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Beitrag vom 11.01.2013
Lily Brett - Lola Bensky. Verlosung
Kathrin Schrader
Die 19 jährige Rockjournalistin Lola Bensky trifft in der schrillen Welt des Pop der Sechzigerjahre in London, New York und... AVIVA verlost 3 Bücher und 5 Hörbücher
... Kalifornien die ganz großen Stars. Aber Lola trägt keine Mini-Röckchen.
Lola schleppt an ihrem Ãœbergewicht und der Last ihrer Familiengeschichte.
Sie besucht Mick Jagger in seiner aufgeräumten Londoner Wohnung. Barry Gibb von The Bee Gees begleitet sie beim Anzug kaufen in der Carnabystreet. Cher leiht sie ihre diamantenbesetzten, falschen Wimpern. Sie hat einen Traumjob, doch das Einzige, was Lola Bensky interessiert, ist ihre tragbare Olivetti-Schreibmaschine, ihr Aufnahmegerät und dass sie die beste Story bekommt. Manchmal schweifen ihre Gedanken ab, während das Aufnahmegerät läuft. Die Netzstrümpfe kneifen oder ihre Haare, die sie morgens glatt geplättet hat, beginnen sich zu kräuseln, weil sie schwitzt. Der Saum ihres hochgeschlossenen Kleids rutscht hoch und gibt ihre Knie frei, Knie, in deren Umfang das superdünne Modell Twiggy zweimal reinpassen würde, schätzt Lola.
Oft erinnert sie sich an ihre Kindheit in Melbourne, an ihre Eltern. Jimi Hendrix erzählt sie, dass sie kurz nach dem 2. Weltkrieg in einem Lager für Displaced Persons in Deutschland geboren wurde, als Kind von Auschwitz-Überlebenden. Jimi Hendrix fragt Lola, ob sie jüdisch sei. "Ja, sehr", antwortet Lola. Das Jüdischsein und ihre Herkunft, das Schicksal ihrer Eltern, diese Themen halten den Kopf der jungen australischen Reporterin besetzt. Musik interessiert sie eigentlich weniger. Sie fragt ihre InterviewpartnerInnen nach dem Verhältnis zu Mutter und Vater, nach der Familie, der Kindheit. Mit Jimi Hendrix spricht sie über Gott und Lockenwickler, mit Mick Jagger über gleiche Löhne für Frauen und Männer und den Holocaust, mit Jim Morrison über das Schnarchen, Gedichte und Satan. Janis Joplin erzählt ihr freimütig von ihren sexuellen Gewohnheiten.
Während Lola Bensky grübelt, wann sie mit der Eier-Gurken – oder der Marsriegel-Diät beginnen soll, und ob sie diesmal durchhält, entdeckt sie die Stars ohne Posen. Sie beschreibt einen höflichen, zögerlichen, bedächtigen Jimi Hendrix, den "ein Gefühl der Demut" umgab, einen Mick Jagger, der trotz seiner Müdigkeit extrem korrekt auftritt und eher an den Studenten der London School of Economics, der er einmal war, erinnert, als an den zappelnden, provokanten Frontmann der Rolling Stones. Lola versucht, der Einsamkeit, die Cat Stevens ausstrahlt, auf die Spur zu kommen und sie fragt nach den Ängsten von Cher. In allen Interviews ist die Neunzehnjährige auch auf der Suche nach sich selbst.
Lola Bensky, die eine Schule für Hochbegabte besucht hat, aber den Abschluss nicht schaffte, weil sie am Prüfungstag ins Kino gegangen ist, erzählt von sich, dass sie nicht in der Lage ist, am Sonntag entspannt im Schlafanzug zu bleiben wie andere in ihrem Alter. Sie muss immer vollständig bekleidet sein. Bereit. Bereit wofür? Lola weiß es nicht. Sie heiratet schließlich und bekommt Kinder, lässt sich wieder scheiden, verlässt ihre Heimatstadt Melbourne und geht nach New York. Sie macht eine Psychoanalyse und findet heraus, warum sie am Sonntag nicht entspannt im Schlafanzug durch das Haus laufen kann, woher ihre Schlafstörungen und Panikattacken kommen und warum sie als Kind so großen Hunger hatte. Sie findet die Liebe ihres Lebens, wird schlank und eine erfolgreiche Autorin.
AVIVA-Tipp: "Lola Bensky" ist eines der besten Bücher von Lily Brett. Mit dem der Autorin typischen feinen, melancholischen Witz, der genau die richtige Distanz zu ihrer Heldin schafft, beschreibt Lily Brett, die selbst als Musikreporterin für ein australisches Musikmagazin arbeitete und nicht nur die Initialen mit Lola Bensky gemeinsam hat, das "übergewichtige" Kind des Holocaust in der Atmosphäre der unbeschwerten Sechziger Jahre. Lily Brett kreiert auch in diesem Roman wunderbare, starke, skurrile Charaktere. Überdies erzählt sie eine Geschichte aus einer Zeit, als JournalistInnen Stars noch nahe kommen durften.
Zur Autorin: Lily Brett wurde 1946 in Deutschland geboren. Ihre Eltern hatten sich im Ghetto von Lodz kennengelernt und getrennt voneinander das Vernichtungslager Auschwitz überlebt. Die Familie ging nach Australien, wo Lily Brett aufwuchs und mit 18 Jahren begann, als Reporterin für ein australisches Musikmagazin zu arbeiten. Seit 1989 lebt sie, verheiratet mit dem Maler David Rankin und ihren drei Kindern, in New York. In zahlreichen Romanen, Gedichten und Essays hat Lily Brett die Erfahrungen ihrer Eltern im Holocaust und das Weiterleben danach, insbesondere die Auswirkungen auf sie, das Kind der Überlebenden, bearbeitet.
Auf ihrer Website ist ein Foto von Lily Brett zu sehen, wie sie, zwanzigjährig, Cliff Richard interviewt. Sie ist Cliff Richard sehr nahe. Ihre Haare sind geplättet. Von dem angeblichen Übergewicht ist nichts zu sehen.
Weitere Infos unter: www.lilybrett.com
Lily Brett
Lola Bensky
Aus dem Englischen von Brigitte Heinrich
Suhrkamp Verlag, erschienen 9. September 2012
ISBN: 978-3-518-42330-1
Hardcover, 302 Seiten
Preis 19,95 Euro
www.suhrkamp.de
Lily Brett
Lola Bensky
Hörbuch, Gekürzte Lesung
Gelesen von Magdalene Artelt
4 Audio-CDs, Laufzeit: ca. 280 Minuten
ISBN: 978-3-8371-1702-8
Euro 19,99
Random House Audio Verlag, erschienen 29. Oktober 2012
www.randomhouse.de
AVIVA-Berlin verlost 3 Bücher und 5 Hörbücher . Bitte senden Sie uns den AVIVA-Tipp aus unserer Rezension zu "Chuzpe", einem Roman von Lily Brett bis zum 15.03.2013 per Email an folgende Adresse: info@aviva-berlin.de
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Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:Interview with Lily Brett (english, 2006)
"Chuzpe", ein Roman von Lily Brett
"Alles halb so schlimm", ein Roman von Lily Brett