"Nein heißt Nein!" wurde im Juli 2016 endlich Gesetz. Das AVIVA-Fazit nach der Prozessbeobachtung gegen Gina-Lisa Lohfink im August: Ernüchterung. Eine Chronologie. - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Public Affairs Diskriminierung



AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 27.04.2016


"Nein heißt Nein!" wurde im Juli 2016 endlich Gesetz. Das AVIVA-Fazit nach der Prozessbeobachtung gegen Gina-Lisa Lohfink im August: Ernüchterung. Eine Chronologie.
Laura Seibert, Hai-Hsin Lu

07. Juli 2016: Victory! Paradigmenwechsel im Sexualstrafrecht! Ein Nein wird künftig zur Verurteilung ausreichen! "Sexuelle Belästigung" wird als Straftatbestand eingeführt! 22. August 2016: Alles nur auf dem Papier?!




Victory! Endlich kommt der Paradigmenwechsel im Sexualstrafrecht! #neinheisstnein
So lautete im Juli 2016 noch die Headline des AVIVA-Artikels. Das müssen wir heute leider revidieren, Grund zum Jubeln gibt es trotz des Urteils wahrlich nicht.

Das beschämende Versagen der deutschen Justiz – Ein Nein reicht nicht aus ...

Die AVIVA-Berlin-Chronologie seit April 2016:

NEWS vom 22. August 2016Gina-Lisa Lohfink schuldig gesprochen – Solidarität der Unterstützer_innen bleibt ungebrochen
Der letzte Prozesstag gegen Gina-Lisa Lohfink begann mit nur wenigen Unterstützer_innen, dafür zahlreichen Journalist_innen und Fernsehteams vor dem Amtsgericht Tiergarten. Die Zuschauer_innenplätze des Gerichtssaals waren gut gefüllt, auch Sebastian Castillo Pinto, einer der zwei Vergewaltiger, war mit einigen Freunden anwesend und machte wiederholt durch Gelächter und Schnauben auf sich aufmerksam.
Die Richterin ließ zwei Zeuginnen vorsprechen, eine ehemalige Verlobte Pintos und eine Besucherin des Nachtclubs "Maxim", die am selben Abend wie Lohfink vor Ort war. Erstere sprach über ihre einjährige Beziehung zu Pinto, bezeichnete ihn als hochgradig manipulativ und agressiv, und sprach über die körperliche und psychische Gewalt, die sie durch ihn erfuhr: "Ich hatte Angstzustände und war bis vor kurzem noch in Behandlung." Die Reaktion der Richterin auf diese Beschreibung ist nicht nachvollziehbar. Sie verkündigte unter anderem, dass es ihr "ein absolutes Rätsel" sei, warum die Zeugin ein Jahr lang in der Beziehung blieb, wenn Pinto wirklich so ein schlimmer Charakter ist. Ansätze der Opferbeschuldigung, des sogenannten "Victim Blaming", waren hier deutlich zu erkennen. Die Staatsanwältin stellte gar Fragen nach einem möglichen Engagement in der RTL TV-Sendung "Dschungelcamp" für das Jahr 2017. Dies wies Lohfinks Anwalt als Spekulationen seitens der Presse zurück.
Demensprechend war auch die Urteilssprechung: Gina-Lisa Lohfink wurde auf Grund von fälschlicher Beschuldigung zu 20.000 Euro Geldstrafe verurteilt. Vor dem Gerichtsgebäude waren erneut Transparente zu sehen, die die Wut vieler Frauen auf Sexismus und das Versagen der deutschen Justiz deutlich machten. Eine geschlossene Gruppe solidarischer Menschen rief Pinto, der in einer Pause vor die Tür getreten war, immer wieder laut entgegen: "Nein heißt Nein! Nur Ja heißt Ja!"





