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Beitrag vom 25.05.2016
Sonita. Ein Dokumentarfilm von Rokhsareh Ghaem Maghami. DVD-Start: 10. März 2017
Laura Seibert
Vor den Taliban geflüchtet, rappt die 18 Jährige Afghanin in Teheran gegen den Verkauf von Mädchen an den meistbietenden Freier. Ihr freies Leben steht vor einem jähen Ende, als ihre Familie die Zwangsheirat plant.
"Der beste Job für eine Frau ist die Heirat." Dass Sonita Alizadeh zur Schule gehen, sich weiter entwickeln und vor allem Musik machen will, ist für ihre Brüder, die in der Familie das Sagen haben, unverständlich und unerheblich. Ihr Bruder Zaher will heiraten, dafür braucht er Geld, denn in Afghanistan haben "alle Bräute einen Preis". Dieses Geld soll Sonitas Zwangsheirat einbringen, ihr Verkaufspreis beträgt 9000 $. Dass sie nicht verkauft werden will an einen fremden Mann, hat für die Brüder keine Bedeutung. Für ihre Mutter, die nach Teheran reist, um sie für den Verkauf nach Hause zu holen, rappt sie im Wohnzimmer folgende Zeilen:
"Ich höre Vater sagen
`Es ist alles klar
Wir verkaufen unsere Tochter,
davon leben wir.´ Ich zitt´re.
Was redet er da?
Ich glaube, die meinen mich.
Und dabei lächelt er so breit
wie schon lange nicht mehr.
Ich will´s ihm ausreden, er sagt:
`Schule ist doch nichts für dich!´
Ich frage schockiert:
`Was soll das heißen?
Ich bin doch noch ein Kind!´
Aber er lässt mich ganz einfach steh´n.
Das muss man sich mal vorstell´n.
Mama nimmt meine Hand:
`Vergib mir, Kind!
Ich bete, dass du
nicht leidest wie ich.
Ich weine, knie vor ihr nieder,
aber Mama sagt: `So ist das nun mal.´"
Und genau in dieser Logik – `so ist das nun mal´ – will ihre Mutter sie mitnehmen, verkaufen, zwangsverheiraten. Obwohl sie Sonitas Verse gut findet. Die Rückfahrt nach Herat in Afghanistan setzt sie unnachgiebig für den nächsten Tag an.
Rap als politischer Aufruf
"In Afghanistan singen Mädchen nicht." Im Iran auch nicht. Doch Sonita spielt Gitarre, schreibt Songs und rappt. Durch eine Geldzahlung kann die Hochzeit und die Rückkehr ins von Taliban beherrschte Afghanistan aufgeschoben werden: Sonita verwirklicht ihren Traum, nimmt den Song "Brides for Sale" auf, der den Brauch der Zwangsheirat anprangert. Innerhalb von zwei Wochen hat ihr YouTube-Video mehr als 8000 Klicks und bekommt internationale Aufmerksamkeit. Zerschunden und voller Blut, in einem symbolischen weißen Brautkleid, zeigt sie sich im Videoclip, der mittlerweile mehr als 492.000 Male aufgerufen wurde.
Das Dilemma zwischen Nähe und Distanz
Die Regisseurin Rokhsareh Ghaem Maghami wird im Laufe der Dreharbeiten persönlich in die Handlung der Doku verwickelt. Zunächst ist sie nur als Stimme hörbar, dann vertauscht Sonita die Rollen und beginnt Rokhsareh Ghaem Maghami zu interviewen und zu filmen. Das Dilemma, zwischen notwendiger Distanz und Eingreifen-Wollen, lässt sich für die Regisseurin nur auf eine Weise lösen, indem sie Sonita unterstützt. Gerade weil sie ihre eigene Rolle nicht verbirgt, und nicht anonym im Hintergrund bleibt, ist ihr Film glaubwürdig und authentisch.
Auszeichnungen
Der Film hat auf dem diesjährigen Sundance Film Festival den World Cinema Grand Jury Prize und den Audience Award in der Kategorie World Cinema Documentary gewonnen. Auf dem International Documentary Filmfestival Amsterdam wurde "Sonita" mit dem DOC U Award und dem Audience Award ausgezeichnet.
AVIVA-Tipp: "Sonita" ist die fesselnde Geschichte über eine junge, musikalisch begabte Frau aus Afghanistan, die an ihre Musik glaubt, in der sie die frauenverachtende Praxis der Zwangsheirat verurteilt. Ihr Anliegen ist es, etwas für alle betroffenen Mädchen und Frauen zu verändern. Der Musik-Film geht über die üblichen Grenzen der Dokumentation hinaus und involviert die sich entwickelnde Freundschaft zwischen der Regisseurin Rokhsareh Ghaem Maghami und Sonita. Ein neuer Umgang mit dem Genre Dokumentarfilm entsteht. "Sonita" ist in jeder Hinsicht ein außergewöhnlich sehenswerter Film.
Zur Regisseurin: Rokhsareh Ghaem Maghami hat Regie und Animation an der Kunst Universität in Teheran studiert, wo sie 1973 geboren wurde. Ihre Forschung im Bereich der Animation hat sie 2009 unter dem Titel "Animated Documentary, a New Way to Express" veröffentlicht. Sechs kurze Dokumentarfilme hat sie bereits fertiggestellt, darunter "Cyanosis" (mit Animationen) (2007) und "Going up the Stairs" (2011), welche weltweite Anerkennung erhielten.
Zum Interview mit der Regisseurin auf: blogs.indiewire.com
Sonita
Deutschland/ Iran/ Schweiz 2015
Regie: Rokhsareh Ghaem Maghami
Lauflänge: 91 Min, OmU
Verleih: Real Fiction
DVD-Start: 10.3.2017
DVD-Extras: Booklet zum Film und Sonitas Geschichte, Kinotrailer
Sprachen: Englisch, Farsi
FSK: ab 6 Jahren
EAN:4015698007510
Preis: 17,90 Euro
www.realfictionfilme.de und www.facebook.com/sonita.film
www.goodmovies.de
Der Song "Brides for Sale" von Sonita auf www.youtube.com
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