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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 18.09.2013


Vom Körper in den Kopf - Selbstverteidigung für Mädchen und Frauen
Judith Wolff

Gewalterfahrungen in ihren vielfältigen Formen gehören immer noch zum Alltag vieler Frauen. AVIVA-Berlin stellt Selbstverteidigungs- und Selbstbehauptungsangebote in Berlin vor, die einen wichtigen..




... Beitrag zur Prävention und Verarbeitung leisten.

Die Gruppe der Betroffenen zieht sich durch alle Bildungs- und Altersschichten. Nach Erhebungen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Bildung wird jede zweite bis dritte Frau in ihrem Erwachsenenleben Opfer körperlicher Übergriffe. Die Ergebnisse der hierfür herangezogenen repräsentativen Studie zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland zeigt eine mittlere bis hohe Gewaltbetroffenheit von Frauen im europäischen Vergleich an.

Dabei fällt - aufgrund einer recht engen Gewaltdefinition, die sich auf tätlich-körperliche Übergriffe konzentriert - ein ganzes Spektrum an Gewalterfahrungen unter den Tisch. Im Vordergrund stehen Tatbestände wie Prügel, Nötigung oder Vergewaltigung. Weniger gut dokumentierte Erscheinungsformen - so der Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff) - sind Demütigung, Bedrohungen, Stalking, sexuelle Belästigung, Beleidigung, soziale Kontrolle und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit - wenn beispielsweise bestimmte Orte und Wege gemieden werden müssen, um unangenehmen Situationen zu entgehen. In der großen Mehrzahl sind Männer die Täter, wenn es zu Gewalt gegen Frauen kommt - zumeist kommen sie aus dem engen Umfeld der Betroffenen: mindestens jede Vierte der Befragten erlebte körperliche Übergriffe durch Beziehungspartner. Aber auch öffentliche Räume sind Tatorte aller Erscheinungsformen der Gewalt. Die Betroffenen leiden oft an gesundheitlichen Folgen und verlieren die Möglichkeit, am öffentlichen Leben teilzunehmen.

Prävention und Selbstvertrauen durch (Kampf-)Sport

Im Selbstverteidigungs- und Selbstbehauptungstraining können Mädchen und Frauen nicht nur das eigene Selbst- und Körperbewusstsein stärken, um psychischen und physischen Grenzüberschreitungen konsequent entgegenzutreten. Zugleich geht es auch, wie Taekwondo-Trainerin und -Meisterin Andrea Conin vom Verein "FrauenBewegungBerlin" (FBB) betont, um ein Training der Aufmerksamkeit und somit um das rechtzeitige Erkennen von potentiellen Gefahrensituationen. Taekwondo-Meisterin Joy, die Mädchen und Frauen im Verein "Selbstverteidigung für Frauen" (SVF) trainiert und betreut, betont auch die Erfahrung der eigenen mentalen und körperlichen Stärke und Harmonie. Diese hilft nicht zuletzt bei der Verarbeitung von traumatischen Erfahrungen, um wieder zu Vertrauen und Selbstsicherheit zu finden.

Selbstverteidigung in Berlin: eine Ãœbersicht

Die koreanische Kampsportart Taekwondo, deren Philosophie die Balance und Einheit von körperlicher und geistiger Selbsterfahrung zum Ziel hat, ist im Berliner Angebot von Selbstverteidigung für Mädchen und Frauen stark vertreten. Darüber hinaus gibt es aber auch Vereine, die andere Kampfsportarten als Grundlage für Selbstverteidigungs- und Selbstbehauptungstraining anwenden. AVIVA-Berlin hat eine Übersicht zusammengestellt:

  • Boxgirls Berlin e.V. bringt Mädchen mit unterschiedlichsten Erfahrungen und sozialen Hintergründen zusammen. Gemeinsam lernen sie Boxtechniken, werden körperlich fit, erweitern ihre sozialen wie interkulturellen Fähigkeiten und entwickeln spielerisch Führungsqualitäten. Neben Boxen werden auch weitere Kurse wie zum Beispiel Yoga angeboten. Außerdem für Boxgirls Präventions- und Empowerment-Projekte für Mädchen und Frauen durch und engagiert sich in sozialen Projekten.
    Weitere Informationen: www.boxgirls.de
    Trainingsort: Johann-Trollmann-Boxcamp (ehemals Box Camp Kreuzberg)
    Bergmannstraße 297
    10961 Berlin

