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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 20.04.2011


Das Hausmädchen - Ein Film von Im Sang-soo. Verlosung
Kristina Auer

Das packende Remake des gleichnamigen südkoreanischen Filmklassikers von Kim Ki-young aus dem Jahr 1960 thematisiert ebenso... AVIVA verlost 4x2 Freikarten




... gesellschaftliche wie sexuelle Machtverhältnisse und prägt sich durch opulente Bilder tief in das Bewusstsein ein.

Hochbetrieb während der Abendstunden in einem volkstümlichen koreanischen Stadtviertel. Überall bunte Lichter, Geräusche, Gerüche. Frische Speisen werden zubereitet und zum Verkauf angeboten, Menschen schweifen umtriebig umher. Vom Balkon eines Hochhauses in schwindelerregender Höhe betrachtet eine junge Frau das fröhliche Getummel der Menschen zwischen Läden und Restaurants. Sie nimmt einen tiefen Atemzug. Dann springt sie.

Der Prolog von "Das Hausmädchen" antizipiert durch den Selbstmord einer Unbekannten auf dramatische Weise das Ende einer tragischen Geschichte und weist gleichsam, indem alles bereits zu Beginn feststeht, auf die Ausweglosigkeit eines nicht zu verhindernden Schicksals hin.

Die junge Eun-yin stammt aus bescheidenen Verhältnissen. Als sie von der reichen Familie Goh als neues Hausmädchen eingestellt wird, sieht es zunächst so aus, als sei das Glück auf ihrer Seite. Sowohl die hochschwangere Hausherrin Hae-ra als auch ihr Gatte, der Geschäftsmann Hoon, begegnen ihr zwar reserviert aber freundlich. Schnell findet sich Eun-yi in den neuen Verhältnissen zurecht und kümmert sich liebevoll um die siebenjährige Tochter Nami.

Doch ihre Attraktivität und ihre Leichtgläubigkeit werden Eun-yi zum Verhängnis. Hoon, der es seit jeher gewohnt ist, alles zu bekommen was er will, findet Gefallen an seiner neuen Bediensteten und verführt sie zu erotischen Eskapaden. Der älteren Hausangestellten Byung-sik entgeht die Affäre nicht. Sie ist außerdem diejenige, die bei Eun-yi noch vor ihr selbst die Anzeichen einer Schwangerschaft erkennt. Weil Byung-sik die naive Eun-yi um ihre unschuldiges Wesen und die Leichtigkeit, mit der sie ihre Arbeit verrichtet, beneidet, informiert sie Hae-ras bösartige Mutter über die Affäre und die Schwangerschaft. Nachdem diese auch ihre Tochter von den Geschehnissen in Kenntnis gesetzt hat, beschließen beide, die Geburt des Kindes um jeden Preis zu verhindern.

Hierarchien und Gesellschaftskritik

Schon im Filmplakat von "Das Hausmädchen" werden unmissverständlich die ungleichen Machtverhältnisse deutlich, das Oben und Unten, von denen der Film handelt. Der Thriller von Regisseur Im Sang-soo ist damit in erster Linie auch ein sozialkritischer Film.

Während das Original von 1960 sich noch um eine Mittelstandsfamilie drehte, spielt das moderne "Hausmädchen" im superreichen Milieu einer dekadenten und gefühlskalten Oberschicht, für die Status und Besitz mehr zählen als das Wohlergehen der Menschen in ihrem Umfeld. Sang-soo übt scharfe Kritik an dieser Schicht und vor allem an deren übermächtiger Kontrolle der Gesellschaft, die sich am Schicksal von Eun-yi erkennbar macht, indem er besonders deren emotionale Kälte und Skrupellosigkeit verdeutlicht: Uniformiert in dunklen Wollmänteln und mit geradlinigen Schritt wirken die Mitglieder der Familie einschließlich der kleinen Tochter Nami wie SoldatInnen, die lediglich funktionieren und wenig Lebendiges an sich haben. Diese Leblosigkeit spiegelt sich ebenfalls in der Atmosphäre des Hauses wider, die von Kälte und seinen wortkargen BewohnerInnen geprägt ist. Lediglich Hoons virtuoses Klavierspiel durchbricht dann und wann die unheimliche Stille.

Auch das Verhalten der Familienmitglieder ist aussagekräftig: Hoon, der seiner Ehefrau gegenüber nicht die geringste Reue empfindet und der von ihm, durch ihn ausgenutzten Eun-yi am Ende sogar Undankbarkeit vorwirft, wird nur noch von seiner hinterhältigen Schwiegermutter übertroffen, die das schwangere Hausmädchen erst von einer Leiter stößt und, als dies nicht die erwünschte Wirkung erzielt, kurzerhand zu noch drastischeren Maßnahmen greift.