NEWS vom 16. August 2016Gina-Lisa kämpft weiter! Aufruf zur Prozessbegleitung am 22. August 2016, 8:30 Uhr

"Team Gina-Lisa" ruft zum Protest am mittlerweile vierten Prozesstag auf. Gina-Lisa veröffentlichte nach dem letzten Prozesstag am 8. August auf Facebook einen Beitrag, in dem sie über Opfer-Täter-Umkehr und ihre seelischen Wunden sprach. Nun ist eine breite Unterstützung gefragt – Nein heißt Nein, Nur Ja heißt Ja!
Wo: Amtsgericht Tiergarten
Turmstraße 91, 10559 Berlin
Quelle: Facebook-Seite von "Team Gina Lisa". Mehr Infos im Netz unter: www.facebook.com




© AVIVA-Berlin, Hai-Hsin Lu
Mitglieder des Bündnisses "Nein heißt Nein" demonstrieren gegen sexuelle Gewalt in jeder Form


NEWS vom 8. August 2016Kundgebung begleitet den Prozess gegen Gina-Lisa Lohfink
Schon früh an diesem Morgen ist das Amtsgericht Tiergarten mit Transparenten behangen, die mit bunten Farben den Protest ankündigen, der den ganzen Tag andauern soll. Das "Team Gina Lisa" und ihre Unterstützer_innen haben Lautsprecheranlagen besorgt, feministische Rapperinnen angefragt und zahlreiche Redebeiträge organisiert.
Als einer der zwei Vergewaltiger, der nach einer vierjährigen Abwesenheit vor Ort ist, um als Zeuge vernommen zu werden, erntet er im Vorbeigehen viele wütende Buh-Rufe.
Die Unterstützer_innen fordern eine vollständige Umsetzung der Istanbul-Konvention, einem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt: "Es sieht leider so aus, als glaubten viele Leute, unser Kampf sei nun zu Ende. Aber die Istanbul-Konvention beinhaltet mehr. Zum Beispiel muss der Staat Aufklärungskampagnen betreiben, um Menschen die Realität sexueller Gewalt zu vermitteln. Bestimmte Berufsgruppen, die besonders mit sexueller Gewalt in Berührung kommen, sowie etwa Polizist_innen, müssen fort- und weitergebildet werden."
Als im Rahmen der Verhandlung das Vergewaltigungsvideo abgespielt wird, bricht Lohfink in Tränen aus und muss den Saal verlassen. Dazu die Veranstalter_innen der Kundgebung: "Wir wollen heute weiter Präsenz zeigen, wir wollen Frau Lohfink zeigen, dass sie nicht alleine ist. Wir werden hier den ganzen Tag ausharren, bis die Gerichtsverhandlung zu einem Ende kommt!" Ein Urteil ist an diesem Montag laut Gericht unwahrscheinlich, AVIVA-Berlin hält Sie weiter auf dem Laufenden.


© AVIVA-Berlin, Hai-Hsin Lu
Eine der vielen Unterstützer_innen


NEWS vom 26. Juli 2016Solidarität mit Gina-Lisa Lohfink! Prozessbegleitung am 8. August 2016, 8:50 Uhr
Der Prozess gegen Gina-Lisa Lohfink wird fortgesetzt – seit dem 1. Juni steht sie wegen angeblicher Falschbeschuldigung vor dem Amtsgericht Tiergarten. Auslöser war ein Vergewaltigungsvideo, das im Netz verbreitet wurde. Schon 2012 zeigte Gina-Lisa die beiden verantwortlichen Männer an und wurde nun zu 24.000 Euro Strafe verurteilt.
Diese Bestrafung von Betroffenen sexueller Gewalt ist der Inbegriff von Täter-Opfer-Umkehr und typisch für die Durchsetzung patriarchaler Deutungshoheit. Das kann so keinesfalls toleriert werden. Am 8. August ruft das "Team Gina-Lisa" zur weiteren Prozessbeobachtung und solidarischem Beistand vor Ort unter dem Motto "Nein heißt Nein, nur Ja heißt Ja!" auf.
Veranstaltungsort: Amtsgericht Tiergarten
Turmstraße 91, 10559 Berlin
Quelle: Facebook-Seite von "Team Gina Lisa". Mehr Infos im Netz unter: www.facebook.com