  • ChoHwa bedeutet ´Harmonie´ auf koreanisch und ist gleichzeitig ein choreographierter Bewegungsablauf aus dem angebotenen Kampfsport-Stil. Neben Taekwondo werden Basisgymnastik und Selbstverteidigung in Mädchen- und Frauenkursen angeboten. Das Selbstverteidigungstraining basiert auf Taekwondo, das auch in gesonderten Kursen erlernt werden kann. Die Ãœbung von choreographierten Bewegungsabläufen, Freikampf, Fallübungen, Atemtechniken und mentales Training wie Meditation sind die essentiellen Bestandteile des Angebotes. Es werden auch verbale Methoden geübt sowie das Wahrnehmungsvermögen geschult, um Selbstbewusstsein für den Alltag zu stärken und in unangenehmen oder gefährlichen Situation handlungsfähig zu bleiben. In den Mädchenkursen werden diese Inhalte dem Alter entsprechend locker und mit Spaß vermittelt.
    Weitere Informationen: www.chohwa.de
    Trainingsort: im Aikido Ryu Dojo
    Greifswalder Str. 29, 2.HH (Eingang hinten rechts im Durchgang zum 3. Hinterhof)
    10405 Berlin

  • FrauenBewegungBerlin (FBB) spricht seit 2009 alle Mädchen und Frauen an, die lernen wollen, sich zu verteidigen und die ihre Konzentration, Geschicklichkeit und Ausdauer verbessern möchten. Der Verein will vor allem ein auf den Breitensport ausgerichtetes Taekwondo-Training anbieten, das eine Alternative zu gemischten Vereinen darstellt, bei denen nicht nur ein unausgeglichenes Kräfteverhältnis, sondern oft auch männliche Verhaltensmuster einer entspannten Trainingsatmosphäre im Weg stehen. Im fortlaufenden Kurs steht das Erlernen der koreanischen Sportart und das Gemeinschaftsgefühl im Vordergrund, das Vertrauen, Achtsamkeit und Respekt schult. In zusätzlich stattfindenden Selbstverteidigungs-Workshops für Mädchen und Frauen - darunter auch ein Kurs zu Selbstverteidigung auf dem Fahrrad – wird mit Aufmerksamkeitsübungen, Abwehr- und Befreiungstechniken gearbeitet.
    Weitere Informationen: frauenbewegung-berlin.de
    Trainingsort: Turnhalle Mariannen Arena
    Mariannenstraße 47 (im Hinterhof)
    10997 Berlin

  • Frauensport und Kampfkunst e.V. (FSK): Ziel des 1995 von Frauen mit und ohne Behinderungen gegründeten Vereins ist es, das gemeinsame Training zu einer Selbstverständlichkeit zu machen. Gewaltprävention und Integration sind darüber hinaus vorrangige Motive, die insbesondere die Situationen von Mädchen und Frauen mit Behinderungen ansprechen sollen. Interessierte mit und ohne Beeinträchtigungen finden hier ein integratives Angebot für in den Bereichen Selbstverteidigung und Selbstbehauptung, Shuri-Ryu Karate sowie Tai Ji Quan, Qi Gong und Wai Tan Kung. Der FSK bemüht sich um eine gemeinsame Auseinandersetzung mit Gewalt und Gewalterfahrung von behinderten und nicht behinderten Frauen und Mädchen sowie das gemeinschaftliche Training. Neben der Gewaltprävention wird auf diese Weise auch Inklusion und wechselseitiges Verständnis gefördert.
    Weiter Informationen: www.shuri-ryu.de
    Trainingsort: Sportschule Shuri-Ryu
    Amendestraße 79
    13409 Berlin

  • LiSA e.V.: In Zusammenarbeit mit der Jungen Volkshochschule Charlottenburg-Wilmersdorf bietet der Interkulturelle Mädchen- und Frauenladen LiSA Selbstbehauptungs-Workshops für Mädchen ab zehn Jahren an. Mädchen lernen, bedrohliche Situationen zu erkennen und sich gegen verbale, seelische und körperliche Grenzüberschreitungen mit einfachen aber effektiven Techniken der Selbstbehauptung und Selbstverteidigung zu wehren. Diese Techniken werden selbst ausprobiert. Es wird am Selbstbewusstsein gearbeitet und geübt, "Stopp" zu sagen, wenn sich eine Situation unangenehm oder bedrohlich anfühlt.
    Weitere Informationen: www.lisa-berlin.de
    Trainingsort: Lisa e.V.
    Spandauer Damm 65
    14059 Berlin

