein führt die Politik von Roosevelt und deren Ergebnisse immer wieder an, um zu verdeutlichen, dass wir eine reale Chance haben, die Klimakatastrophe abzuwenden. Sie bezieht sich aber nicht nur auf die Vergangenheit, sondern wendet sich auch der Gegenwart zu, in der allen voran Greta Thunberg eine gewichtige Rolle spielt, und die wie ein Funke Jugendliche auf der ganzen Welt zu einem Flächenbrand anstiftete, um auf den Klimakollaps und das dringende Handeln dagegen hinzuweisen.
Naomi Klein ist im Vergleich zu Thunberg schon länger in diesem Bereich aktiv, denn sie beschäftigt sich seit bereits 15 Jahren mit der Klimakrise. In dem Buch "Warum nur ein Green New Deal unseren Planeten retten kann" hat sie "ausführliche Berichte, Kommentare und Vorträge aus einem Jahrzehnt versammelt". Um ihre Vision einer besseren Welt umzusetzen, haben wir laut eines Berichtes des UN-Weltklimarates IPCC aus dem Frühjahr 2019 nur noch zwölf Jahre Zeit. Dafür müssten die CO2 Emissionen auf Netto-Null gesenkt werden, was u.a. durch neue Abscheidungstechnologien, dem milliardenfachen Pflanzen von Bäumen und der schnellen Umgestaltung der Energieerzeugung, Landwirtschaft, Verkehr und Wohnungsbau zu bewerkstelligen wäre.
Die Rechten und die Klimakrise
Um die fortschreitende Klimakrise deutlicher darzulegen, hat Naomi Klein ihre Essays chronologisch angeordnet und weist zugleich auf die weltweite politische Erstarkung des rechten Flügels hin, der "in einer Art todbringenden Wechselwirkung" mit der Krise verknüpft ist, da "die Leugnung der Klimakrise zu einer identitätsstiftenden Frage der Rechten geworden ist". Dass die rechten US-amerikanischen Klimawandel-Leugner leider finanzielle Unterstützung von mehr als 900 Millionen Dollar jährlich erhalten (aus sogenannten grauen Geldern), beweist eine Studie der Zeitschrift "Nature Climate Change" aus dem Jahr 2014. Und, was wiederum nicht weiter verwunderlich ist: die Gegner des Energiewandels sind mehrheitlich weiß und männlich! Das heißt, die Umsetzung des Green New Deals ist nicht nur ein Kampf gegen die Zeit, sondern auch ein Kampf gegen Lobbyist*innen.
Den Schwerpunkt ihrer Betrachtungen legt Naomi Klein auf die USA, Kanada, Australien und Großbritannien, sowie einige andere Länder Westeuropas, weil sich deren Regierungen besonders stark gegen die Bekämpfung des Klimawandels stellen. Ursache des Klimawandels ist in den Augen der Autorin u.a. der moderne Kapitalismus, "also das Wirtschaftssystem des grenzenlosen Konsums und ökologischen Raubbaus".
Die Folgen für Mensch und Umwelt
Als der UN-Klimarat 1988 tagte, sprach schon damals der Wissenschaftler James Hansen von einer 99prozentigen Sicherheit, dass der "reale Erwärmungstrend" auf menschliches Handeln zurückzuführen sei. Allerdings bestreitet Naomi Klein diese These. Sie (und andere Wissenschaftler*innen oder Intellektuelle) macht den Kapitalismus dafür verantwortlich, mit seinem "Zwang zu endlosem Wachstum und steigenden Gewinnen". Obgleich der Kapitalismus nicht der alleinige Verantwortliche ist, sondern auch der autokratische und industrialisierte Sozialismus. Die Lösung wäre ein demokratischer Öko-Sozialismus, wie er beispielsweise in Dänemark oder in Schweden praktiziert wird.
Naomi Klein gibt diverse Beispiele von Umweltkatastrophen an, ausgelöst durch Menschenhand, die die Natur langfristig geschädigt und das Ökosystem zerstört haben. Beispielsweise die Explosion des Bohrturms Deepwater Horizon im April 2010, bei der 640 Millionen Rohöl ins Meer sprudelten. Erst am 15. Juli, also drei Monate später, konnte das Leck verschlossen werden. Damit gilt dies als die bislang größte Umweltkatastrophe der USA. Der Ölkonzern BP redet bis heute die Katastrophe klein, obwohl zahlreiche Studien und Untersuchungen zeigen, dass die Auswirkungen fatal sind für die Umwelt, die Menschen und die Wirtschaft. Auch das Ausbleichen des Great Barrier Reefs vor Australien gehört zu diesen von Menschenhand gemachten Umweltkatastrophen, da das Ausbleichen dem Aussterben vorausgeht. In den letzten 30 Jahren sind etwa 50 Prozent aller Korallen abgestorben, die Folgen dessen sind noch nicht abschätzbar.