NEWS vom 07. Juli 2016"Nein heißt Nein!" wird endlich Gesetz
Mit großer Mehrheit hat der Deutsche Bundestag am 07.07.2016 für eine umfassende Reform des Sexualstrafrechts gestimmt. Damit wird das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung seiner besonderen Bedeutung entsprechend künftig deutlich besser geschützt werden, wie es der Deutsche Juristinnenbund (djb) schon seit den 1990er Jahren fordert.
Der djb, zahlreiche zivilgesellschaftliche AkteurInnen und PolitikerInnen haben sich überparteilich, beharrlich, vehement und letztlich erfolgreich für einen Paradigmenwechsel eingesetzt:
"Es war höchste Zeit, den Grundsatz "Nein heißt Nein" endlich im Strafgesetzbuch zu verankern – von tätlichen sexuellen Belästigungen wie "Begrapschen" bis hin zu sexuellen Nötigungen und Vergewaltigungen. Alle nicht einverständlichen sexuellen Handlungen, die gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person vorgenommen werden, sind strafwürdig. Das postuliert auch die Istanbul-Konvention des Europarats aus dem Jahr 2011, die Deutschland unterzeichnet hat und nun endlich ratifizieren kann," so Dagmar Freudenberg, Vorsitzende der Kommission Strafrecht im djb.

Mit der Umsetzung der Istanbul-Konvention sind nun auch die Bedingungen dafür geschaffen, dass die Rechtspraxis im Bereich sexualisierter Gewalt den Anforderungen genügt, die sich aus der UN-Frauenrechtskonvention ergeben.
Quelle: djb. Mehr Infos im Netz unter: www.djb.de



NEWS vom 29. Juni 2016Bundestag entscheidet am 7. Juli 2016 über #neinheisstnein
Eine einstündige Debatte ab 10.45 Uhr soll der Abstimmung Bundestag über die Reform des Sexualstrafrechts vorausgehen.
Die genaue Formulierung des Gesetzestextes ist noch nicht bekannt, fest steht aber, dass sich die Koalition auf ein "Nein heißt nein" geeinigt hat.
Zum Start der Kampagne forderte der bff: "Nein heißt nein, die Zeit ist dafür reif! Alle nicht-einverständlichen sexuellen Handlungen müssen unter Strafe stehen."
Diese Forderung wird mit der Reform des Sexualstrafrechts nun umgesetzt.
Die Debatte im Bundestag kann am 7. Juli per Livestream von 11-12 Uhr mitverfolgt werden: www.bundestag.de
Informationen zum Beschluss des Bundestags und zum Gesetzestext finden Sie nach Veröffentlichung auf der Homepage des Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff): www.frauen-gegen-gewalt.de
(Quelle: bff)

Mehr Infos unter: www.change.org



NEWS vom 20. Juni 2016Regierungskoalition einigt sich auf Nein heißt Nein! Die Reformierung des Sexualstrafrechts soll noch vor der parlamentarischen Sommerpause abgeschlossen sein.

In dem Gesetz soll der Grundsatz "Nein heißt nein" eingearbeitet werden. Künftig wird es also für eine Strafbarkeit einer Vergewaltigung ausreichen, wenn das Opfer die sexuelle Handlung erkennbar ablehnt. Darüber hinaus soll auch ein Straftatbestand "Sexuelle Belästigung" eingeführt und damit das sogenannte "Grapschen" strafbar gemacht werden.

Der Rückhalt in der Bevölkerung für eine Reform des Sexualstrafrechts scheint der Koalition sicher zu sein. Laut einer repräsentativen Umfrage von Infratest dimap für das ARD-Morgenmagazin befürworten 86% der Befragten eine Reform.
(Quelle: Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe)

Mehr Infos unter: www.change.org




NEWS vom 13. Juni 2016Die "Initiative für Gerechtigkeit bei sexueller Gewalt" fordert Unterstützung für Gina Lisa Lohfink. "Nein heißt Nein, nur Ja heißt Ja!"

Gina-Lisa Lohfink steht seit dem 1. Juni wegen angeblicher Falschbeschuldigung als Angeklagte in Berlin Tiergarten vor dem Amtsgericht. Sie hatte im Jahr 2012 eine Vergewaltigung angezeigt, die die mutmaßlichen Täter ohne ihr Einverständnis auf Film aufnahmen und öffentlich verbreiteten. Später boten sie es Redaktionen als Vergewaltigungsvideo an. Sie wurden freigesprochen.

