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Beitrag vom 12.05.2010
Suze Rotolo - Als sich die Zeiten zu ändern begannen. Erinnerungen an Greenwich Village in den Sechzigern - Verlosung
Claire Horst
Patti Smith hat es gerade vorgemacht: Persönliche Erinnerungen lassen sich wunderbar mit der Erzählung einer ganzen Epoche verbinden... AVIVA-Berlin verlost 3 Bücher
... Suze Rotolo verfolgt ein ähnliches Prinzip. Aufhänger ihrer Memoiren ist die Zeit, die sie mit dem später weltberühmten Sänger Bob Dylan verbrachte.
Wie Smith erzählt Rotolo jedoch nicht nur eine persönliche Lebens- und Liebesgeschichte, sondern lässt ihre LeserInnen eintauchen in das Lebensgefühl der sechziger Jahre im Greenwich Village.
Ihr Roman ist keine Beweihräucherung des Weltstars Bob Dylan geworden - zum Glück, denn Rotolo hat selbst genug erlebt, um damit ein Buch zu füllen. Als Tochter kommunistischer EinwanderInnen aus Italien wuchs sie in einem liberalen und an Kultur interessierten Umfeld auf. In ihre Jugendzeit fiel allerdings auch die McCarthy-Ära, in der zahllose Intellektuelle wegen angeblich kommunistischer Umtriebe im Gefängnis landeten oder ausgewiesen wurden. Im Süden der USA war die "Rassen"-Trennung in Restaurants noch völlig normal - eins der Themen, die Rotolo politisierten.
Die Autorin blickt auch auf ihre Familiengeschichte zurück und berichtet so von einem zentralen Element der Vereinigten Staaten, einem klassischen Einwanderungsland. Das Schicksal der eigenen Vorfahren verbindet sich auf fesselnde Weise mit dem einer ganzen Generation: "Als ausgebildete Schneiderin fand meine Großmutter, obwohl sie nicht fließend Englisch sprach, Arbeit in der Bekleidungsindustrie. Wie die vielen anderen europäischen Immigranten auch, die während des Einwanderungsbooms Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts nach Amerika kamen, arbeitete sie hart. Sie hatte Glück, dass sie nicht in den Ausbeuterbetrieben im südlichen Manhattan beschäftigt war, wo die katastrophalen Zustände 1911 zu dem berühmten Brand der Triangle Shirtwaist Factory führten, in dem so viel junge italienische und jüdische Frauen umkamen."
Suze Rotolos Beziehung zu Dylan begann in einem der zahllosen Folkclubs, die es in den sechziger Jahren in New York gab. Folk Music, das war die gesellschaftskritische Musik junger AmerikanerInnen, bevor die Rockmusik so richtig einschlug. MusikerInnen vieler Genres waren in den Clubs zu hören, "neben Bluegrass gehörten dazu traditionelle Balladen, Folksongs aus vielen verschiedenen Ländern, Blues und Gospel".
Rotolo trifft auf Persönlichkeiten wie Woody Guthrie, John Lee Hooker und Joan Baez und engagiert sich selbst künstlerisch in der Szene. So arbeitet sie an Off-Theatern als Bühnenbildnerin, verkauft mit einer Freundin selbstgebastelten Schmuck und zeichnet Flyer und Poster für Folkkonzerte befreundeter MusikerInnen. Sie ist eine begeisterte Leserin und verbringt viel Zeit in Kunstgalerien und Museen - ein Interesse, das sie Bob Dylan vermittelt. Nicht die Musik und der große Musiker Bob Dylan sind ihr Lebensinhalt, sondern die bildende Kunst, diese Erkenntnis muss sie sich hart erarbeiten in einer Zeit, in der sie nur als "Puppe" ihres Partners gilt.
Erst 17 war die Autorin, als sie mit Dylan zusammentraf. Kein Wunder, dass ihre Beziehung im konservativen Amerika dieser Zeiten nicht reibungslos verlief. Ihr Stiefvater, ein Universitätsprofessor, wollte von ihrem unverheirateten Zusammenleben nichts wissen. Die Mutter konnte Dylan wegen seines "ungehobelten" Betragens nicht leiden. Und Rotolo selbst sagt im Rückblick, ihr sei schon damals aufgefallen, dass einiges nicht stimmte im Umgang der Geschlechter miteinander - sie hatte nur noch keine Worte dafür, denn Eingang in die öffentlichen Diskussion fand der Feminismus erst in den siebziger Jahren. Gemeinsame Bekannte erwarteten von ihr, dass sie Bob Dylan den Rücken stützen sollte - was dem Frauenbild etwa im zeitgenössischen Film entsprach: "Die Männer haben Namen in dem Film, bei den Frauen aber ist nur von der Ehefrau und der Schwester die Rede. Wie ich es sah, erkannten und akzeptierten die weiblichen Figuren, dass sie im Leben ihrer Männer die Rolle einer Helferin innehatten. Es war deprimierend, es überstieg offenbar jede Vorstellungskraft, dass auch Frauen wild, frei und verrückt sein könnten."
Das Buch ist auch eine leise Verabschiedung des alten Greenwich Village geworden. Der Ort, an dem man billig leben und sich als KünstlerIn mit Caféjobs über Wasser halten konnte, existiert nicht mehr - Ende der Sechziger passierte dort, was heute in Kreuzberg zu beobachten ist.
AVIVA-Tipp: Suze Rotolo erzählt lebendig und anschaulich aus einer vergangenen Zeit, ohne in Sentimentalitäten abzugleiten. Es ist ein Buch über die Suche nach sich selbst geworden und zugleich ein Nachruf auf ihre eigene Jugend. Eine persönliche Musik- und Kulturgeschichte, die wie eine kleine Zeitreise wirkt - wunderbar!
AVIVA-Berlin verlost 3 Bücher. Bitte nennen Sie uns den Titel der Ausstellung von Suze Rotolo 2009 in New York und senden bis zum 12.06.2010 eine Email an folgende Adresse: gewinnspiele@aviva-berlin.de
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Zur Autorin: Suze Rotolo Susan "Suze" Rotolo wurde 1946 als Kind italienischer EinwanderInnen in New York City geboren. Von ihren kommunistischen Eltern früh politisiert, engagierte sie sich in der Menschenrechtsbewegung der Sechziger Jahre und traf mit zahlreichen KünstlerInnen zusammen. Als Besucherin der New Yorker Folkclubs traf sie auf den noch unbekannten Bob Dylan, mit dem sie eine mehrjährige Beziehung führte. Rotolo lebte mehrere Jahre lang in Europa und wohnt heute als bildende Künstlerin in Greenwich Village, New York. Sie ist verheiratet und hat einen Sohn. (Verlagsinformationen)
Die Autorin im Netz: Suze Rotolo www.suzerotolo.comSuze Rotolo - Als sich die Zeiten zu ändern begannen. Erinnerungen an Greenwich Village in den Sechzigernparthas berlin, erschienen im Februar 2010
Aus dem Englischen von Paul Lukas
376 Seiten, mit 78 s/w-Abbildungen
ISBN: 978-3-86964-018-1
Preis: 24,00 Euro
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