  • Lowkick e.V.: Das 2009 gegründete, feministische Projekt möchte einen Beitrag zu antirassistischer, antifaschistischer, antisexistischer und antikapitalistischer Politik leisten. Zum Selbstanspruch gehört deswegen nicht nur die kulturelle Vielfalt, sondern auch das Bemühen, möglichst "vielen verschiedenen Mädchen und Frauen jeglicher sexuellen Orientierung und alle Menschen, die sich nicht als männlich begreifen, ein entspanntes Umfeld zu bieten". Zugleich spricht Lowkick Mädchen und Frauen mit unterschiedlichem Fitnessgrad und Interesse bezüglich des Trainings an. Zum breiten Angebot in den Räumen am Herrmannplatz gehören Thai-Boxen, (Kick-)Boxen, Yoga, Thai Chi, Wendo, Stockkampf, Rücken- und Fitnesstrainings. Außerdem ist der Verein mit Kursen und Workshops auch mit dem AStA-Sportprogramms der FU Berlin vernetzt.
    Weitere Informationen: www.lowkick-berlin.de
    Trainingsort: Lowkick
    Urbanstraße 70a
    10967 Berlin

  • Seitenwechsel bietet seit 1988 Sport speziell für Frauen/Lesben, Trans*, Inter* und Mädchen. In über 60 Sportgruppen auf verschiedenen Leveln bietet Seitenwechsel eine bunte Mischung unterschiedlichster Sportarten an. Im Mittelpunkt steht nicht die Leistungsorientierung, sondern der Spaß an Bewegung und am Miteinander. Ziel des Vereins ist es, allen unabhängig von Herkunft und sozialem Status, körperlichen Voraussetzungen, Alter, geschlechtlicher und sexueller Identität vielfältige und individuelle sportliche Erfahrungen zu ermöglichen.
    Deshalb sind die Teilnahmegebühren nach Einkommen gestaffelt.
    Weitere Informationen: www.seitenwechsel-berlin.de
    Büroadresse:
    Seitenwechsel – Sportverein für FrauenLesbenTrans*Inter* und Mädchen e.V.
    Gneisenaustr. 2a - im Mehringhof, 3. HH - Aufgang 4 - 3.OG
    10961 Berlin
    Die Trainings finden an unterschiedlichen Orten statt.

  • Selbstverteidigung für Frauen e.V. (SVF) bietet seit mehr als 30 Jahren Taekwondo-Training für Mädchen und Frauen jeden Alters an. Sowohl Anfängerinnen als auch Fortgeschrittene finden in den Räumen in der Nollendorfstraße passende Kurse. Selbstbehauptung und Selbstverteidigung sind dabei leitende Gedanken des Trainings, das auch eine Auseinandersetzung mit Körpersprache, genderspezifischer Kommunikation und gesellschaftlich bedingten Rollenmustern umfasst. Der Kampfsport soll den Mädchen und Frauen helfen, eigene Stärken zu erkennen und aufzubauen um selbstbewusst und offen mit sich selbst und ihrem Umfeld umzugehen, Grenzen zu ziehen und sich gegebenenfalls verteidigen zu können.
    Weitere Informationen: www.svf-berlin.de
    Trainingsort: Sportschule CHAE
    Nollendorfstr. 11-12
    10777 Berlin

  • Die Volkshochschule Pankow bietet in regelmäßigen Abständen einen zweitägigen Workshop zu Selbstverteidigung und Selbstbehauptung für Frauen an. Im Kurs geht es um die Arbeit am eigenen Selbstbewusstsein, die Fähigkeit zur Grenzziehung und die Achtsamkeit für gefährliche Situationen. Einfache und effektive Karatetechniken werden zur Verteidigung im Ernstfall erlernt.
    Weitere Informationen: www.berlin.de/vhs-pankow
    Trainingsort: Haus der Volkshochschule Pankow
    Schulstr. 29
    13187 Berlin


    Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:


    Berliner Senat richtet ab 2013 ein ressortübergreifendes Netzwerk gegen sexuelle Gewalt ein (2012)

    10 Jahre Gewaltschutzgesetz - häusliche Gewalt ist keine Privatsache mehr. Der Deutsche Juristinnenbund e.V. informiert über die Hintergründe (2012)

    Nein heißt Nein. Zur Situation in Deutschland zehn Jahre nach Verabschiedung des Gewaltschutzgesetzes (2012)

    Auswertung der Online-Kampagne #ichhabnichtangezeigt widerlegt Vergewaltigungsmythen (2012)

    "Atlas of Gender and Development" (2010)

    Christine Ockrent: "Das Schwarzbuch zur Lage der Frauen" (2007)


    (Quellen: www.unric.org/de, www.bmfsfj.de, www.frauen-gegen-gewalt.de)





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    Beitrag vom 18.09.2013

    AVIVA-Redaktion