Auch die Wetterextreme, die in den vergangenen Jahren immer mehr zugenommen haben, führen zu ungeahnten Katastrophen. Zum einen lösen sie massive Waldbrände aus, zum anderen bringen sie katastrophale Überschwemmungen mit sich. In beiden Fällen geht es an die Existenz von Mensch und Natur. Als Beispiele gibt Naomi Klein die verheerenden Waldbrände in British Columbia oder in Los Angeles an. Allein in Kanada wurden dadurch im Sommer 2017 fast zwei Millionen Quadratkilometer Wald zerstört, was mehr als einer Fläche von Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und Portugal entspricht. Eine Größenordnung, die kaum vorstellbar ist. Ursache des Ganzen: der Klimawandel! Im Herbst des gleichen Jahres tobte auch der Hurrikan Maria, der in Puerto Rico wütete und mehr als 3000 Menschenleben forderte. Dass die Menschen dem Sturm so schutzlos ausgeliefert und die Folgen so drastisch waren lag an der Misswirtschaft des Landes. Das Stromnetz war nicht gewartet, 85 Prozent der Nahrungsmittel - obwohl die Böden zu den fruchtbarsten der Welt zählen - und fast 100 Prozent des Stroms werden importiert. Nicht zuletzt versagte die amerikanische Katastrophenschutzbehörde.
Die Lösung
Naomi Klein plädiert in ihren Texten immer wieder für eine soziale Veränderung der Gesellschaft und gegen den Kapitalismus, wie er bisher besteht. Es soll nicht mehr um Produktionsmaximierung und Ausbeutung der Natur gehen, sondern um die "Prinzipien der Fürsorge und Instandsetzung" und der Einführung einer "gerechteren und demokratischeren Wirtschaftsordnung". Um dieses Ziel zu erreichen, sei es dringend notwendig, schnellstmöglich aus der Nutzung fossiler Brennstoffe aus- und dafür zu einhundert Prozent in erneuerbare Energien einzusteigen. Außerdem müsse dringend Konsumverzicht geübt werden, der Wohlstand soll gerecht unter den Geschlechtern und den verschiedenen ethnischen Gruppen verteilt werden, die öffentlichen Ausgaben sollen steigen, um neue – grüne - Arbeitsplätze und Verkehrsnetze zu schaffen, und der Zugang für Alle zu Bildung und Gesundheitsversorgung soll gewährleistet werden. Das sind radikale Forderungen, die allerdings notwendig scheinen, um den Klimawandel aufzuhalten.
AVIVA-Tipp: Naomi Klein hat mit ihrer Sammlung von Essays ein glühendes Manifest für den Green New Deal und die Abwendung des Klimawandels geschrieben. Mit großem Enthusiasmus beschreibt sie die aktuelle Situation, deren Ursachen, und wie wir aus diesem Horrorszenario doch noch glimpflich herauskommen. Ihre Lösungsvorschläge sind radikal und unumgänglich.
Zur Autorin: Naomi Klein wurde 1970 als Tochter der jüdisch-feministischen Dokumentarfilmerin und Aktivistin Bonnie Sherr Klein und des Physikers Michael Klein in Montreal / Kanada geboren. Ihr Studium der Anglistik und Philosophie brach sie ab, um ein Volontariat bei der kanadischen Tageszeitung "The Globe and Mail" in Toronto zu absolvieren. Danach wurde sie Redakteurin der alternativen Zeitschrift "This Magazine". Heute ist sie freiberufliche Journalistin und Autorin. Sie schreibt und berichtet für große Magazine und Sender wie "The New York Times", "The Guardian", "The Washington Post" oder in deutscher Übersetzung in der "Frankfurter Rundschau" und Sender wie CNN oder BBC. Zu ihren Büchern zählen der internationale Bestseller "No Logo!" über die Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken Südostasiens, womit sie ihren Durchbruch im Jahr 2000 feierte. Er gilt als "Bibel einer Bewegung" (New York Times). Außerdem sind von ihr erschienen "Die Entscheidung: Kapitalismus vs. Klima" oder "Die Schock-Strategie".
Ihr Filmprojekt "A message from the future", das sie gemeinsam mit Alexandria Ocasio-Cortez, Molly Crabapple und ihrem Mann Avi Lewis umsetzte, wurde innerhalb von 48 Stunden, nachdem sie den Film ins Netz gestellt hatten, mehr als sechs Millionen Mal angeklickt. Für ihre Arbeit zum Klimaschutz hat sie den Sydney Peace Prize erhalten. Außerdem war sie u. a. Miliband Fellow an der London School of Economics und erhielt einen Ehrendoktorintitel für Zivilrecht des University of King´s College in Nova Scotia. Naomi Klein bezeichnet sich selbst als "säkulare jüdische Feministin" und ist mit dem Dokumentarfilmer Avi Lewis verheiratet. Sie haben zusammen einen Sohn und leben in Toronto.
Naomi Klein auf der Bühne:
Naomi Klein hält am 12.12.2019 die Willy Brandt Lecture im Allianz Forum Berlin über die Vision einer grünen Zukunft.
