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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 24.05.2013


Sylvia Plath - Die Glasglocke. Neuauflage mit einem Vorwort von Alissa Walser. Verlosung
Bärbel Gerdes

"Ich wusste, irgendetwas stimmte in diesem Sommer nicht mit mir". Auch 50 Jahre nach Erscheinen ist der Roman über eine psychische Krise.. AVIVA verlost 3 Bücher




... im Leben einer Studentin berührend, verstörend – und komisch.

Esther Greenwood, eine strebsame Studentin, neunzehn Jahre alt und aus einer Vorstadt Bostons stammend, gewinnt bei dem Wettbewerb einer Modezeitschrift einen Preis, um den sie viele beneiden: ein einmonatiger Job in New York nebst kostenlosem Aufenthalt und allen möglichen Extras, Ballettkarten und Eintrittskarten für Modeschauen, Gutscheine …, Begegnungen mit erfolgreichen Leuten aus der Branche, nach der wir uns sehnten….
Doch Esther erfährt diesen Aufenthalt anders als erwartet: "Angeblich erlebte ich gerade die schönste Zeit meines Lebens. Angeblich waren Tausende anderer Collegemädchen neidisch auf mich".

Sylvia Plath´s einziger und stark autobiographischer Roman erschien 1963. Angesiedelt ist er 1953, in jenem "Sommer, in dem die Rosenbergs auf den elektrischen Stuhl kamen". Einen Monat nach Erscheinen des Buches nahm sich Sylvia Plath, die durch ihre Gedichtbände Berühmtheit erlangt hatte, das Leben.

Esther Greenwood gerät in New York in eine tiefe Krise. Zwar schließt sie sich den anderen elf jungen Frauen an, die mit ihr den Gewinn teilen, doch ihre Sicht auf die Dinge und auf sich selbst ist eine analysierende, eine fast sezierende Draufsicht: "Auf diese Weise lernte ich vieles kennen, wovon ich sonst nie erfahren hätte, und auch wenn es mich überraschte oder wenn mir übel davon wurde, ließ ich mir nie etwas anmerken, sondern tat so, als hätte ich schon immer über alles Bescheid gewusst".

Mit einer kristallisierenden Sprache, so die Schriftstellerin Alissa Walser in ihrem begeisterten Vorwort der Neuausgabe des Buches im Suhrkamp Verlag, beschreibt Plath das Leben amerikanischer Frauen im Spiegel ihrer Protagonistin. Allgegenwärtig ist die Erwartung, zu heiraten, der sich Esther widersetzen will. In zahlreichen Äußerungen bringt sie ihre strikte Ablehnung der Ehe zum Ausdruck "Deshalb überlegte ich mir, dass es vielleicht wahr sei, dass Heiraten und Kinderkriegen wie eine Gehirnwäsche war und dass man nachher nur noch benebelt herumlief, wie ein Sklave in einem totalitären Privatstaat". Kein Wunder, dass Die Glasglocke in den siebziger Jahren zum Kultbuch der Frauenbewegung avancierte.

Esther Greenwood zieht sich innerlich immer stärker von ihrer Umwelt zurück. Ihr Arbeitseinsatz lässt mehr und mehr nach, sie nimmt alles um sich herum mit Befremden wahr: Wände sehen aus, als wären sie von einer grassierenden Krankheit befallen, das Gesicht Eisenhowers auf einem Zeitschriftenbild strahlt ihr "kalt und glatt wie das Gesicht eines Fötus in einer Flasche" entgegen.

"Leidenschaftslos, wie ein Baum wächst oder eine Blume, wuchs in mir der Gedanke, dass ich mich töten könnte". Schließlich unternimmt sie einige Selbstmordversuche, die allesamt misslingen, und wird in eine psychiatrische Klinik eingeliefert. Doch egal, wohin sie auch geht, "immer saß ich unter der gleichen Glasglocke in meinem eigenen sauren Dunst".

Plath´s Roman, der als Ankündigung ihres eigenen Selbstmordes verstanden werden kann, ist trotz der Schwere des Themas ein geschmeidig eingängiger, ein lebendiger, an vielen Stellen auch komischer Text. Schon Ingeborg Bachmann betonte in einem 1968 geschriebenen Essay de[n] kaum glaubliche[n] Humor, das Komische, das Infantile, das Clownhafte in dieser 19jährigen Esther Greenwood.

Die Übersetzung von Reinhard Kaiser überträgt Sylvia Plath´s exakte Sprache so gekonnt ins Deutsche, dass wir vergessen, dass es sich überhaupt um eine Übersetzung handelt.

AVIVA-Tipp: Sylvia Plaths metaphernreicher Roman ist eine Kritik an den gesellschaftlichen und patriarchalen Verhältnissen. Dem Druck, sich den Konventionen anzupassen, kann sich die Protagonistin nur durch eine psychische Erkrankung entziehen. Obgleich der Roman bereits 1963 erschien, hat er nichts von seiner Brisanz und Brillanz verloren.

Zur Autorin: Sylvia Plath wurde 1932 in Boston geboren. 1950 erhielt sie ein Stipendium. Zur gleichen Zeit begann sie, an Depressionen zu leiden und kurz darauf folgte der erste Selbstmordversuch. Nach der Heirat mit dem Schriftsteller Ted Hughes und der Geburt zweier Kinder hatte Plath nur wenig Zeit zum Schreiben. Nach der Trennung von Hughes 1962 folgte eine sehr kreative, aber kurze Schaffensperiode. Am 11. Februar 1963 nahm sich Sylvia Plath, die durch ihre Gedichtbände Colossus und Ariel zur internationalen Ikone amerikanischer Dichtung wurde, das Leben. (Quelle: Verlagsangaben)

Zum Übersetzer: Reinhard Kaiser, Autor und Übersetzer, übersetzte unter anderem Werke von Irene Dische, Susan Sontag und Sybille Bedford. Er lebt in Frankfurt.


AVIVA-Berlin verlost 3 Bücher. Bitte senden Sie uns den AVIVA-Tipp aus unserer Rezension zu Sylvia bis zum 10.07.2013 per Email an folgende Adresse: info@aviva-berlin.de



Sylvia Plath
Die Glasglocke

Ãœbers. Von Reinhard Kaiser. Mit einem Vorwort von Alissa Walser.
Suhrkamp Verlag, erschienen 2013
262 Seiten, gebunden
ISBN 978-3-518-42365-3
22,95 Euro

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