Die Initiative für Gerechtigkeit bei sexueller Gewalt ruft für den nächsten Prozesstag am 27. Juni 2016 vor dem Amtsgericht Tiergarten zu einer Demonstration auf, um Solidarität mit Gina Lisa Lohfink und allen Betroffenen von sexueller Gewalt zu zeigen, die unter den täterfreundlichen Zuständen in Justiz und Gesellschaft leiden müssen.

Ansprechpartnerin für die Demonstration in Berlin:
Michaela Streibelt
Ansprechpartnerinnen der Initiative:
Firdes Ceylan
Gunhild Mewes
Weitere Informationen dazu auf: ifgbsg.org



NEWS vom 26. Mai 2016SAVE THE DATE!

Am 01.06.2016 findet die Anhörung zum neuen Gesetzesentwurf im Bundestag statt. Es werden Stellungnahmen von Parteien und Verbänden angehört, um eine Diskussions- und Informationsgrundlage für die Bundestagsabgeordneten zu schaffen.
Zu diesem Anlass ist ein Aktionstag in Berlin in Planung. Weitere Informationen dazu auf: kampagneneinheisstnein.org



26. April 2016: Offener Brief von Frauen- und Menschenrechtsorganisationen. Das Bündnis "Nein heißt Nein" fordert Recht auf sexuelle Selbstbestimmung

Der Gesetzesentwurf der Regierung sieht eine Reformierung der §§ 177 und 179 des Sexualstrafrechts vor. Allerdings greift er viel zu kurz. Das Bündnis "Nein heißt Nein", bestehend aus Frauen- und Menschenrechtsorganisationen und zahlreichen UnterstützerInnen wandte sich am 26. April 2016 in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Merkel und alle Bundestagsabgeordneten. Sie fordern einen - längst überfälligen - Paradigmenwechsel im Sexualstrafrecht und deswegen die grundlegende Überarbeitung des vorliegenden Regierungsentwurfs.

Keine Anerkennung des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung

Die zentralen Argumente gegen den Gesetzentwurf der Regierung: Er schließe zwar einige Schutzlücken, doch das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung werde weiterhin nicht grundsätzlich anerkannt. Damit, so die InitiatorInnen, bleibt der Entwurf der Prämisse verhaftet, dass grundsätzlich das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung durch die TrägerInnen des Rechtsguts selbst - aktiv - geschützt und verteidigt werden muss. Weiterhin geht er davon aus, dass Geschädigte sich im "Normalfall" zur Wehr setzen und Täter im "Normalfall" davon ausgehen dürfen, dass bei fehlendem Widerstand ein Einverständnis des Gegenübers mit sexuellen Handlungen vorliegt. Die Verantwortung wird noch immer bei den Opfern sexualisierter Gewalt gesucht.
So ist körperlicher Widerstand im Entwurf nur bei bestimmten Umständen für die Strafbarkeit nicht erforderlich, beispielsweise wenn die Täter die betroffene Person überrascht und sie sich aus diesem Grund nicht zur Wehr setzt.

"Nein" ist nicht genug?

Nach wie vor wird also gerade nicht jede übergriffige sexuelle Handlung unter Strafe gestellt. Der Gesetzesentwurf vollzieht nicht den vom Bündnis geforderten Paradigmenwechsel, der nicht auf das Verhalten des Opfers, sondern allein auf das Verhalten der Täter abzielt. Damit blieben weiterhin Übergriffe straffrei, bei denen die von Gewalt betroffenen Personen ihr klares "Nein" bekunden, sich die Täter jedoch darüber hinwegsetzen.

Einhaltung der Menschenrechte auch im Sexualstrafrecht

Der Entwurf widerspricht den Vereinbarungen des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, kurz genannt "Istanbul-Konvention", die Deutschland zwar unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert hat. Das Bündnis "Nein heißt Nein" fordert in dem offenen Brief die Abgeordneten des Bundestages auf, ein zeitgemäßes und menschenrechtskonformes Sexualstrafrecht zu schaffen.

