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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 25.06.2011


Erster Gleichstellungsbericht beschlossen - Resonanz und Reaktionen
Britta Meyer

Das Bundeskabinett hat am 15. Juni 2011 den Ersten Gleichstellungsbericht Deutschlands beschlossen. Die Regierung nennt ihn einen "Meilenstein" – KritikerInnen bezeichnen ihn als ...




... "einen Schlag ins Gesicht".

Am 25. Januar 2011 war das Sachverständigengutachten für den Ersten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung an das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) übergeben worden. Knappe fünf Monate später hat das Bundeskabinett den Ersten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung beschlossen, der sich aus dem Gutachten und der Stellungnahme der Bundesregierung dazu zusammensetzt. Er trägt den Titel "Neue Wege - gleiche Chancen. Gleichstellung von Frauen und Männern im Lebensverlauf".

Das BMFSFJ hatte 2008 eine Sachverständigenkommission damit beauftragt, den Stand der Gleichstellung in Deutschland zu analysieren und konkrete Handlungsempfehlungen zu formulieren. Zusätzlich wurde Anfang 2009 eine "Geschäftsstelle Gleichstellungsbericht" in der Zentrale der Fraunhofer-Gesellschaft eingerichtet. Für ihr Gutachten hat eine interdisziplinäre Sachverständigenkommission die Gleichstellungspolitik der Bundesregierung hinsichtlich gleicher Chancen für Frauen und Männer in allen Lebensbereichen und in allen Phasen des Lebenslaufs untersucht. Die Analyse soll gleichstellungspolitischen Handlungsbedarf gerade an den Schwellensituationen des Lebenslaufs identifizieren - bei der ersten beruflichen Orientierung, bei der Familiengründung oder beim Wiedereinstieg in den Beruf.

Zentrale Empfehlungen der GutachterInnen

In dem von einer interdisziplinär zusammengesetzten Kommission aus ExpertInnen aus den Sozial-, Geschichts-, Wirtschafts- und den Rechtswissenschaften erstellten Bericht wurden erstmals Lebensverläufe von Frauen und Männern in den verschiedensten Bereichen miteinander verglichen. Darauf aufbauend arbeiteten sie Handlungsempfehlungen heraus, die helfen sollen, eine echte Gleichstellung der Geschlechter nicht nur auf dem Papier zu erreichen. Die wichtigsten Empfehlungen an die Bundesregierung sind hierbei:

  • der Abbau institutioneller Fehlanreize (wie beispielsweise das Ehegattensplitting)
  • die Beseitigung der Förderung von Minijobs
  • die Weiterentwicklung sozialversicherungspflichtiger Teilzeitarbeit im Rahmen eines Gesetzes zu Wahlarbeitszeiten
  • die Umsetzung der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern
  • die Einführung von Mindestlöhnen und die Aufwertung von Frauenberufen
  • eine verpflichtende Frauenquote für Aufsichtsräte und Führungspositionen
    sowie
  • der Ausbau von Kinderbetreuung und die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Erwerbstätige mit Pflegeaufgaben

    Die Bundesregierung teilt, wie sie sich im Bericht äußert, "nicht alle einzelnen Schlussfolgerungen", und will das Gutachten zunächst nutzen um den gleichstellungspolitischen Handlungsbedarf in allen Feldern zu "identifizieren".
    Darüber hinaus sieht sie sich eigener Aussage nach durch das Gutachten hier in ihren bisherigen Maßnahmen - Girls Day, Boys Day und die Initiative "Mehr Männer in Kitas" - bestätigt. Der Parlamentarische Staatssekretär des BMFSFJ, Hermann Kues, bezeichnete den fertiggestellten Bericht sogar als einen "Meilenstein" in der Geschichte der Bundesrepublik.

    Wütende Reaktionen aus der Frauenpolitik

    FrauenrechtlerInnen sind weniger euphorisch. Die frauenpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Monika Lazar, bemängelt, dass sich in der Stellungnahme der Regierung nichts zu Minijobs findet, nichts zu Entgeltgleichheit, geschweige denn zu einer Quote für Aufsichtsräte, nichts zum Mindestlohn, zum Ehegattensplitting, nichts zum Elterngeld oder dem Ausbau der Kinderbetreuung, so Lazar. "Selbst wenn die Bundesregierung nicht alle Schlussfolgerungen der Sachverständigen teilt, wäre eine Auseinandersetzung mit den Handlungsempfehlungen erforderlich gewesen".
    Auch die Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF), Elke Ferner, zeigte sich enttäuscht. Obwohl die Empfehlungen der Kommission sehr konkret gewesen seien, habe die Bundesregierung sich durchgehend um klare Aussagen zu deren Umsetzungen herumgedrückt. Dass eine Regierung nach mehr als anderthalb Jahren Amtszeit den gleichstellungpolitischen Handlungsbedarf erst noch identifizieren muss, nennt Ferner "ein Armutszeugnis".
    Auch die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen (BAG) versteht nicht, wo nach der sorgfältigen zweijährigen Arbeit der Kommission noch Identifizierungsbedarf besteht. Die euphemistischen Äußerungen der Regierung zum mageren bisher Erreichten nennt die BAG einen "Schlag ins Gesicht für Frauen und Männer".

    Die Bundesfrauenministerin Kristina Schröder war bei der Stellungnahme nicht zugegen: sie befindet sich derzeit im Mutterschutz.


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    Weitere Informationen finden Sie unter:

    BMFSFJ



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    Beitrag vom 25.06.2011

    Britta Meyer