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Beitrag vom 03.08.2005
Neonazi-Parole nicht strafbar
Sarah Ross
Der Bundesgerichtshof entschied am 28.7.2005, dass die unter Rechtsradikalen weit verbreitete Losung "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" als solche nicht strafbar ist.
Ende Juli entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass bezüglich der Neonazi-Parole "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" nach § 86a des StGB keine Verwendung eines Kennzeichens ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen vorliegt. Demnach ist der Gebrauch dieser Parole als solcher nicht strafbar.
Entsprechend dem Urteil des BGH ist die Neonazi-Parole lediglich als eine Fantasieparole zu bewerten, da sie im Wortlaut von keiner der NS-Organisationen gebraucht worden war. Da der Anruf "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" entsprechend des BGH-Urteils auch keiner Parole einer NS-Organisation zum verwechseln ähnlich ist, kann eine strafrechtliche Verfolgung auch auf dieser Ebene des Gesetzes nicht stattfinden. So wurde eine hinreichende Ähnlichkeit mit den Originalparolen der Waffen-SS ("Meine/unsere Ehre heißt Treue") und der Hitlerjugend ("Blut und Ehre") von den Richtern nicht anerkannt. Somit ruft die Neonazi-Parole nur den Anschein der Parole einer NS-Organisation hervor. Dies fällt jedoch nicht unter die Strafvorschrift.
Monika Lazar, Abgeordnete der Bundestagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN und Zuständige für das Thema Rechtsextremismus, kann das Urteil des BGH nicht nachvollziehen: "Selbst wenn die Parole im Wortlaut nicht exakt einer historischen Naziparole entspricht, ist der Duktus doch sehr ähnlich. Die Verehrung der verbrecherischen Waffen-SS, die in der Parole zum Ausdruck kommt, ist gefährlich und nicht hinnehmbar. Bei rechtsextremen Demonstrationen gibt es zahlreiche Auflagen, dass Parolen wie "Ruhm und Ehre der deutschen Wehrmacht" nicht skandiert werden dürfen. Rechtsextreme werden das vorliegende Urteil als Erfolgwerten".
Die Frage nach der Ähnlichkeit zu historischen NS-Parolen war von Polizei- und Sicherheitsbehörden unterschiedlich beantwortet worden. Daher hatte die Staatsanwaltschaft Karlsruhe Anklage zum Landgericht Karlsruhe erhoben, damit eine grundsätzliche Klärung der Rechtsfrage durch den Bundesgerichtshof herbeigeführt wird. Doch hatte das Landgericht Karlsruhe die Eröffnung des Hauptverfahrens zunächst abgelehnt, bis diese schließlich doch - auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft - vom Oberlandesgericht Karlsruhe angeordnet wurde. Letztendlich wurde der Angeklagte jedoch freigesprochen, da nach Ansicht des BGH nicht einmal eine strafrechtliche Verfolgung wegen Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen nach § 86 StGB in Betracht gekommen wäre.