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Beitrag vom 14.01.2014
Sue Donaldson und Will Kymlicka - Zoopolis
Clarissa Lempp
Autorin Sue Donaldson und Philosoph Will Kymlicka erklären Tiere zu Staatsbürgern in ihrer "politischen Theorie der Tierrechte". Ein wichtiges Buch über das Machtverhältnis zwischen Mensch und Tier
Auch wenn viele sie heute außer als Nachbarshund im täglichen Leben nicht wahrnehmen – Tiere leben mit uns und lassen täglich ihr Leben für uns. Wir bestimmen über sie, quälen und töten Tiere, vernichten ihren Lebensraum und rotten ganze Arten aus. Verständlicherweise fordern da manche radikale TierschützerInnen die völlige Aufgabe von Haustier- und Nutztierhaltung und die Trennung von menschlichen und tierischen Lebensbereichen. Aber wäre so ein "Kontaktverbot" überhaupt umsetzbar, bzw. sinnvoll? Sue Donaldson und Will Kymlicka stimmen den Grundsätzen der Tierbewegung zu. Kein Mensch sollte über das Leben oder den Tod eines Tieres bestimmen dürfen. Sie fordern aber auch umfassende staatsbürgerliche Rechte für Tiere, die sie weder zum Eigentum machen, noch aus unserer Welt ausschließen.
Donaldson und Kymlicka wollen das Tierrecht aus der moralischen Falle befreien und entwerfen auf Grundlage von Theorien der Staatsbürgerschaft den Mitbürger Tier. Dabei argumentieren sie dafür Tieren unverletzliche Grundrechte einzuräumen, die das Individuum Tier schützen und entwerfen das Szenario eines "Zoopolis", bei dem unterschiedlichen Tiergruppen ein spezifischer politischer Status zugesprochen wird. So zum Beispiel die volle Staatsbürgerschaft für domestizierte Tiere und Souveränität für Wildtiere und "Kulturfolger", wie Ratten oder Tauben, die in direkter Nachbarschaft mit uns leben.
Wie auch innerhalb der Bürgerkategorie Mensch beispielsweise Kinder nicht alle StaatsbürgerInnenrechte ausführen dürfen (wie das Wahlrecht), sollen auch Tierrechte an ihren Fähigkeiten orientiert sein, sie aber trotzdem in ihrer Unverletzlichkeit gleich Menschen anerkennen. Hier formuliert sich die Krux des Buches. Es arbeitet auf der Grundlage eines Staatsbürgerschaftssystems, das zugänglich erscheint und außerhalb moralisierender Argumentationen bestehen kann. Es ist aber auch ein System, das selbst Probleme mit der Machtverschiebung hat.
AVIVA-Tipp: Den AutorInnen ist eine wichtige und flüssige Argumentation gelungen, die den Diskussionen um Tierrechte einen interessanten neuen Ansatz geben. Sehr detailliert entwerfen sie Szenarien, wie Tiere als Subjekte am politischen Prozess teilhaben können. Das Buch ist klar formuliert und ansprechend lesbar und gibt gerade in den Grundkapiteln auch EinsteigerInnen wichtige Einblicke in die Mensch / Tier Verhältnisse.
Zu den AutorInnen: Sue Donaldson lebt als freie Schriftstellerin in Kingston, Kanada. Sie ist Autorin mehrerer Essays, Theaterstücke und Bücher.
Will Kymlicka ist Politikwissenschaftler und Philosoph, hat in Oxford promoviert und ist derzeit Professor für Politische Philosophie an der Queen´s University in Kingston. Zudem lehrt er regelmäßig an der Central European University in Budapest und war Berater der kanadischen Regierung. Weltweit berühmt wurde er durch seine Arbeiten zum Thema "Multikulturalismus" und seine Einführung in die Politische Philosophie, die als Standardwerk gilt und in 17 Sprachen übersetzt wurde.
(Verlagsinformation)
Sue Donaldson und Will Kymlicka
Zoopolis – Eine politische Theorie der Tierrechte
Suhrkamp Verlag, erschienen 2013
ISBN-10: 3518586009
ISBN-13: 978-3518586006 ISBN-10: 3455501125
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