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AVIVA-BERLIN.de im Dezember 2024 - Beitrag vom 14.01.2011


Black Swan - ein Film mit Natalie Portman
Ute Vetter

Nina qualifiziert sich für die Hauptrolle des weißen Schwans im berühmten Ballett von Tschaikowsky. Auf der unausweichlichen Suche nach dem kraftvoll-erotisch schwarzen Schwan begegnet die ...




... angespannte Primaballerina sich selbst. Die Welt in ihr wird massiv erschüttert und beginnt sich zu verschieben. Erschreckende Phantasien und zerstörerische Prozesse des Ichs werden auf der Leinwand sichtbar.

Boxen oder Ballett?

Nach diesem Film wird sich kein Mädchen mehr freiwillig zum Ballett anmelden oder eine Mutter wollen, dass ihre Tochter ihr Herz an Tutus verliert. Unsichtbare, physische und psychische Verletzungen, die die Kunst in sich birgt, erhalten hier den Status des Grauens. Boxen wird durch Frauen und Mädchen nach dem Kinobesuch garantiert regen Zulauf bekommen, denn es fördert im Gegensatz zum Ballett Selbstbewusstsein, Zielstrebigkeit, Attraktivität und Kreativität.

Der Film Black Swan zeichnet ein durch und durch anstrengend verformtes überstrapaziertes Weiblichkeitsbild in einer zwanghaft-konventionellen Ballettwelt.

Männliche Phantasien tropfen wie hochkonzentrierte Lösungen aus Pipetten auf die Leinwand, und langweilige Klischees über Frauen und ihre Körper reihen sich in dichter Folge aneinander: Eine ehrgeizig strenge Mutter, die ihre ambitionierte Karriere als Tänzerin aufgab und zum überwachenden Monster der Tochter mutiert, eine abdankende Primaballerina, die selbstzerstörerisch durch ein Autounfall verunglückt und ein neuer Ballettstern, der durch sexuell übergriffiges Gebaren des charismatischen Regisseur geläutert werden soll… Last but not least eine Zweitbesetzung der Schwanenrolle, die zu einer umwerfend anziehenden Konkurrentin stilisiert wird.

Wenn frau die leise aufkommende Wehmut über diese bösen Bilder unterdrücken oder humorvoll darüber hinwegsehen kann, wird der Kinobesuch dennoch vielversprechend, atemberaubend und unterhaltsam.

Das New York City Ballett wird seine Saison mit Tschaikowskis "Schwanensee" eröffnen. Der Ballettdirektor und Regisseur Thomas Leroy (Vincent Cassel) wählt aus der Company des Hauses für die klassische Doppelrolle des schwarzen/weißen Schwans Nina (Natalie Portman) aus. Für die erkorene Primaballerina könnte es endlich zum erträumten Durchbruch kommen, doch der Direktor beginnt an ihr zu zweifeln, weil Nina die verführerisch-dunklen Seite des schwarzen Schwans nicht überzeugend darstellt. Der Druck auf Nina wächst.

Die Rolle ist nicht nur durch die Erwartungen des Regisseurs und der ehrgeizigen Mutter Ninas gefährdet, sondern vor allem durch die entspannte, mit Sexappeal und dunkler Lust gesegnete Konkurrentin Lily (Mila Kunis). Die Hoffnung auf die ganz große Karriere und der Versuch, ihre Blockaden zu überwinden, werden für Nina zu einem sich ausweitenden unerträglichen Alptraum. Die Psyche einer aufstrebenden Ballerina wird langsam entblättert.

Changieren zwischen Psychothriller und Drama

Den Film prägen die großen Motive des berühmten Balletts "Schwanensee". Es dominieren die unbunten Farben Schwarz und Weiß in besonders dramatischen Momenten. Die Musik Tschaikowskys variiert und ist wieder und wieder bestimmend: als Klingelton eines Handys, als Melodie einer Spieluhr oder aber bei den Proben zur Aufführung des Balletts. Die Opposition aus unschuldig-jungfräulichem, weißem Schwan und bösem, intrigantem schwarzen spiegelt sich in den Rollen der Nina und ihrer Konkurrentin wider. Federn, Flügel und ein Schwan-Tattoo sind mit Horror, Schrecken und Eleganz verknüpft.

Die Kameraeinstellungen zeigen intensiv die ungeschönte Seite des Balletts, in der Knochen knacken und schmerzvolle Blessuren kaschiert werden. Blutig gequetschte Zehen zwängen sich dabei großformatig in Tanzschuhe. Atmosphärisch stark zieht der Film sein Publikum in die gnadenlos ehrgeizige Ballettwelt - Schmerzvolle Lust am klassischen Balletttanz, immerwährende Hoffnung auf anspruchsvolle Rollen und die Angst nicht gut genug zu sein.

Die seriöse Aura des Balletts mit seinen Spiegelsälen, Fluren und Garderoben wird aus der Perspektive Ninas gezeigt. Sie steht der privaten plüschig-pink-weißen Welt ihres zu Hauses brutal gegenüber. Übergangslos und plötzlich schieben sich surreal-düstere Bilder über die Wahrnehmung der Primaballerina. Die Grenze zwischen real und irreal verwischt kunstvoll. Der dramatischer Effekt, der sich mit der Verschmelzung der inneren Welt wie von selbst einstellt, ist lautlos und enorm wirksam.

