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Beitrag vom 22.12.2008
Bettina de Cosnac - Gisèle Freund. Ein Leben
Karolin Korthase
Die Fotografin und Fotoreporterin Gisèle Freund beeindruckt nicht nur durch ihr Œuvre, sondern auch durch ihre bewegte Lebensgeschichte. AVIVA-Berlin verlost 1 Buch
Am 19. Dezember 2008 wäre sie 100 Jahre alt geworden. Mehrere Buchveröffentlichungen und Ausstellungen widmen sich in diesem Jahr ihrem Leben und Schaffen. So hat Bettina de Cosnac im Arche Verlag das Porträt "Gisèle Freund. Ein Leben" veröffentlicht.
Biographisches zur Künstlerin Gisèle Freund
Sie wurde am 19. Dezember 1908 in Berlin geboren und wuchs in einer wohlhabenden jüdischen Familie im Stadtteil Berlin-Schöneberg auf. Ihr Vater war Kunstsammler, ein Liebhaber der Romantik, der zahlreiche Originale, beispielsweise die "Kreidefelsen von Rügen" von Caspar David Friedrich besaß. Ab 1930 studierte Gisèle Freund in Frankfurt am Main bei Horkheimer und Mannheim (Frankfurter Schule) Soziologie und pflegte intensive Beziehungen zu Norbert Elias. Dieser machte die Amateurfotografin auf das bisher unberührte Feld der theoretischen Erforschung der Fotografie aufmerksam. Ihre Dissertation über die Anfänge der Fotografie und die Entwicklung der Reproduktionstechniken in Bezug zu gesellschaftlichen Verhältnissen ("La photographie en France au XIXe siècle") ist zu einem Standardwerk in der Fotografieforschung avanciert.
Nach der Machtergreifung Hitlers emigrierete die Jüdin nach Frankreich. Dort fand sie schnell Anschluss an den Kreis um Adrienne Monnier, eine Buchhändlerin, mit der sie eine langjährige und intime Freundschaft verband und die sie mit vielen französischen Intellektuellen bekannt machte und ihre Doktorarbeit ins Französische übersetzte. Schon während ihres Studium hatte Gisèle begonnen fotojournalistisch zu arbeiten. Es entstanden Fotoreportagen über Arbeitslose in Nordengland und Aufnahmen vom 1. Internationalen Schriftsteller-Kongress zur Verteidigung der Kultur 1935 in Paris. Ihre Leidenschaft galt jedoch einem anderen Genre: der Porträtfotografie. Obwohl sie mit den Aufnahmen von SchriftstellerInnen und KünstlerInnen, die sie aus dem Kreis um Monnier kannte, zunächst kein Geld machen konnte, verfolgte sie die Verfeinerung und Verbesserung ihrer fotografischen Fähigkeiten auf diesem Gebiet mit äußerster Akribie. Dass Gisèle Freund besonders gerne LiteratInnen porträtierte ist kein Zufall: Schriftstellerin zu werden war ihr Lebenstraum, der allerdings nie in Erfüllung ging, da sich die Jüdin nach der Flucht aus Deutschland im Jahre 1933, eines Sprach-Potpourris aus Deutsch, Französisch, Spanisch und Englisch bediente, aber zu ihrem eigenen Bedauern keine der Sprachen perfekt beherrschte.
Nach Einmarsch deutscher Truppen 1940 in Paris, floh sie zunächst aufs Land und dann nach Südamerika. Dort lebte und reiste sie und dokumentierte das Leben und die Kultur der Einheimischen. In dieser Zeit entstanden unter Anderem auch die weltberühmten Aufnahmen von der argentinischen Präsidentengattin Evita Perón und von den mexikanischen Künstlern Diego Rivera und Frida Kahlo.
Gisèle Freund hatte im Gegensatz zu vielen ihrer künstlerisch begabten Zeitgenossen nie gravierende Probleme, von ihrer Leidenschaft zu leben und wurde Zeit ihres Lebens gefördert. Diese herausgehobene gesellschaftliche Stellung und der selbstverständliche Kontakt und Umgang mit den Berühmtheiten ihrer Zeit ließ sie dennoch nicht die Bodenhaftung verlieren. Ein soziologischer, ethnographischer Blick blieb ihr zeitlebens eigen und bewahrte sie vor Eitelkeiten und Selbstüberhöhung.
Im Prozess der Herstellung eines Fotos war es ihr oberstes Anliegen, den Porträtierten keine vorgefertigte Idee eines Bildes aufzuzwingen, sondern ihre Anwesenheit als Fotografin vergessen zu lassen. Wie gut ihr das gelungen ist, bezeugt der Umstand, dass viele ihrer Fotografien im öffentlichen Gedächtnis präsent sind, aber nur Wenige ihren Namen kennen. Ihre zahlreichen Portraits von SchriftstellerInnen und ihre fotojournalistischen Reportagen machten sie als ´Die Frau mit der Kamera´ bekannt. Sie starb am 31. März 2000 in Paris.
"Gisèle Freund. Ein Leben". Von Bettina de Cosnac
Bettina de Cosnac ist ein intimes und detailreiches Porträt über Gisèle Freund gelungen. Es wird spürbar, dass sich die beiden kannten – 1988 begegnete de Cosnac der Künstlerin erstmals auf der Terrasse des Martin-Gropius-Baus, um sie für eine Reportage zu interviewen.
Ihr Porträt wurde im Fortlauf der Recherche, wie sie selbst sagt, immer mehr zu einer "Lebensreportage", denn je tiefer sie in die Geschichte der Fotografin eindrang, desto faszinierter war sie von diesem "Tanz in vier Sprachen" und dem "Tête-à -tête mit den bedeutendsten Schriftstellern der Weltliteratur".
"Gisèle Freund. Ein Leben" ist chronologisch aufgebaut und beginnt mit Giseles Kindheit und Jugend in Berlin. Es folgen knappe und kurzweilige Kapitel, die de Cosnac nach einschneidenden und wichtigen Etappen und Personen in Gisèle Freunds Leben eingeteilt hat. Beigefügt sind bisher unveröffentlichte Bilder und Briefe der Fotografin, die sie von einer sehr privaten, alltäglichen Seite zeigen. Vollkommen unberührt lässt de Cosnac kunsttheoretische Diskurse über die fotografischen Arbeiten von Freund. Sie widmet sich ihrem Werk nur in Bezug zur Biographie und erzählt so beispielsweise Anekdoten und Begebenheiten mit den Persönlichkeiten, die Gisèle porträtierte. Dieser Ansatz ist erfrischend und wird dem Anspruch gerecht, den interessanten und bewegten Lebensweg der Künstlerin, obwohl Gisèle selbst sich nie als solche bezeichnet hätte, nachzuzeichnen und die LeserInnen mit auf eine Jahrhundertreise zu nehmen.
AVIVA-Berlin verlost 1 Buch "Gisèle Freund. Ein Leben". Bitte beantworten Sie folgende Frage: Wo lehrt Bettina de Cosnac und senden Sie bis zum 22.01.2009 eine eMail an folgende Adresse: gewinnspiele@aviva-berlin.de
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Bettina de CosnacGisèle Freund. Ein LebenArche Literatur Verlag, erschienen September 2008
297 Seiten
ISBN 978-3716023822
24 Euro
www.arche-verlag.com