Das Bündnis "Nein heißt Nein":
Folgende Verbände sind im breit aufgestellten Bündnis vertreten: bff – Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe e.V., Deutscher Frauenrat e.V., Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb), Frauenhauskoordinierung e.V., KOK – Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V., TERRE DES FEMMES e.V., UN Women Nationales Komitee Deutschland e.V. und ZIF – Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser e.V., und viele weitere UnterstützerInnen. An dieser Stelle veröffentlicht AVIVA-Berlin Auszüge aus ihren Stellungnahmen zur Reform des Sexualstrafrechts, deren eindeutiger Konsens lautet, dass der Gesetzesentwurf mangelhaft ist.

Das fordern die BündnispartnerInnen:

Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff):
"Es darf nicht länger sein, dass Betroffene von sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen in der Begründungspflicht für ihr Handeln stehen. Für die Strafbarkeit muss es künftig allein auf das Verhalten des Täters ankommen.", bringt Katja Grieger vom bff die Kritik am Gesetzentwurf auf den Punkt.
Zur Pressemitteilung des bff vom 26. April 2016 zum Download als PDF

Deutscher Frauenrat e.V.:
Dr. Anja Nordmann, die Geschäftsführerin des Deutschen Frauenrats, auf dessen Initiative sich das "Bündnis Nein heißt Nein" gegründet hat, positioniert sich gegen den Gesetzesentwurf. Sie ruft zu einem gleichermaßen historischen Schritt auf, wie als 1997 erstmals die Beschränkung der Strafbarkeit auf außereheliche sexuelle Handlungen aufgehoben wurde und die Vergewaltigung in der Ehe für strafbar erklärt wurde: "Wir fordern eine zeitgemäße und menschenrechtskonforme Weiterentwicklung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung. Deshalb lehnen wir den vorliegenden Entwurf ab. Wir rufen die Gesetzgebenden stattdessen zu einer großen Koalition für ein "Nein heißt Nein" auf. Wir wollen eine große Reform des Sexualstrafrechts, die einen Paradigmenwechsel vollzieht – wie 1997, als eine große Mehrheit von Bundestagsabgeordneten über alle Fraktionen hinweg für die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe stimmte. Das war ein historischer Schritt bei der Bekämpfung sexualisierter Gewalt. Jetzt muss der Bundestag einen weiteren gehen."
Zur Pressemeldung des Deutschen Frauenrats vom 26. April zum Download als PDF

Deutscher Juristinnenbund e.V.:
Ramona Pisal, djb-Präsidentin: "Nein heißt Nein - diesen gesellschaftlichen Konsens muss unser Strafrecht abbilden. Die Zeit ist reif für eine umfassende Neukonzeption des gesamten 13. Abschnittes des StGB. Mit weniger wollen wir uns nicht länger zufriedengeben." Der djb fordert seit Jahren mit ausführlichen Stellungnahmen und Regelungsvorschlägen einen Paradigmenwechsel im Sexualstrafrecht hin zum lückenlosen Schutz der sexuellen Selbstbestimmung, d.h. die zeitgemäße und menschenrechtskonforme Weiterentwicklung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung und somit die Beseitigung aller Schutzlücken - nicht nur einiger weniger, wie es der gegenwärtige Gesetzentwurf vorsieht.
Zur Stellungnahme des djb vom 26. April 2016 zum Download als PDF

Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V. (KOK):
Naile Tanış, Geschäftsführerin des KOK begreift die anstehende Bundestagsdebatte und die geplante Gesetzesreform als Chance für eine tiefgreifende Veränderung des Sexualstrafrechts: "Notwendig ist es, die Chance zu nutzen und eine umfassende Reformierung des Sexualstrafrechts anzugehen, die einen Paradigmenwechsel vollzieht. Mit einer halbherzigen Umsetzung ist letztlich den Betroffenen nur eingeschränkt geholfen und es wird die Gelegenheit versäumt, Deutschlands Sexualstrafrecht mit den Vorgaben aus internationalem Recht in Einklang zu bringen."
Zur Stellungnahme des KOK vom 17. Februar 2016 zum Download als PDF