Doch Sang-soo thematisiert in seinem Film nicht nur soziale Ungleichheiten, er denunziert auch die sexuelle Hierarchie zwischen Männern und Frauen. Diese zeigt sich zunächst in der unterwürfigen Haltung der Bediensteten, die in Hoons Anwesenheit stets den Blick gesenkt halten. Hinzu kommt die Hilflosigkeit, mit der Eun-yi zunächst die Avancen ihres Arbeitgebers über sich ergehen lässt, bevor sie sich allerdings mit voller Leidenschaft in die Affäre stürzt und sich damit an ihrem eigenen Verderben beteiligt.
Für die betrogene Ehefrau Hae-ra ist Unterwerfung zur Überlebensstrategie geworden, Reichtum und Macht lauten die Maximen, welche ihr beständig von ihrer Mutter eingetrichtert wurden.
Eun-yi dagegen weigert sich, derart opportunistisch zu handeln und sich nur um ihren eigenen Vorteil zu bemühen. Stattdessen bleibt sie stets ihren Überzeugungen treu. Für Im Sang-soo ist sie deshalb die einzige (weibliche) Figur des Film, die sich nicht zur Sklavin degradieren lässt.
Dass diese Charakterzüge so überaus deutlich werden, ist nicht zuletzt Jeon Do-youns herausragendem Spiel zu verdanken. Mit Leidenschaft verkörpert sie das kindlich-unschuldige Mädchen mit reinem Herzen und unbezwingbarer Willenskraft, das durch ihre schauspielerische Leistung erst wirklich lebendig wird.

Bildsprache

"Das Hausmädchen" besticht neben seiner beklemmenden Spannung, die auf die Zuschauerin eine sogähnliche Wirkung ausübt, durch seine atemberaubende Ästhetik. Aufgrund einer sorgfältig zusammengestellten Ausstattung ergeben sich die kunstvollen und eindrücklichen Bilder, in denen das spannende Drama seinen Lauf nimmt.

Der Fokus liegt hier deutlich auf dem Kontrast zwischen dem überschwänglichen Reichtum und der emotionalen Kälte der Familie Goh. Symbolhafte Merkmale wie der prunkvolle Kronleuchter, teurer Wein, der beheizte Swimming Pool und besonders die aufwendig zubereiteten Häppchen und Speisen lassen keinen Zweifel am enormen Wohlstand dieser Familie der Oberen 10.000. Die visuellen Aspekte dieses Wohlstandes werden mithilfe von Opernmusik und Hoons Klavierspiel gekonnt unterstrichen.
Das Wohnhaus der Gohs, mit seiner einschüchternden Größe ebenfalls ein Beweisstück des Reichtums, zeichnet sich jedoch gleichzeitig durch Leere und kantige, schwarze Möbel aus. In dieser bis ins letzte Detail aufgeräumten Strenge wirkt das Haus nahezu unbewohnt und das Fehlen von Menschlichkeit wird über alle Maßen deutlich.

AVIVA-Tipp: "Das Hausmädchen" aus dem Jahr 2010 weist mit einem packenden Spannungsverlauf im Stil eines Hitchcock-Thrillers und bestürzender Bildgewalt alle Qualitäten auf, um wie sein Original zu einem Klassiker der Filmgeschichte zu werden. Indem Regisseur Im Sang-soo den Fokus auf eine soziale Kritik gelenkt und das Drehbuch den modernen gesellschaftlichen Verhältnissen angepasst hat, verleiht er der Geschichte über das unglückselige Dienstmädchen eine ganz neue Bedeutung.


AVIVA-Berlin verlost 4x2 Freikarten. Bitte nennen Sie uns den Titel des Originals aus dem Jahr 1960 und senden bis zum 01.05.2011 eine Email an folgende Adresse: info@aviva-berlin.de


Das Hausmädchen
Hanyo
Südkorea 2010
Regie: Im Sang-soo
Drehbuch: Im Sang-soo, Kim Ki-young
Produktion: Jason Chae, Kim Jin Sup, Choi Pyung Ho, Kim Dong Won, Kim Kyung
DarstellerInnen: Jeon Do-youn, Lee Jung-jae, Seo Woo, Ahn Seo-hyun, youn Yuh-jung
Verleih: Alamode
Lauflänge: 106 Minuten
Kinostart: 21. April 2011

Weitere Infos zum Film finden Sie unter:

www.das-hausmaedchen.de

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Beitrag vom 20.04.2011

AVIVA-Redaktion