Die Verbindung von Psychothriller und Ballett entführt also in die psychisch verstörte innere Welt einer Ballerina, die auf der glamourösen Bühne des Balletts brillieren möchte. Der Film bedient, wie schon gesagt, endlos Klischees, die dann kinematisch anspruchsvoll unterhaltend umgesetzt sind. Kameraführung, Lichteffekte und Einstellungen passen zum Genre des Thrillers und die ZuschauerInnen werden trotz des dramatisch pompösen Endes wunderbar leicht entlassen. Eine erotisch-lesbische Episode, die Frau nicht verpassen sollte, leuchtet kurz aber grell auf. Sie blitzt lasziv in den ZuschauerInnenraum und lässt das weibliche Herz höher schlagen, denn insgesamt kommen die Frauen in keiner anderen Szene so gut weg.

Zum Regisseur: Darren Aronofsky gab sein Spielfilmdebüt mit dem vielgepriesenen Independent-Film Pi, bei dem er auch am Drehbuch beteiligt war. Für diesen Film erhielt Aronofsky zahlreiche Auszeichnungen, darunter 1998 den Regiepreis beim Sundance Film Festival und einen Independent Spirit Award für das Beste Erstlingsdrehbuch. Er studierte Anthropologie, Film und Animation an der Harvard University. Große Aufmerksamkeit bekam der Regisseur 2000 für seinen eindringlichen und düsteren Film Requiem of a Dream. In seinem nächsten Projekt 2006 The Fountain arbeitete er mit Hugh Jackman und Rachel Weisz zusammen. The Wrestler kam 2008 in die Kinos.

Zur Hauptdarstellerin: Natalie Portman gab mit gerade mal 14 Jahren ihr Debut in Luc Bessons Film "Leon – Der Profi" (1994) 1998 spielte sie am Broadway die Titelrolle in dem Bühnenstück "Das Tagebuch der Anne Frank". Bis heute wirkte sie in über 25 Spielfilmen mit. Die am 09. Juni 1981 in Jerusalem geborene Natalie Hershlag legte sich 1994 den Mädchennamen ihrer Großmutter, "Portman", zu, nachdem sie mit ihren Eltern in die USA auswanderte. 2011 erwartet sie ihr erstes Kind. Sie lernte den französischen Choreographen und Balletttänzer Benjamin Millepied (33) bei den Dreharbeiten zum Film "Black Swan" kennen. Sie ließ verlauten, dass sie ihr Kind jüdisch aufzuziehen will. Weitere Infos unter: www.natalieportman.com


AVIVA-Tipp: Ein Psychothriller der besonderen Art. Ein Aronofsky. Nicht zu blutig, nicht zu dramatisch, effektvoll, mächtig, gewaltig und groß. Die Besetzung mit Natalie Portman, die monatelang hart für diese tänzerische Rolle trainierte, Vincent Cassel, Winona Ryder oder Mila Kunis versprechen nicht nur gutes Kino, sondern lösen es auch ein. Klassisches Ballett, herrliche dramatische Szenen in düsterer Atmosphäre wurden effektvoll mit dem Genre des Schreckens kombiniert. Sie sollten Aronofskys neuen Film einfach nicht verpassen!


Awards

BLACK SWAN wurde für die Golden Globes, die am 16. Januar 2011 in Los Angeles stattfinden, gleich in vier Kategorien nominiert: Bester Film (Drama), Beste Regie, Natalie Portman für die Beste weibliche Hauptdarstellerin und Mila Kunis für die Beste weibliche Nebendarstellerin.

Natalie Portman über ihre Nominierung: "Die Nominierung der HFPA ehrt mich sehr, v.a. in Anbetracht der anderen nominierten Darstellerinnen, die ich so sehr bewundere. Die Erfahrung, die ich beim Dreh von Black Swan mit Darren Aronofsky und unserem unglaublichen Team machen dufte, ist bereits die wertvollste Erfahrung meiner Karriere. Die Wertschätzung des Publikums bestärkt nur meine Dankbarkeit und meinen Stolz, Teil dieses Films zu sein."

Auch bei den Independent Spirit Awards, dem wichtigsten Independent Film Preis, wurde BLACK SWAN von der Jury bedacht. Vier Preise konnte der Psychothriller für sich entscheiden: für das Beste Feature, die Beste Regie, die Beste Kamera und Natalie Portman als Beste Hauptdarstellerin.
Zuvor hatten die New York Film Critics Black Swan in den Kategorien Beste Schauspielerin, Beste Kamera und Beste Filmmusik/Soundtrack ausgezeichnet. Damit nimmt nach Meinung der New Yorker Filmkritiker BLACK SWAN einen Platz unter den Top 10 Filmen des Jahres 2010 ein.
Und auch von den LA Film Critics erhielt BLACK SWAN bereits einen Preis – für die Beste Kamera.


Black Swan
USA 2010
Regie: Darren Aronofsky
Drehbuch: Mark Heyman, Andrés Heinz, John McLaughlin
DarstellerInnen: Natalie Portman, Vincent Cassel, Mila Kunis, Barbara Hershey, Winona Ryder, Ksenia Solo u.a.
Genre: Drama
Verleih: Twentieth Century Fox
Lauflänge: 110 Minuten
FSK: 16
Kinostart: 20. Januar 2011

Weitere Infos finden Sie unter: www.blackswan-derfilm.de und www.kino.de/kinofilm/black-swan

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Beitrag vom 14.01.2011

AVIVA-Redaktion