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Beitrag vom 27.08.2010
Jane´s Journey - Die Lebensreise der Jane Goodall
Elina Ioschpa
Oft hört man das Sprichwort: Wir haben diese Welt nicht von unseren Eltern geerbt, sondern von unseren Kindern geliehen. Doch so ganz stimmt es nicht: "Wir haben uns nichts geliehen. Was man...
...sich ausleiht, gibt man zurück. Wir haben gestohlen und tun es immer noch."
Ernst blickt Jane Goodall in die Kamera und fügt hinzu, "Das müssen wir ändern." Mit ihrem beachtlichen Engagement versucht die heute 76-Jährige Primatenforscherin und Umweltaktivistin genau das zu bewirken. Routiniert packt sie in ihrem Haus in London einen Koffer und nimmt uns mit auf ihre Reise. Eine Reise auf der sie uns vom Menschen unberührte, fast magische Orte zeigt und uns gleichzeitig bewusst macht, wie gefährdet diese Idylle ist. Von einem Schiff aus schaut sie auf einen der größten Eisberge Grönlands, seine Oberfläche ist tief zerklüftet. Ihr guter Freund Angaangaq, erklärt wie sich die erwärmende Erdatmosphäre auf das Leben der Inuit auswirkt. Noch während er von dem immer rasanter steigenden Meeresspiegel berichtet, bricht aus der "Wand aus Eis" eine riesige Platte und stürzt donnernd in die Tiefe. Doch angesichts dieser dramatischen Folgen des Klimawandels resigniert Goodall nicht. Seit den 1980er Jahren versucht sie mit ihren Projekten über globale ökologische und humanitäre Probleme zu informieren und Menschen zum Handeln anzuregen. Besonderen Schwerpunkt legt sie dabei auf Jugendarbeit. Mit ihrem globalen Programm Roots&Shoots animiert sie Jugendliche dazu, eigene Projekte zu entwickeln und auf diese Art einen Beitrag für Umwelt oder Artenschutz zu leisten.
Wie alles begann
Der Regisseur Lorenz Knauer zeichnet in dem Dokumentarfilm "Jane´s Journey - Die Lebensreise der Jane Goodall" ein umfassendes Portrait von Goodalls faszinierender Persönlichkeit und macht ihre Entwicklung von einer naiven jungen Frau zu einer weltweit anerkannten Primaten-Expertin, UN-Friedensbotschafterin und unermüdlichen Umwelt-Aktivistin sichtbar. Doch zuerst sehen wir eine eigensinnige 23-Jährige, die zwar auf Wunsch ihrer Eltern die Sekretärinnenschule abschließt, aber vor einer Zukunft an der Schreibmaschine flieht. Sie folgt im Jahr 1957 der Einladung eines Schulfreundes, Afrika zu entdecken. Als sie in Kenia ankommt und das Land kennen lernt, steht für sie bald fest, dass eine Rückkehr nach England ausgeschlossen ist. Im Kenya National Museum findet Jane Goodall einen Job und lernt dort den Paläontologen Louis Leakey kennen. Schon bald assistiert sie bei seinen Studien zu Menschenaffen und wird schließlich selbst eine Forscherin, die auf ihrem Gebiet Pionierarbeit leistet.
Für die Dokumentation stellte Jane Goodall dem Regisseur Lorenz Knauer bisher unveröffentlichtes 8mm-Filmmaterial aus den 1960er Jahren zur Verfügung. Die Aufnahmen zeigen ein verliebtes Paar: Jane Goodall und den Dokumentarfilmer Hugo van Lawick. Sie zeigen eine Ehefrau und Mutter, die mit Mann und Kind über einen weißen Sandstrand läuft. Auch geben die Aufnahmen einen Einblick in Jane Goodalls Leben im Urwald und ihre Arbeit mit den Schimpansen. Die Kamera beobachtet Goodall, wie sie die Affen aus unmittelbarer Nähe beobachtet und mit den Tieren einfühlsam in Kontakt tritt. Während dieser faszinierenden Szenen liest Goodall aus dem Off Ausschnitte aus privaten Briefen. Diese persönliche Eindrücken vervollständigen die beeindruckenden Bilder. So erfahren wir aus einem Schreiben an ihre Familie, dass Goodall schon früh fest davon überzeugt war, sich für den richtigen Beruf entschieden zu haben.
"Liebste Familie! Manchmal wird mir klar, wie seltsam das alles ist. Ich bin ein ganz normaler Mensch und tue hier, was ich immer tun wollte. Ich bin nicht in einem schrecklichen Büro ohne Sonne eingesperrt, sondern bin im Freien, schlafe unter den Sternen, klettere auf Berge und beobachte die vielen Tiere..."