TERRE DES FEMMES e.V.:
"Es darf nicht sein, dass eine sexuelle Handlung, bei der sich der Täter über den Willen der Betroffenen hinwegsetzt, strafffrei bleibt. Die Verantwortung dafür, ob eine Vergewaltigung auch als eine solche bestraft werden kann, darf nicht beim Opfer liegen," reklamiert Maja Wegener, Fachbereichsleiterin der Frauenrechtsorganisation TERRE DES FEMMES. "Wir fordern eine umfassendere Reform, einen Paradigmenwechsel, der darauf abzielt, dass jede sexuelle Handlung, die gegen den Willen einer anderen Person ausgeübt wird, bestraft wird", erklärt die Frauenrechtsaktivistin.
Zur Stellungnahme von TERRE DES FEMMES zum Download als PDF

Deutsches Komitee für UN Women e.V.:
Im März 2016 startete das Deutsche Komitee für UN Women bereits die Social-Media Kampagne #NeinheißtNein. "Nein heißt immer noch nicht Nein. Sexuelle Handlungen, die ohne ausdrückliche Zustimmung erfolgen, wie Berührungen an der Brust oder in den Schritt, gelten auch im geplanten Gesetz nicht als strafbar. Es ist nicht hinnehmbar, dass Deutschland weiterhin ein Land bleibt, in dem nicht alle Formen von sexuellen Übergriffen strafbar sind. Ein klar formuliertes Nein muss für die Bestrafung einer Täterin/eines Täters ausreichen", so Karin Nordmeyer, Vorsitzende des Deutschen Komitees.
Zur Pressemitteilung des Deutschen Komitees für UN Women zum Download als PDF

Mehr zum Thema:

UnterstützerIn werden: Die Petitionsplattform Change.org hat unter "#Nein heißt nein. Schaffen Sie ein modernes Sexualstrafrecht" dazu aufgerufen, ihre Kampagne zu unterzeichnen.
Zum Unterschreiben der Online-Petition auf: www.change.org


Weitere Informationen:

Offener Brief vom 26. April 2016 an die Bundeskanzlerin des Bündnis "Nein heißt Nein" zum Download als PDF auf der Seite des djb

"Gesetzesentwurf zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung" zum Download als PDF auf der Homepage des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz

Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, Council of Europe Treaty Series No 210 zum Download als PDF


Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:

Deutscher Juristinnenbund fordert: Frauen vor Gewalt schützen durch EU-weite Überwachung von Bewährungsmaßnahmen und eine Reformierung des Sexualstrafrechts
Der Gesetzesentwurf zur internationalen Rechtshilfe des Bundesjustizministeriums bezieht wesentliche europäische Regelungen nicht mit ein, kritisiert der djb. Dabei ist dieser Entwurf insbesondere für Frauen relevant, die von Gewalt-, und anderen Straftaten betroffen sind (2014)

Anne Wizorek - Weil ein Aufschrei nicht reicht. Für einen Feminismus von heute
Zehntausende Frauen nutzten den von Anne Wizorek initiierten Hashtag #aufschrei als Ventil für ihre Erfahrungen mit Alltagssexismus. (2014)

Auswertung der Online-Kampagne #ichhabnichtangezeigt widerlegt Vergewaltigungsmythen (2012)

FREE THE NIPPLE
"What is so obscene about the woman´s body?" Initiatorin und Regisseurin Lina Esco und feministische AktivistInnen wehren sich in den USA gegen die Kriminalisierung von weiblichen Brüsten in der Öffentlichkeit. Die Online-Petition "Schutz für stillende Mütter in der Öffentlichkeit!" macht seit dem 18. Februar 2016 auch in Deutschland auf Diskriminierung aufmerksam. (2016)

Alice Schwarzer (Hg.) - Es reicht! Gegen Sexismus im Beruf (2013)

Julia Korbik - Stand Up! Feminismus für Anfänger und Fortgeschrittene (2014)

Der verlorene Kampf um die Wörter
In ihrem Plädoyer für eine angemessenere Sprachführung deckt Monika Gerstendörfer den opferfeindlichen Sprachgebrauch bei sexualisierter Gewalt in der Alltagssprache und Berichterstattung auf (2007)



Public Affairs > Diskriminierung

Beitrag vom 27.04.2016

AVIVA-Redaktion