ClickworkerInnen finden 1550 rechtsextreme Internetseiten und Web 2.0-Einträge - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Public Affairs



AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 29.09.2010


ClickworkerInnen finden 1550 rechtsextreme Internetseiten und Web 2.0-Einträge
AVIVA-Redaktion

Der Internetdienstleister clickworker.com hat seine MitarbeiterInnen beauftragt, das Netz nach rechtsextremen Seiten zu durchforsten. Die Ergebnisse der Suche zeigen: Im Netz existiert eine...




... enorm große Auswahl an Angeboten, die Menschenfeindlichkeit als eine Form des schicken Livestyles vermarkten.

Im Forum heißen sie "NSDAP88", hören online "Radio Heimattreu" und suchen bei "Widerstands-Partner" die Frau oder den Mann fürs Leben: Rechtsextreme sind vielfältig im Internet unterwegs, und die Größe und Schnelllebigkeit des Mediums machen es oft schwierig, den Überblick über rechtsextreme Aktivitäten zu behalten und ihnen entgegen zu treten.

Gezielte Suche nach rechter Netzpräsenz

Hier setzt eine Aktion der freien MitarbeiterInnen des Internetdienstleisters clickworker.com und netz-gegen-nazis.de an. Um gegen Rechtsextreme im Internet aktiv zu werden, forderte die Crowdsourcing-Firma ihre ClickworkerInnen vom November 2009 bis März 2010 auf, rechtsextreme Internetseiten aufzuspüren. Engagiert machten sich die ClickworkerInnen, die sonst für KundInnen Informationen aus dem Internet zusammentragen und bearbeiten, auf die Suche.

Es entstand eine Sammlung von über 1550 Webseiten, Einträgen in sozialen Netzwerken und Videos. Zur Auswertung wurden diese Seiten an die Redaktion von netz-gegen-nazis.de, dem Internetportal der Amadeu Antonio Stiftung und der ZEIT, übergeben. Diese arbeitete sich durch die Sammlung menschenverachtender Ideologie und analysierte, wie Rechtsextremismus im Internet erscheint. Hierbei zeigt sich: Neben – erwartbaren – Internetseiten rechtsextremer Organisationen oder geschichtsrevisionistischer "Aufklärungsseiten" finden sich zahlreiche Angebote, die Rechtsextremismus als Lebensstil und Jugendkultur verbreiten. Neben Liedern rechter Bands als Handy-Klingelton finden sich rechtsextreme Computerspiele "arischer Kämpfer" im Internet, hier kann mensch seine Google-Startseite mit Frakturschrift "verschönern" oder ins "NaziVZ" "einmarschieren". Gerade als "Humor" deklarierte Angebote bieten oft ein Einfallstor für übelste Ressentiments, die bis in die Mitte der Gesellschaft verbreitet und belacht werden. Die vollständige Analyse befindet sich bereits auf der Website von netz-gegen-nazis.de.

Zivilcourage im Netz

Die Aktion der ClickworkerInnen von clickworker.com ist beispielhaft für das, was sich die Redaktion von netz-gegen-nazis.de als Engagement gegen Rechtsextremismus im Internet wünscht: "Hier bekennen sich zivilgesellschaftliche AkteurInnen zu einem demokratischen Standard, den sie im Internet verteidigen wollen. Sie überlegen, wo ihre Stärken liegen – in der Manpower von zur Zeit über 60.000 ClickworkerInnen - und werden aktiv", sagt Simone Rafael, Chefredakteurin von netz-gegen-nazis.de.

Heike Altmeier, Vizepräsidentin des Marketings von clickworker.com, erläutert: "Gesellschaftliches Engagement sehen wir als junges und weltweit agierendes Unternehmen als selbstverständlich an. Wir unterstützen soziale Projekte, für die wir auf Grund unseres enormen Potenzials an ClickworkerInnen geradezu prädestiniert sind. Rassismus in jeglicher Form ist uns zuwider und auch in keiner Weise verständlich oder nachvollziehbar. Wir freuen uns, mit unseren weltweit ansässigen ClickworkerInnen einen kleinen Beitrag zur Bekämpfung der Veröffentlichung und Verbreitung solcher Inhalte geleistet zu haben. Auch in Zukunft werden wir das große Engagement der Amadeu Antonio Stiftung weiter unterstützen."

Die Daten der 1550 rechtsextremen Webseiten und Postings sind an die Staatsanwaltschaft übergeben worden. Erardo Rautenberg, Brandenburger Generalstaatsanwalt, lobte die Initiative der ClickworkerInnen: "Die von netz-gegen-nazis.de und clickworker.com vorgelegte Recherche belegt die Vielfalt rechtsextremistischer Aktivitäten und Erscheinungsformen im World Wide Web, zeigt deren Gefahren auf und leistet einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung antidemokratischer und menschenverachtender Ideologien, die sich zunehmend über das Internet verbreiten und vor allem Jugendliche und Heranwachsende zu indoktrinieren suchen. Mut macht das Engagement derjenigen, die sich im Netz aktiv gegen solche neonazistischen Tendenzen stellen." Die Daten werden nun von Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Computer- und Datennetzkriminalität in Cottbus geprüft.

netz-gegen-nazis.de hat die gemeinsame Einrichtung der Bundesländer für den Jugendschutz im Internet, jugendschutz.net, gebeten, für die jugendgefährdenden Seiten Kontakte zu den entsprechenden Providern oder SeitenbetreiberInnen aufzunehmen, und zu fragen, ob sie solchen Inhalten wirklich Platz geben möchten. jugendschutz.net sichtet seit zehn Jahren rechtsextreme Webaktivitäten und geht erfolgreich gegen unzulässige Angebote im In- und Ausland vor. Auf dem Informationsportal hass-im-netz.info von jugendschutz.net können rechtsextreme Internetseiten auch direkt gemeldet werden.

clickworker.com und netz-gegen-nazis.de wollen die Aktion im kommenden Jahr wiederholen.

Weitere Informationen finden Sie unter:

Von "Widerstands-Partner" bis zu antisemitischer Satire - Rechtsextremer Lifestyle im Internet: www.netz-gegen-nazis.de

Informationsportal und Beschwerdestelle: www.hass-im-netz.info

Die Initiative für mehr Sicherheit im Netz: www.klicksafe.de

Clickworker: www.clickworker.com

Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:

Netz gegen Nazis (2008)

361 Grad Respekt 2010 (2010)

Nazi-Symbole in der deutschen Konsumwelt angelangt (2009)

Neue Liste von Todesopfern rechtsextremer und rassistischer Gewalt im März 2010 veröffentlicht (2010)

Zentralrat der Juden bereitet Klage gegen Google und YouTube vor (2008)

Mit Antisemitismus und Antiamerikanismus in die Charts (2007)

Wissenschaftler stellen Berliner Programm gegen Rechtsextremismus gute Noten aus - Fremdenfeindliche Gewalt trotzdem an der Tagesordnung (2010)


Public Affairs

Beitrag vom 29.09.2010

AVIVA-Redaktion