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Beitrag vom 10.07.2014
Ayelet Gunar-Gosen - Eine Nacht, Markowitz
Susann S. Reck
Altmodisch poetisch und vordergründig witzig: das Romandebüt der israelischen Schriftstellerin fährt mit einem Sammelsurium skurriler Gestalten auf. Fast 70 Jahre nach der Staatsgründung Israels...
...ist es also möglich. Es kann slapstickhaft, blumig und fast wie im Märchen über diese Zeit erzählt werden.
Das zeigt zum einen die Distanz, die notwendig ist, um aus Ereignissen Geschichte werden zu lassen. Zum anderen wirft gerade der Stil von Eine Nacht, Markowitz jedoch die Frage auf, ob die gewitzte Lust am Fabulieren über fast 400 Seiten tragen kann, und nicht einfach bloß ermüdet, nervt und von der Handlung ablenkt.
Markowitz
Der Roman erzählt die Lebensgeschichten und Verwicklungen von drei Paaren, die alle in einem Dorf bei Tel Aviv leben. Im Zentrum dieses Reigens steht Markowitz, der in den vierziger Jahren des letzten Jahrtausends, als Mitglied einer jüdischen Widerstandsbewegung, den Auftrag bekommt, in Europa zwanzig Frauen vor der Shoa zu retten. Mithilfe von Scheinehen, die, zurück in Palästina, sofort wieder gelöst werden, kann die Bewegung die Frauen tatsächlich in Sicherheit bringen. Der unscheinbare Markowitz jedoch will seine Bella, die Schönste von ihnen, nicht wieder hergeben und bricht die Abmachung. Mit ihr zurück in Palästina verweigert er die Scheidung.
Die getäuschte Bella, die entsetzten FreundInnen, das ganze aufgebrachte Dorf, alle versuchen daraufhin, ihn umzustimmen. Umsonst. Markowitz beharrt auf seinem Recht und arrangiert sich mit seinem ruinierten Ruf.
Pomadig
In Eine Nacht, Markowitz, geht es um Sex, der lüstern und pomadig, um nicht zu sagen altbacken daherkommt, um die Liebe zwischen Männern und Frauen, die sich als weder verlässlich, noch dauerhaft erweist. Konsequent stammen die drei Kinder, die den Irrungen und Wirrungen der Erwachsenen entspringen, alle nicht von den vermeintlichen Eltern. Dem tragisch Absurden der Episoden stülpt die Autorin jedoch leider eine holzschnittartige Komik über, die weder Tiefgang noch Humor erzeugt. Sie lässt vielmehr übersehen, dass in der Zeit der Staatsgründung, mit seinen Flüchtlingen, seinen verstörten Seelen aus dem Inferno Europa, Menschliches tatsächlich nicht absurd genug sein konnte.
Oberflächlich
Auf Äußerlichkeiten zu beharren, nervt. Schnell ermüdet die LeserIn von stilistischen Wiederholungen, allen voran Markowitz Null-Acht-Fünfzehn-Gesicht, dem weder emotional noch psychologisch entsprochen wird. Die Figur ist weder uncharismatisch noch langweilig noch richtig spießig. Auch sein bester Freund, ein Hüne, der das Leben umarmt, wird vor allem anderen als wandelnder Schnauzbart charakterisiert, der sich zunächst durch Palästina und später, nach der Staatsgründung, durch ganz Israel vögelt. An keiner Stelle ist sein Treiben unerwünscht, im Gegenteil. Die Damenwelt des letzten Jahrtausends ist, angesichts des überdimensionalen Schnauzers, über die Romanlänge von 400 Seiten, unisono hin- und weg.
AVIVA-Fazit: Auch wenn sich vor allem in das letzte Drittel des Romans ein Ton mischt, der anrührt und bewegt, bleibt insgesamt offen, was der Roman, jenseits seiner zahlreichen Handlungsstränge, eigentlich erzählen will.
Zur Autorin: Ayelet Gundar-Goshen wurde 1982 geboren und studierte zunächst Psychologie in Tel Aviv, später Film und Drehbuch in Jerusalem. Eine Nacht, Markowitz ist ihr erster Roman, für den sie 2012 den renommierten Sapir-Preis für das beste Debüt Israels erhielt.
Ihr zweites Buch Waking up the Lions erschien 2014 in Israel und wird ins Englische, Italienische und Deutsche übersetzt.
Ayelet Gundar-Goshen
Ein Nacht, Markowitz
Originaltitel: Laila echad, Markowitz
Aus dem Hebräischen von Ruth Achlama
Kein & Aber Verlag, erschienen Mai 2014
Hardcover, 432 Seiten, mit kostenlosem eBook
ISBN: 978-3-0369-5681-7
Preis: 22,90 Euro
www.keinundaber.de