Die Innenperspektive der Briefe lässt ein sehr persönliches Portrait der Wissenschaftlerin entstehen. Die Schreiben offenbaren, dass es Goodall erst nach monatelangen Anstrengungen gelang, sich den Schimpansen zu nähern. Oft wurden die Tiere aggressiv und griffen sie sogar an. Erst nach und nach gelang es ihr, die Schimpansen aus nächster Nähe zu beobachten. Sie fand heraus, dass Schimpansen aus Ästen Werkzeuge herstellen, mit denen sie Termiten aus Erdlöchern holen und dass sie Steine benutzen, um Nussschalen zu knacken. Diese Forschungsergebnisse, die Goodall in ihrer Promotion veröffentlichte, revolutionierten die bisherige Primatenforschung und machten sie weltberühmt.
Doch eine Konferenz von Primatenforschern unter dem Motto "Understanding Chimpanzees" im Jahr 1986 veränderte Jane Goodalls Leben. Neben wissenschaftlichen Themen wurden im Rahmen der Konferenz auch Seminare über Natur- und Artenschutz angeboten. Durch Berichte, Dias und Filme ihrer Kollegen erfuhr Jane Goodall, dass sowohl die Schimpansen als auch ihr Lebensraum durch den Menschen stark bedroht wird. Sie erfuhr auch, dass Wilderer Jagd auf die Tiere machen und ihr Fleisch auf Märkten als Bushmeat anpreisen und dass Schimpansen, die diesem Schicksal entkommen, aus ihrem natürlichen Lebensraum durch die Abholzung der Wälder verdrängt werden. Dass die Bestände der Schimpansen kontinuierlich abnehmen, wollte sie nicht hinnehmen. Aus der Forscherin wurde eine Aktivistin. Doch Goodalls Engagement hört nicht beim Artenschutz auf, ihr liegen auch soziale Projekte und der Umweltschutz am Herzen. Mehr als 300 Tage im Jahr ist sie unterwegs und fast jeden Tag an einem anderen Ort. In Tansania besucht sie ein Flüchtlingslager, wo sie mit ihrem Hilfsprojekt den Menschen Hoffnung gibt. Nur Tage später ist sie als UN-Friedensbotschafterin in New York und erzählt von den Fortschritten der Flüchtlingskinder.
Angelina Jolie und Goodalls FreundInnen
In Interviews lässt der Regisseur Goodalls FreundInnen und KollegInnen von gemeinsamen Erlebnissen erzählen. Die Geschichten von Goodalls Sohn, ihrer Schwester und ihren engsten Freunden zeigen hinter der toughen Aktivistin auch Goodalls private Seite, die der Mutter, Schwester und Freundin. Auch Stars wie Angelina Jolie kommen zu Wort. Für Jolie ist Goodall, deren Leben und Werk der Schauspielerin schon seit langem vertraut sind, "eine ständige Inspiration". Jolie, die von der Energie Jane Goodalls begeistert ist, sagt weiter: "Sie fesselt einen allein durch ihre Anwesenheit". Über die Sympathiebekundungen der Schauspielerin freut sich Goodall, wie sie im Film sagt. Denn prominente UnterstützerInnen lenken die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf das, was ihr am wichtigsten ist, ihre humanitären und ökologischen Projekte.
AVIVA-Tipp: Jane Goodall beeindruckt in dem Film mit ihrer Hingabe und ihrem unermüdlichen Engagement. Sie versucht mit all ihrer Energie das Bewusstsein der Öffentlichkeit für ökologische und humanitäre Probleme zu stärken. Der Regisseur Lorenz Knauer zeigt uns aber mehr als die Aktivistin und Forscherin, es gelingt ihm auch den Menschen hinter der öffentlichen Ikone sichtbar zu machen und zu verdeutlichen, was Goodall vorantreibt und ihr Kraft gibt ihren Kampf für eine bessere Welt weiter zu verfolgen.
Jane´ s Journey - Die Lebensreise der Jane Goodall
Deutschland 2010
Buch und Regie: Lorenz Knauer
DarstellerInnen: Jane Goodall, Pierce Brosnan, Angelina Jolie, Hugo van Lawick
Verleih: Universum Film
Lauflänge: 105 Minuten
Kinostart: 02. September 2010
www.janes-journey-film.de
Weitere Informationen erhalten Sie unter:
Webseite des amerikanischen Jane Goodall Institute
Webseite des deutschen Jane Goodall Institute (Ab September 2010 online)
amerikanische Webseite von Jane Goodalls Jugendprogramm "Roots&Shoots"