Die Willy Brandt Lecture 2019 hält die kanadische Autorin, Journalistin und Umweltaktivistin Naomi Klein, eine der renommiertesten Intellektuellen unserer Zeit. Ihr neues Buch »Warum nur ein Green New Deal unseren Planeten retten kann« zeigt angesichts der unverminderten Zerstörung unserer Umwelt auf, warum die Vision einer grünen Zukunft unumgänglich ist. Einen Tag vor dem Ende der UN-Klimakonferenz 2019 in Madrid zieht Naomi Klein Bilanz, welche tiefgreifenden Maßnahmen nötig sind, um den drohenden Kollaps unseres Klimas abzuwenden. Zur jährlichen Willy Brandt Lecture wird eine herausragende Persönlichkeit aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft oder Kultur eingeladen. In der Lecture greifen sie im Geiste Willy Brandts Themen auf, die für das Verständnis unserer Geschichte und die Gestaltung unserer Gegenwart und Zukunft von zentraler Bedeutung sind. Im Anschluss diskutiert sie mit Brigitte Knopf, Generalsekretärin, Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change.
Veranstalter: Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung
Datum: Donnerstag, 12. Dezember 2019
Beginn: 18.00 Uhr
Ort: Allianz Forum, Pariser Platz 6, 10117 Berlin
Begrüßung: Wolfgang Thierse
Vortrag in englischer Sprache mit simultaner Ãœbersetzung
(Die Veranstaltung ist bereits ausgebucht.)
Naomi Klein im Netz:
Ihre offizielle Website, auf Twitter, auf Instagram und auf Facebook.
Naomi Klein – Warum nur ein Green New Deal unseren Planeten retten kann
Hoffmann und Campe Verlag, Erscheinungstermin 11/2019
Originaltitel: On Fire. The (Burning) Case for a Green New Deal
Ãœbersetzung: Gabriele Gockel, Sonja Schuhmacher und Barbara Steckhan
Gebunden, 352 Seiten
ISBN 978-3-455-00693-3
Euro 24,00
Mehr zum Buch unter: www.hoffmann-und-campe.de
Mehr zum Thema
globalclimatestrike.net
www.de-ipcc.de
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Kate Raworth - Die Donut-Ökonomie. Endlich ein Wirtschaftsmodell, das den Planeten nicht zerstört
Aktueller könnte Kate Raworth mit ihrer Kritik am vorherrschenden Wirtschaftsmodell und ihren Vorschlägen zum Umdenken nicht sein. Ganz im Sinne der Fridays-for-Future-Bewegung und deren Engagement für sofortige Klimaschutz-Maßnahmen, stellt sie die veralteten Lehren der Wirtschaftswissenschaften fundiert in Frage. Mit ihrem "Donut-Modell" diskutiert sie Alternativen und plädiert für eine ökologische und menschenfreundliche Ökonomie, die an vorhandene Konzepte anknüpfen kann. (2019)
The Green Lie - Die grüne Lüge. Buch Kathrin Hartmann, Dokumentarfilm Werner Boote unter Beteiligung von Kathrin Hartmann, Kinostart: 22. März 2018
Dem Greenwashing der großen Konzerne, die Nachhaltigkeit versprechen und dabei Menschenrechte verletzen, gehen Autorin Kathrin Hartmann und Regisseur Werner Boote gemeinsam auf den Grund. Der Dokumentarfilm über falsche Produktversprechen und untätige Politiker*innen hatte auf der 68. Berlinale seine Welturaufführung. Inhaltlich ergänzt das im Februar 2018 im Blessing-Verlag erschienene gleichnamige Buch die im Film vorgestellten Beispiele. Damit belegen Hartmann und Boote eine erschreckende Ignoranz und Arroganz von Manager*innen und Politiker*innen gegenüber den internationalen Menschenrechten. (2018)
GenderCC - Women for Climate Justice e.V.
Vom 6.11-17.11.2017 fand die Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP23) in Bonn statt, bei der die Staats- und Regierungschef*innen zusammen kommen und über die Ausgestaltung des Klimaabkommens von Paris beraten. Erwartet wird die Verabschiedung des ersten Gender-Aktionsplans im internationalen Klimaprozess. (2017)
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Der erste G20-Gipfel 2008 in Washington war die Antwort auf die globale Banken- und Finanzkrise. Nun fand in Hamburg ein G20-Gipfel mit einem US-Präsidenten statt, der den US-Banken mehr Freiheiten gewährt. Dagegen schreibt die angesehene US-Wirtschaftsjournalistin Rana Foroohar mit ihrem (2017)
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Eisbären, Elefanten, Großer Panda, die Kegelrobbe, Menschenaffen, Nashörner, Tiger, Löwen ... dies sind nur einige der Säugetiere, die gegenwärtig vom Aussterben bedroht sind. Laut WWF gelten zurzeit 22.413 Arten auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) als gefährdet. (2016)
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