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Beitrag vom 20.10.2009
Wendy and Lucy - Regie Kelly Reichardt
Clarissa Lempp
Eine junge Frau bricht nach Alaska auf, um der Arbeitslosigkeit zu entkommen. Ihr einziger Trost: Hund Lucy. Leises amerikanisches Sozialdrama mit einer hervorragenden Michelle Williams.
Wendy (Michelle Williams) zieht mit wenigen hundert Dollar in der Tasche in Richtung Alaska, wo sie auf Arbeit in den Fischfabriken hofft. Zusammen mit ihrer Hündin Lucy wohnt sie in einem alten Honda. Sie trifft auf andere Umherziehende an einem Lagerfeuer und lauscht den Geschichten aus dem Billig- und TagelöhnerInnen-Nomadenleben (mit Musiker Will Oldham alias Bonnie "Prince" Billy als Hobo). Doch dann gibt irgendwo im Nirgendwo der Wagen seinen Geist auf und Wendys Pechsträhne beginnt.
Wendy wird im Supermarkt beim Klauen erwischt und als sie endlich gehen darf, ist Lucy, die vor dem Supermarkt hätte warten sollen, verschwunden. Das Auto in der Werkstatt, das Geld für die Reparatur aufgebraucht, macht sich Wendy, jetzt obdachlos und pleite, verzweifelt auf die Suche nach der Hündin. Ein älterer Wachmann, der das ganze Drama während seiner 12-Stunden Schichten beobachtet, ist Wendys Hilfe.
Wie überlebt man ohne Sicherheitsnetz? Die amerikanische Regisseurin Kelly Reichardt adaptierte für "Wendy und Lucy" wie bereits beim Vorgänger "Old Joy" eine Short-Story von Jon Raymond. Seine Figuren sind aus der Gesellschaft herausgefallen oder bewegen sich nur am Rand. Sie haben weder Versicherungs- noch Arbeitsschutz. Sie sindmoderne TagelöhnerInnen die von einem Job zum nächsten leben, wohnungslos, scheinbar rechte- und bindungslos. Dies trifft auch unverschuldet junge Menschen, sowie Wendy. "Es ist, als wäre sie allein in der Wildnis, im Dschungel. Sie ist in einen sozialen Urzustand verfallen. Sie kann sich auf niemanden verlassen, nur auf ihren Hund." (Kelly Reichardt)
Bereits "Old Joy" wurde mehrfach ausgezeichnet, u.a. von der Los Angeles Film Critics Association, dem Rotterdam International Film Festival und 2007 durch den Independent Spirit Awards, für den auch "Wendy und Lucy" als Bester Film nominiert war. Schauspielerin Michelle Williams (geboren 1980) wurde vor allem durch die Jugendserie "Dawson´s Creek" und das Homosexuellen-Drama "Brokeback Mountain" bekannt, für das sie für den Golden Globe und den Oscar nominiert wurde. Trotz ihrer Arbeit an Blockbustern wie "Halloween H 20" wendet sie sich immer wieder Independent-Movies zu, was, wie ihre hervorragende Leistung in "Wendy und Lucy" beweist, sie zu einer der facettenreichsten Schauspielerinnen ihrer Generation macht.
AVIVA-Tipp: "Wendy und Lucy" ist ein eindringlicher Blick in die Arbeitsnomaden-Tradition der amerikanischen BilliglohnarbeiterInnen und Unausgebildeten. Mit kraftvollen Bildern und einer überzeugenden Hauptdarstellerin.
Wendy und Lucy
USA 2008, engl. OmU
Regie: Kelly Reichardt
Buch: Kelly Reichardt und Jon Raymond
Darsteller: Michelle Williams, Will Patton, John Robinson, Will Oldham
Länge: 80 Minuten
Peripher Film Verleih
Starttermin: 22. Oktober 2009
FSK ab 6 Jahren